News 08/2024



Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 08-2024:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und WEG

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

Allgemeines Gleichstellungsgesetz: Keine Benachteiligung, wenn „fachliche Eignung“ des schwerbehinderten Menschen fehlt

| Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW hat entschieden: Eine Entschädigung wegen Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) scheidet aus, wenn der Bewerber eine klassische kaufmännische Ausbildung hat, die nicht mit der Laufbahn des mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienstes (Bundeswehrverwaltung) vergleichbar ist. Hat der Bewerber später nicht entsprechend seiner Qualifikation gearbeitet, sammelt er auch keine Zeiten „hauptberuflicher Tätigkeit“. |

Kläger erhielt keine Einladung zum Vorstellungsgespräch

Der Kläger bewarb sich auf die o. g. Stelle und wurde nicht eingeladen. Vor dem Verwaltungsgericht (VG) klagte er auf eine Entschädigung nach dem AGG (hier: § 15 Abs. 2 S. 1 AGG) und unterlag. Seinen Antrag auf Zulassung der Berufung wies das OVG zurück. Zu Recht habe das VG ausnahmsweise eine Einladung eines schwerbehinderten Menschen durch einen öffentlichen Arbeitgeber als entbehrlich angesehen. Denn die fachliche Eignung fehlte offensichtlich.

Wesentliche Unterschiede in der Ausbildung

Der Kläger hatte eine Ausbildung zum Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft absolviert. Deren Inhalte unterschieden sich wesentlich von denen, die im Vorbereitungsdienst für den mittleren nichttechnischen Verwaltungsdienst in der Bundeswehrverwaltung vermittelt würden und allein zur Laufbahnbefähigung für den mittleren Dienst führen könnten. Das VG verglich insoweit die Ausbildung des Klägers mit den Anforderungen des fachspezifischen Vorbereitungsdienstes. Er konnte auch nicht nachweisen, dass seine späteren hauptberuflichen Tätigkeiten seiner Qualifikation entsprachen bzw. anzuerkennen seien. Hier wäre ein Zeitraum von mindestens einem Jahr und sechs Monaten notwendig gewesen. Er hatte auf verschiedenen Stellen überwiegend einfache Büro- und Verwaltungsarbeiten ausgeführt, die häufig nicht einmal eine kaufmännische Ausbildung voraussetzten.

Quelle | OVG NRW, Urteil vom 8.5.2023, 1 A 3340/20, Abruf-Nr. 240427 unter www.iww.de

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Sonnenschaden: Polizist: Hautkrebs-Erkrankung keine Berufskrankheit

| Ein ehemaliger Polizist hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Hautkrebserkrankung als Berufskrankheit infolge früher wahrgenommener Tätigkeiten u.a. im Streifendienst. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Aachen entschieden. |

Der Kläger begründete, er sei während seiner nahezu 46-jährigen Dienstzeit zu erheblichen Teilen im Außendienst eingesetzt gewesen, ohne dass sein Dienstherr ihm Mittel zum UV-Schutz zur Verfügung gestellt oder auch auf die Notwendigkeit entsprechender Maßnahmen hingewiesen habe. Infolgedessen leide er unter Hautkrebs am Kopf, im Gesicht und an den Unterarmen.

Das VG hat die Ablehnung der Anerkennung als Berufskrankheit bestätigt, denn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Dienstunfall lägen hier nicht vor. Erforderlich ist im Fall von Hautkrebs durch UV-Strahlung, dass der Betroffene bei der Ausübung seiner Tätigkeit der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt ist, d. h. das Erkrankungsrisiko aufgrund der dienstlichen Tätigkeit in entscheidendem Maß höher als das der Allgemeinbevölkerung ist. Davon kann bei Polizeibeamten im Außendienst nicht die Rede sein. Polizisten bewegen sich in unterschiedlichen örtlichen Begebenheiten und nicht nur bei strahlendem Sonnenschein im Freien.

Quelle | VG Aachen, Urteil vom 15.4.2024, 1 K 2399/23, PM vom 15.4.2024

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Vergütungsanspruch: Vergütung eines Betriebsrats darf nur unter engen Voraussetzungen gekürzt werden

| Das Landearbeitsgericht (LAG) Niedersachsen hat die Berufung der VW AG in einem Verfahren über den Vergütungsanspruch eines zu 100 % freigestellten Betriebsratsmitglieds zum größten Teil zurückgewiesen. |

Vergütung gekürzt und Differenz für vier Monate zurückgefordert

Die VW AG hatte sich veranlasst gesehen, die Vergütung des Klägers, eines Betriebsrats, von der Entgeltgruppe 20 auf die Entgeltgruppe 18 zu reduzieren. VW hat deshalb vom Kläger die Vergütungsdifferenz gut 500 Euro im Monat für die Monate Oktober 2022 bis Januar 2023 zurückgefordert.

Dem hat der Kläger unter Vorbehalt entsprochen. Außerdem bezahlt VW seitdem eine Vergütung nach Entgeltgruppe 18. Der Kläger verlangt von VW einerseits die von ihm gezahlte Vergütungsdifferenz zurück und begehrt zudem die Feststellung, dass VW weiterhin verpflichtet sei, ihm monatlich Vergütung nach Entgeltgruppe 20 zu zahlen. Damit war er in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht (ArbG) erfolgreich.

Berufung des Arbeitgebers erfolglos

Die dagegen von VW eingelegte Berufung ist überwiegend erfolglos geblieben. Die Berufungskammer hat den Vergütungsanspruch des Klägers als begründet angesehen. Der Kläger habe die Voraussetzungen für eine hypothetische Karriereentwicklung dargelegt und VW diese nicht ausreichend bestritten.

Es sei davon auszugehen, dass der Kläger ohne Ausübung des Betriebsratsamtes die Entgeltgruppe 20 erreicht hätte. Die Entscheidung des ArbG hat daher mit geringfügigen Änderungen in Bezug auf den Zeitpunkt des beruflichen Aufstiegs des Klägers und der Verzinsung des Klageanspruchs Bestand.

Quelle | LAG Niedersachsen, Urteil vom 8.2.2024, 6 Sa 559/23, PM vom 12.2.2024

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Gesetzliche Unfallversicherung: Vom versicherten Arbeitsweg zum unversicherten Abweg

| Die gesetzliche Unfallversicherung bietet Versicherungsschutz bei Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen. Zu den Arbeitsunfällen gehören auch Unfälle auf dem Weg von und zur Arbeit, die sogenannten Wegeunfälle. Auch ein Abweichen von dem direkten Arbeitsweg kann unter bestimmten Voraussetzungen gesetzlich unfallversichert sein. Dabei muss aber ein ausreichender Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bestehen bleiben. Eine solche Ausnahme kommt gesetzlich etwa für einen vom Arbeitsweg abweichenden Weg in Betracht, um ein Kind wegen der beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen. In einem solchen Zusammenhang hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg nun eine bemerkenswerte Entscheidung getroffen. |

Begleitung auf dem Schulweg

Die Klägerin hatte ihre Tochter im Grundschulalter zu einem Sammelpunkt auf dem Schulweg begleitet, an dem sich eine Gruppe von Mitschülern für den restlichen Weg traf. Dieser Sammelpunkt lag, von der Wohnung der Klägerin aus gesehen, in entgegengesetzter Richtung zu ihrer Arbeitsstätte. Auf dem Weg von dem Sammelpunkt zur ihrer Arbeit, aber noch vor Erreichen des Wegstücks von ihrer Wohnung zur Arbeit, wurde die Klägerin als sie trotz einer roten Fußgängerampel eine Straße überquerte von einem PKW erfasst. Sie erlitt unter anderem eine Gehirnerschütterung und verschiedene Knochenbrüche.

Nachdem die zuständige gesetzliche Unfallversicherung die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ablehnte, bekam die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Stuttgart zunächst recht. Sie hatte insbesondere geltend gemacht, dass die Begleitung ihrer Tochter aus Sicherheitsgründen erforderlich gewesen sei.

Landessozialgericht: Kein Arbeitsweg

Auf die Berufung des Unfallversicherungsträgers hat das LSG Baden-Württemberg die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Ein Arbeitsunfall setze, wie der zuständige Senat klargestellt hat, u.a. voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sei. Die Klägerin habe sich zwar im Unfallzeitpunkt objektiv auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstätte befunden. Dies sei aber nicht hinreichend, denn das Überqueren der Straße am Unfallort zum Unfallzeitpunkt sei nicht auf dem direkten Weg zum Ort der versicherten Tätigkeit erfolgt, sodass der erforderliche sachliche Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit fehle.

Entscheidend: nicht Umweg, sondern Abweg

Bewege sich der Versicherte wie vorliegend die Klägerin nicht auf einem direkten Weg in Richtung seines Ziels, sondern in entgegengesetzter Richtung von diesem fort, handele es sich eben nicht um einen bloßen Umweg, sondern um einen Abweg. Werde der direkte Weg mehr als geringfügig unterbrochen und ein solcher Abweg allein aus eigenwirtschaftlichen, also nicht betrieblichen Gründen ebenfalls wie vorliegend zurückgelegt, bestehe kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Klägerin habe auch bis zum Eintritt des Unfallereignisses die unmittelbare Wegstrecke zwischen ihrer Wohnung und der Arbeitsstätte noch nicht wieder erreicht. Der Wegeunfallversicherungsschutz sei damit zum Unfallzeitpunkt noch nicht erneut begründet worden.

Keine Ausnahme gegeben

Es liege auch kein ausnahmsweise versicherter Abweg vor. Die Klägerin habe ihre Tochter nicht wie für den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz insoweit erforderlich zum Sammelpunkt begleitet, um ihrer Beschäftigung nachzugehen, sondern allein und ausschließlich aus allgemeinen Sicherheitserwägungen zum Schutz der Tochter. Damit fehle vorliegend jeglicher sachlich-inhaltlich kausaler Zusammenhang zwischen der Beschäftigung der Klägerin und dem Begleiten der Tochter. Denn erfasst würden keine Fälle, in denen das Kind in fremde Obhut unabhängig davon verbracht werde, ob der Versicherte seine Beschäftigung alsbald aufnehmen wolle. Schließlich stelle auch die Begleitung der Tochter zu einem Sammelpunkt der Kinder-„Laufgruppe“, von wo aus die Grundschulkinder gemeinsam den Schulweg beschritten, schon kein „Anvertrauen in fremde Obhut“ im Sinne des Gesetzes dar.

Beachten Sie | Wenn ein Unfall wie in dem dargestellten Fall nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung erfasst ist, wird Versicherungsschutz typischerweise durch die gesetzliche oder private Krankenversicherung gewährleistet. Auch sind Schülerinnen und Schüler allgemein- und berufsbildender Schulen während des Schulbesuchs sowie auf dem Schulweg gesetzlich unfallversichert.

Quelle | LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.2.2022, L 10 U 3232/21, PM vom 19.3.2024

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Baurecht

Gebäudesanierung: Architekt haftet bei falscher Energieberatung

| Ein Architekt, der bei der Gebäudesanierung seine Kunden nicht nur in technischer Hinsicht berät, sondern auch Ratschläge zum Erhalt von Fördermitteln erteilt, muss für Schäden einstehen, wenn er die Fördervoraussetzungen fehlerhaft einschätzt. So hat es das Landgericht (LG) Frankenthal entschieden. |

Empfehlung des Architekten

Die Frau hatte sich zusammen mit ihrem mittlerweile verstorbenen Mann dazu entschlossen, ihr Mehrfamilienhaus energetisch sanieren zu lassen und wollte dafür möglichst auch Fördermittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erhalten. Sie ließ sich dahingehend von einem Architekten beraten, der auch Leistungen im Bereich der Energieberatung anbietet. Dieser empfahl, das Objekt in Wohnungseigentum umzuwandeln, da dies eine Voraussetzung für die Gewährung von KfW-Fördermitteln im Rahmen des Programms „Energieeffizient Sanieren“ sei.

Kfw verweigerte Fördermittel

Entsprechend der Beratung des Architekten stellte das Ehepaar den Antrag auf die Fördermittel, noch bevor die Umwandlung des Hauses in Wohnungseigentum vollzogen war. Nachdem die Sanierungsarbeiten durchgeführt und die Umwandlung in Wohnungseigentum abgeschlossen waren, rief das Ehepaar die Fördermittel ab. Die KfW verweigerte jedoch die Auszahlung, da nach den Förderbedingungen nur Eigentümer von bestehenden Eigentumswohnungen antragsberechtigt seien; eine Umwandlung in Wohnungseigentum erst nach Antragstellung genüge dagegen nicht. Die nun entgangenen Vorteile verlangten die Eigentümer von dem Architekten ersetzt.

Architekt erbrachte Rechtsdienstleistung

Das LG gab der Klage statt. Der Architekt habe nicht nur auf technischer Ebene zugearbeitet, sondern mit seiner beratenden Tätigkeit zu den Fördervoraussetzungen der geplanten Sanierungsmaßnahme eine sogenannte Rechtsdienstleistung erbracht. Da die Information über die Voraussetzungen für die KfW-Förderung der geplanten Maßnahme unzureichend gewesen sei, habe er seine Schutzpflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt. Hätten die Eheleute den Antrag erst nach der Umwandlung in Wohnungseigentum gestellt, hätten sie die Fördermittel erhalten. Den daraus entstandenen Schaden muss der Architekt nun erstatten.

Das LG: Der Architekt kann sich im Nachhinein nicht darauf berufen, er arbeite im Rahmen der Energieberatung nur auf technischer Ebene.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle | LG Frankenthal, Urteil vom 25.1.2024, 7 O 13/23, PM vom 28.3.2024

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HOAI: Keine Honorarkürzung, wenn nicht alle Grundleistungen erbracht wurden

| Allein mit der Rüge, es seien nicht alle in § 34 HOAI aufgeführten Grundleistungen erbracht worden, kann der Auftraggeber das Architektenhonorar nicht wirksam mindern. Die Bezeichnung „im Allgemeinen erforderlich“ in § 3 Abs. 3 HOAI soll nämlich klarstellen, dass nicht alle in den Leistungsbildern aufgeführten Leistungen bei jedem Objekt notwendig sind, um die Vertragsziele zu erreichen. So sieht es das Oberlandesgericht (OLG) Celle. |

Maßgeblich sind die vertraglichen Vereinbarungen

Maßgeblich sind nach dem OLG nicht die in der HOAI genannten Leistungsbilder, sondern die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Was ein Planer vertraglich schuldet, ergibt sich aus dem Vertrag, in der Regel also aus dem Recht des Werkvertrags. Der Inhalt dieses Vertrags ist nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Vertragsrechts zu ermitteln.

Die HOAI enthält keine normativen Leitbilder für den Inhalt von Architekten- und Ingenieurverträgen. Die in der HOAI geregelten „Leistungsbilder“ sind Gebührentatbestände für die Berechnung des Honorars der Höhe nach.

Daraus folgt, dass es sich bei den Vorgaben des § 34 Abs. 3 und Anlage 10.1 HOAI nicht um eine abschließende Darstellung, sondern um eine Auslegungshilfe handelt.

Es müssen nicht stets alle Grundleistungen erbracht werden

Die in Anlage 10.1 aufgeführten Grundleistungen sind nicht alle zwingend für einen vollständigen Honoraranspruch zu erbringen, wenn dies für den vereinbarten Leistungsumfang nicht erforderlich ist. Dies ergibt sich auch aus § 3 Abs. 2 S. 1 HOAI, wonach die in den Leistungsbildern erfassten Grundleistungen im Allgemeinen zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Auftrags erforderlich sind.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass nicht immer alle in der jeweiligen Leistungsphase aufgeführten Grundleistungen zur Lösung der jeweiligen konkreten Planungsaufgabe zwingend erbracht werden müssen. Sind bestimmte Grundleistungen nicht zur Lösung der konkreten Planungsaufgabe erforderlich, führt es nicht zu einer Honorarkürzung, wenn diese nicht erforderlichen Leistungen nicht erbracht wurden.

Quelle | OLG Celle, Urteil vom 7.2.2024, 14 U 12/23, Abruf-Nr. 239807 unter www.iww.de

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Nachtragsforderung: Riskant: Rechtsberatung durch Architekten

| In letzter Zeit häufen sich die Entscheidungen dazu, dass es nicht zu den Aufgaben des Architekten gehört, Rechtsfragen zu bearbeiten. Jetzt hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt eine neue Variante hinzugefügt und sich klar positioniert. |

Das OLG: Ob eine Nachtragsforderung des bauausführenden Unternehmers berechtigt ist, liegt außerhalb der Fragestellungen, für deren Richtigkeit der Architekt mit seiner Rechnungsprüfung im Verhältnis zum Auftraggeber einzustehen hat.

Quelle | OLG Frankfurt, Beschluss vom 2.3.2023, 21 U 69/21, Abruf-Nr. 240052 unter www.iww.de

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Familien- und Erbrecht

Allgemeine Geschäftsbedingungen: Kindertagesstätte kann das Recht der Eltern, ordentlich zu kündigen, nicht beschneiden

| Eine private Kindertagesstätte (Kita) kann das Recht zur ordentlichen Kündigung für die Erziehungsberechtigten bis zum Beginn der Vertragslaufzeit nicht ausschließen. So hat es das Landgericht (LG) LG München entschieden. |

Ordentliche Kündigung bis Vertragsbeginn ausgeschlossen

Die Eltern schlossen mit der Kita zwei Betreuungsverträge über die Aufnahme ihrer beiden Kinder in der Tagesstätte zum 1.1.22. Nach Nr. 8 des Betreuungsvertrags war die ordentliche Kündigungsfrist bis Vertragsbeginn ausgeschlossen und betrug danach drei Monate zum Monatsende.

Eltern kündigten gleichwohl

Im März 2021 erklärten die Eltern die Kündigung sowie den Rücktritt von beiden Verträgen. Grund dafür war nach ihrer Darstellung Folgendes: Nach Abschluss der Betreuungsverträge hätten sie erfahren, dass sich die Mutter des Vaters einer schwierigen Operation unterziehen müsse. Um die Mutter nicht zu gefährden und einem erhöhten Infektionsrisiko auszusetzen, könnten sie ihre Kinder nicht in die Obhut der Kindertagesstätte geben. Die Betreiber der Kita bestätigten den Erhalt der Kündigung, wiesen diese jedoch insoweit zurück, als eine Kündigung nach den Vertragsbedingungen erst zum 30.4.22 möglich sei. Die Aufnahmegebühr sowie das Betreuungsgeld seien vorher zu entrichten unabhängig davon, ob die Kinder die Kita auch besuchen. Dies sei dem Umstand der Planungssicherheit für die Kita geschuldet.

Die Betreiber der Kita haben die Kinder nicht betreut. Dennoch zogen sie Beträge von den Eltern ein. Diese begehren, die eingezogenen Beträge zurückzuzahlen.

Kündigung wirksam

Das LG: Die Eltern haben die Betreuungsverträge für beide Kinder wirksam gekündigt. Der Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung bis zum Beginn der Vertragslaufzeit ist unwirksam. Die streitgegenständliche Regelung ist mit dem Benachteiligungsverbot im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nicht vereinbar. Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung gilt nur einseitig für die Eltern, obwohl die Eltern ein ebenso hohes, wenn nicht sogar höheres Planungsbedürfnis aufweisen als Kitas. Dieser einseitige Ausschluss benachteiligt die Eltern unangemessen zumal die vertragliche Regelung den Eltern eine zeitlich äußerst lange Vertragsbindung abverlangt, ohne eine gleich gelagerte Betreuungssicherheit einzuräumen.

Im Rahmen der Gesamtabwägung ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts dem Wortlaut nach selbst greift, wenn es der Kindertagesstätte gelänge, die frei gewordenen Plätze erfolgreich an andere Kinder zu vergeben dadurch erhielte die Kita de facto über einen Zeitraum von vier Monaten für den Platz eine doppelte Bezahlung.

Quelle | LG München, Urteil vom 31.10.2023, 2 O 10468/22, Abruf-Nr. 238240 unter www.iww.de

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Grundrente: Anrechnung des Ehegatteneinkommens verfassungsgemäß

| Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund bewilligte der Klägerin eine Altersrente. Einen Grundrentenzuschlag nach dem Sozialgesetzbuch VI (hier: § 76g SGB VI) für langjährige Versicherung berücksichtigte sie nicht, weil das anzurechnende Einkommen des Ehemannes höher als der Zuschlag war. Zu Recht, wie das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen nun bestätigte. |

Klägerin rügte Grundrechtsverstoß

Die Klägerin rügte, dass die Einkommensanrechnung gemäß § 97a Abs. 1 SGB VI gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes verstoße. Verheiratete und unverheiratete Menschen würden ungleich behandelt und durch den Familienstand „verheiratet“ benachteiligt, weil das Gesetz eine Einkommensanrechnung bei unverheirateten Personen nicht vorsehe. Das SG wies die Klage durch Gerichtsbescheid ab.

Landessozialgericht: kein Grundrechtsverstoß

Die dagegen gerichtete Berufung hat das LSG nun zurückgewiesen. Die von der Beklagten angewandte gesetzliche Regelung sei nicht verfassungswidrig. Der Nachteil der Einkommensanrechnung werde bei Gesamtbetrachtung aller an die Ehe bzw. eingetragenen Lebenspartnerschaft anknüpfenden Regelungen sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung als auch in anderen Regelungsbereichen im Ergebnis ausgeglichen.

Einkommen oberhalb des Grundsicherungsbedarfs

Dabei sei zudem zu berücksichtigen, dass das Ziel der Grundrente nach dem Willen des Gesetzgebers neben der Anerkennung der Lebensarbeitsleistung eine bessere finanzielle Versorgung von langjährig Versicherten sei. Dieses Ziel werde erreicht. Dem Grundrentenberechtigten verbleibe bei Einbeziehung des Einkommens des Ehegatten ein Einkommen oberhalb des Grundsicherungsbedarfs. Er stehe besser da als jemand, der wenig oder gar nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung verpflichtend versichert gearbeitet habe und entsprechend wenig oder gar nicht in diese eingezahlt habe.

Das gelte zwar auch für jemanden, der in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit jemandem zusammenlebe, der entsprechende Einkünfte habe. Allerdings seien Ehepartner aufgrund der unterhaltsrechtlichen wechselseitigen Verpflichtung wirksamer als in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft versorgt.

Quelle | LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30.1.2024, L 18 R 707/22, PM vom 15.3.2024

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Scheidungsrecht: Außereheliche Beziehung mit Folgen nicht immer Härtefall

| Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat entschieden: Eine Ehefrau, die aufgrund einer außerehelichen Beziehung ein Kind erwartet, kann sich nicht wegen unzumutbarer Härte vor Ablauf des sogenannten Trennungsjahrs scheiden lassen kann. |

Abwarten auf Ablauf des Trennungsjahrs unzumutbar?

Die Eheleute leben seit August 2023 getrennt. Die Ehefrau ist bereits wieder in einer anderen Beziehung und erwartete aus dieser im Juni 2024 ein Kind. Deshalb wollte sich die Ehefrau noch vor Ablauf des sogenannten Trennungsjahrs scheiden lassen und beantragte hierfür die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Sie beruft sich unter anderem darauf, dass das Abwarten des sogenannten Trennungsjahrs für ihren Ehemann eine unzumutbare Härte darstelle.

Das Amtsgericht (AG) hat den Verfahrenskostenhilfeantrag für die Härtefallscheidung zurückgewiesen. Hiergegen ging die Ehefrau mit ihrer Beschwerde vor.

Härtegründe müssen in der Person des anderen Partners vorliegen

Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Härtefallscheidung nicht vorliegen würden. Eine Ehe könne vor Ablauf des ersten Trennungsjahrs nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für einen Ehepartner aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstelle. Der von der Ehefrau gestellte Scheidungsantrag vor Ablauf des Trennungsjahrs habe keine Aussicht auf Erfolg. Bei ihrer Schwangerschaft handele es sich nicht um einen Umstand, der in der Person des Ehemanns begründet sei. Umstände, die ausschließlich oder wenigstens vornehmlich in der Person des die Scheidung beantragenden Ehegatten ihre Ursache haben, seien insoweit für den von ihm gestellten Scheidungsantrag nach dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes von vornherein irrelevant.

Quelle | OLG Zweibrücken, Beschluss vom 7.2.2024, 2 WF 26/24, PM vom 8.4.2024

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Erbstreit: Das ungewöhnliche Testament

| Dass ein Testament nicht zwingend auf einem weißen Blatt Papier entstehen muss, zeigt ein Fall des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg. Es ging letztlich darum, ob jemand Erbe geworden war oder nicht. |

Gastwirt verstarb Testament auf „Kneipenblock“

Verstorben war ein Gastwirt aus dem Landkreis Ammerland. Seine Partnerin sah sich als Erbin und beantragte, einen Erbschein zu erteilen. Als Testament legte sie dem Gericht einen Kneipenblock vor, den sie im Gastraum hinter der Theke aufgefunden habe. Dort war unter Angabe des Datums und einer Unterschrift auch der Spitzname einer Person („X“) vermerkt. Auf dem Zettel hieß es lediglich „X bekommt alles“.

Amtsgericht: Testierwille fehlte

Das Amtsgericht (AG) sah die Partnerin nicht als Erbin an. Es war der Auffassung, dass nicht sicher feststellbar sei, dass mit dem Kneipenblock ein Testament errichtet werden sollte. Daher fehle der für ein Testament erforderliche Testierwille.

Oberlandesgericht: Testament wirksam

Der auf das Erbrecht spezialisierte Senat des OLG gelangte zu einer anderen Bewertung. Der handschriftliche Text auf dem Zettel sei ein wirksames Testament.

Das OLG war aufgrund der Einzelheiten des Verfahrens überzeugt, dass der Erblasser das Schriftstück selbst verfasst hatte und dass er mit dem genannten Spitznamen allein seine Partnerin gemeint habe. Auch, dass der Erblasser mit der handschriftlichen Notiz seinen Nachlass verbindlich regeln wollte, stand für den Senat aufgrund von Zeugenangaben fest.

Dass sich die Notiz auf einer ungewöhnlichen Unterlage befinde, nicht als Testament bezeichnet und zudem hinter der Theke gelagert war, stehe der Einordnung als Testament nicht entgegen. Zum einen sei es eine Eigenart des Erblassers gewesen, für ihn wichtige Dokumente hinter dem Tresen zu lagern. Zum anderen reiche es für die Annahme eines Testaments aus, dass der Testierwille des Erblassers eindeutig zu ermitteln sei und die vom ihm erstellte Notiz seine Unterschrift trage. Das OLG stellte die Partnerin daher als rechtmäßige Erbin fest.

Quelle | OLG Oldenburg, Beschluss vom 20.12.2023, 3 W 96/23, PM 10/24

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Mietrecht und WEG

Betriebskostenabrechnung: Belege sind geordnet vorzulegen

| Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter auf dessen Verlangen Einsicht in die Abrechnungsbelege zu gewähren und diese in einer geordneten Form vorzulegen. Es ist nicht Aufgabe des Mieters, die Belege selbstständig zu ordnen. So entschied es das Amtsgericht (AG) Münster. |

Die Wohnungsmieter hatten Einsicht in die Belege zu den Betriebskostenabrechnungen von 2018 bis 2020 verlangt. Die Vermieterin legte die Unterlagen ungeordnet, weder thematisch noch chronologisch stringent sortiert, vor. Daher weigerten sich die Mieter, die Nachforderungen aus den Abrechnungen auszugleichen.

Die Zahlungsklage der Vermieterin hatte keinen Erfolg. Sie habe keinen Anspruch auf die Nachzahlungen, da den Mietern ein Zurückbehaltungsrecht zustehe. Die Vermieterin habe keine umfassende Belegeinsicht gewährt.

Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (hier: § 259 Abs. 1 BGB) bedürfe es einer geordneten Zusammenstellung der Abrechnungsbelege, so das AG. Das umfasse eine zweckmäßige und übersichtliche Aufgliederung in Abrechnungsposten.

Dabei sei auf einen juristisch und betriebswirtschaftlich ungeschulten Mieter abzustellen. Anderenfalls könne der Mieter sein Prüfungsrecht nicht sinnvoll ausüben. Der Mieter sei nicht verpflichtet, die Belege selbstständig zu ordnen oder Zusammenhänge in den Rechnungen fortlaufender Verträge zu erkennen.

Quelle | AG Münster, Urteil vom 25.10.2023, 38 C 1947/22

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Räumungsklage: Keine erleichterte Kündigung bei nur wochenweiser Wohnungsnutzung

| Das Landgericht (LG) Hanau hat entschieden, dass ein Vermieter in einem Gebäude mit nur zwei Wohnungen dem Mieter der zweiten Wohnung nicht ohne besonderen Grund kündigen kann, wenn er selbst die andere Wohnung nur wochenweise im Jahr nutzt. |

Vermieterin wohnte überwiegend im Ausland

Zwischen der hauptsächlich im Ausland lebenden Vermieterin und den Mietern besteht ein Mietvertrag über eine Wohnung in einem Haus mit nur zwei Wohneinheiten. Sie selbst nutzt die andere Wohnung nur wochenweise im Jahr. Die Vermieterin hat die Kündigung nach § 573a BGB ausgesprochen. Nach dieser Vorschrift kann der Vermieter ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom ihm selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen jederzeit ohne Grund beenden. Die Mieter halten die Kündigung für unwirksam, weil die Vermieterin die andere Wohnung nicht im Sinne der Vorschrift bewohne. Das Amtsgericht (AG) ist dieser Auffassung gefolgt und hat die Räumungsklage abgewiesen.

Lebensmittelpunkt erforderlich

Das LG hat die Berufung der Vermieterin zurückgewiesen. Für die erleichterte Kündigung nach § 573a BGB reiche es nicht aus, dass der Vermieter die zweite Wohnung in dem Haus lediglich zusätzlich nutze, selbst, wenn das vereinzelt, wie für das Jahr 2021 behauptet, insgesamt 40 Wochen seien. Er müsse vielmehr seinen Lebensmittelpunkt in der Wohnung haben. Eine enge Auslegung der Vorschrift sei insbesondere deshalb geboten, weil diese es ermögliche, den Mietvertrag mit dem ansonsten von dem Gesetz erheblich geschützten Wohnraummieter zu beenden, ohne dass der Mieter eine Pflichtverletzung begangen oder der Vermieter sonst ein besonderes Interesse hieran habe.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle | LG Hanau, Urteil vom 15.11.2023, 2 S 107/22, PM vom 8.2.2024

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WEG: Verwalter muss Bauarbeiten wie ein Bauherr überwachen

| Hat eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern mit einem Unternehmer einen Vertrag zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums geschlossen, muss der Verwalter Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr überwachen. So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. |

Das war geschehen

Eine Eigentümergemeinschaft hatte beschlossen, das Dach zu erneuern und beauftragte ein Dachdeckerunternehmen. Der Auftrag hatte ein Volumen von 116.000 Euro. Für noch zu beschaffendes Material stellte der Dachdecker Abschlagsrechnungen über 61.000 Euro, auf die der Verwalter insgesamt 70.000 Euro zahlte. Nach Beginn der Arbeiten zahlte der Verwalter ohne Vorlage von Rechnungen gestückelt weitere 34.500 Euro. Bei einem Baufortschritt von ca. 85 Prozent stellte der Dachdecker die Arbeiten ein. Die Eigentümergemeinschaft verklagte den Verwalter auf Schadenersatz in Höhe der geleisteten Zahlung.

Während das Landgericht (LG) Dortmund in der Vorinstanz eine Pflichtverletzung des Verwalters noch verneint hatte, entschied der BGH: Bei der Bewirkung von Zahlungen ist ein Verwalter verpflichtet, wie ein Bauherr im Interesse der Wohnungseigentümer sorgfältig zu prüfen, ob bestimmte Leistungen erbracht und Abschlags- oder Schlusszahlungen gerechtfertigt sind.

Das hob der Bundesgerichtshof hervor

Der BGH hob hervor: Ein Verwalter muss Abschlagsrechnungen daraufhin durchsehen, ob sie zum Auftrag und dem Leistungsstand passen. Eine Abschlagszahlung für Stoffe oder Bauteile, die angeliefert oder eigens angefertigt und bereitgestellt sind, erfordert abgesehen davon, dass die Stoffe oder Bauteile den vertraglichen Vorgaben entsprechen müssen , dass der Eigentümergemeinschaft nach ihrer Wahl Eigentum an den Stoffen oder Bauteilen übertragen oder entsprechende Sicherheit hierfür geleistet wird.

Der BGH erklärt: Selbst, wenn sich herausstellen sollte, dass der Verwalter seinen Pflichten genügt hat, wäre relevant, ob sich ein Verwalter, der nicht selbst über die erforderlichen Kenntnisse für die Prüfung der Werkleistungen verfügt, überhaupt auf eine allein auf mangelnder Fachkunde beruhende fehlende Erkennbarkeit von Mängeln der Werkleistung berufen kann. Das kann zu verneinen sein, wenn es ein Verwalter bei einer mit erheblichem Kostenrisiko verbundenen umfangreichen baulichen Maßnahme unterlassen hat, die Wohnungseigentümer auf seine fehlende Fachkompetenz hinzuweisen und eine Beschlussfassung über eine überwachende Tätigkeit durch Sonderfachleute vorzubereiten. Es wird nämlich im Wege des Anscheinsbeweises vermutet, dass die Eigentümergemeinschaft einen solchen Beschluss gefasst hätte.

Quelle | BGH, Urteil vom 26.1.2024, V ZR 162/22, Abruf-Nr. 240041 unter www.iww.de

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Verbraucherrecht

Private Krankenversicherung: Kostenübernahme für Medizinal-Cannabis bei Glasknochenkrankheit

| Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat entschieden: Der Versicherer muss die Kosten für die Versorgung mit Medizinal-Cannabis nicht tragen, wenn der Versicherungsnehmer an der Glasknochenkrankheit leidet. |

Konventionelle Behandlungsmethoden ausgeschöpft?

Der Versicherungsnehmer meinte, dass konventionelle Behandlungsmethoden ausgeschöpft seien. Es liege zumindest eine schwere Erkrankung mit wesentlichen Funktionseinschränkungen vor. Daher müsse der Versicherer die medizinisch notwendige Heilbehandlung durch Medizinal-Cannabis übernehmen.

Der Versicherer entgegnete: Bei akut auftretenden Schüben sei Cannabis wegen seiner „Behandlungsträgheit“ nicht geeignet. Das Landgericht (LG) war dem gefolgt und hatte in erster Instanz die Klage des Versicherungsnehmers abgewiesen.

Oberlandesgericht sieht es wie der Versicherer

Das OLG hat dies bestätigt. Der Versicherungsnehmer habe nach dem Versicherungsvertrag einen Leistungsanspruch, wenn es sich bei der Behandlung seiner Beschwerden um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung handelt, die entweder von der Schulmedizin überwiegend anerkannt ist oder es sich um eine Methode oder ein Arzneimittel handelt, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen. Diese Voraussetzungen lägen hier aber nicht vor.

Zwar leide der Versicherungsnehmer unter einem schweren, multilokulären generalisierten Schmerzsyndrom bei Glasknochenkrankheit und bei entsprechender Symptomatik komme die Erstattung von Medizinal-Cannabis grundsätzlich in Betracht. Wesentliche gelenkarthrotische Veränderungen seien jedoch ausweislich des eingeholten Sachverständigengutachtens nicht feststellbar. Weitere Befunde, die den Vortrag zu seinen körperlichen Beschwerden insbesondere der behaupteten Vielzahl von Brüchen stützen könnten, habe der darlegungs- und beweisbelastete Versicherungsnehmer ebenfalls nicht vorgelegt.

Die Behandlung der beim Versicherungsnehmer feststellbaren Symptomatik mit Medizinal-Cannabis sei nach heutiger medizinischer Einschätzung und aktuellem Wissensstand nicht als von der Schulmedizin allgemein anerkannte Methode anzusehen. Auch sei sie keine Methode, die sich in der Praxis als ebenso Erfolg versprechend bewährt habe wie die Methoden und Arzneimittel der Schulmedizin. Der gerichtlich bestellte Sachverständige habe ausgeführt, mangels ausreichender Datenlage könne nicht festgestellt werden, dass die Therapie mit Medizinal-Cannabis eine entsprechende Linderung der im Zusammenhang mit der Glasknochenkrankheit stehenden Schmerzsymptomatik verspreche. Schließlich seien schulmedizinisch sowohl nichtmedikamentöse als auch verschiedene medikamentöse Behandlungen verfügbar. Der Versicherungsnehmer habe nicht nachgewiesen, dass diese Behandlungsmethoden bei ihm nicht wirksam seien oder gravierende Nebenwirkungen verursachten.

Quelle | OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2023, I-13 U 222/22, Abruf-Nr. 239056 unter www.iww.de

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Schadenersatzforderung: Tee ist heiß – das muss man wissen

| Das Landgericht (LG) Oldenburg hat den von einer Frau geltend gemachten Anspruch auf Schadenersatz zurückgewiesen. Sie hatte sich an einem Becher Tee verbrüht. |

Warnhinweis auf dem Pappbecher

Die Frau hatte in einem Restaurant einen Tee in einem Einwegbecher gekauft. Auf dem Becher war der Warnhinweis angebracht: „VORSICHT HEIS“. Außerdem enthielt er ein Piktogramm mit einer Tasse mit Dampfschwaden. Der Becher war der Frau mit einem von Hand zu öffnenden Deckel übergeben worden. Er wurde ihr in einer Pappschale ausgehändigt. Wenige Minuten nach dem Kauf hob die Frau den Becher am Deckel aus der Schale. Da passierte es: Der Deckel löste sich. Der Tee ergoss sich auf ihre Oberschenkel. Die Frau erlitt Verbrennungen 1. und 2. Grades. Sie musste sich später einer teuren Behandlung unterziehen.

So sah es die Frau

Die Frau argumentierte vor dem LG, der Tee sei zu heiß gewesen. Folglich seien von ihm unnötige Gesundheitsgefahren ausgegangen. Zudem sei der Deckel nicht fest verschlossen gewesen. Mit diesen beiden Umständen habe sie nicht rechnen müssen.

So sah es das Landgericht

Das LG lehnte den geltend gemachten Schadenersatzanspruch ab. Es hob hervor: Dass frisch zubereiteter Tee heiß sei (zwischen 90 und 100 Grad), sei allgemein bekannt. Er müsse daher nicht in verzehrfertiger Temperatur übergeben werden. Die Frau sei zudem durch die o. g. Hinweise auf dem Becher ausdrücklich gewarnt worden. Vor einem eventuell losen Deckel habe die Restaurantbesitzerin ebenfalls nicht warnen müssen.

Quelle | LG Oldenburg, Urteil vom 15.3.2024, 16 O 2015/23

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Verbraucherzentrale: Pflicht zur Kündigungsbestätigung per Telefon ist unzulässig

| Ist ein durch eine Verbraucherzentrale geltend gemachter Unterlassungsanspruch begründet, wenn eine Firma die online erklärte Kündigung eines Kunden von einem Bestätigungstelefonat abhängig macht? Diese Frage hat das Landgericht (LG) Koblenz bejaht. |

Zusätzliches Telefonat nötig, damit Online-Kündigung wirksam wird?

Die Beklagte bietet, auch gegenüber Verbrauchern, den Abschluss von Dienstleistungsverträgen über Dauerschuldverhältnisse unter anderem zur Bereitstellung von Webspeicherplatz, E-Mail-Postfächern und Servern an.

Der Kläger, ein eingetragener Verein (Verbraucherzentrale), begehrt von der Beklagten, es zu unterlassen, dass sie auf eine online erklärte Kündigung gegenüber Verbrauchern behauptet, dass zur Wirksamkeit der Kündigung noch ein Telefonat erforderlich sei. Konkret hat ein Kunde seinen Vertrag bei der Beklagten per Internet gekündigt. Der Kunde hat daraufhin von der Beklagten die Mitteilung erhalten, er möge seine Kündigung binnen 14 Tagen telefonisch bestätigen, ansonsten bleibe das Vertragsverhältnis unverändert bestehen.

Verbraucherzentrale: Telefonat dient zum Umstimmen der Verbraucher

Der Kläger hat daraufhin die Beklagte abgemahnt und erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Er behauptet, im Fall eines Anrufs nach der Kündigung werde seitens der Beklagten mittels rhetorischer Kunstfertigkeit oder Anbieten anderer Vertragskonditionen versucht, den Verbraucher zu überzeugen, von seinem Kündigungswillen Abstand zu nehmen. Der Kläger ist zudem der Ansicht, die Mitteilung der Beklagten gegenüber Verbrauchern, dass nach einer Kündigung eine Rückbestätigung erfolgen müsse, stelle eine unlautere geschäftliche Handlung dar. Sie enthalte unwahre Angaben über Rechte des Verbrauchers.

Der Kläger beantragte u. a., der Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 Euro zu untersagen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern diesen nach einer der Beklagten zugegangenen Kündigungserklärung eines Dienstleistungsvertrags in Form eines Dauerschuldverhältnisses zu behaupten, die telefonische Bestätigung der erklärten Kündigung sei erforderlich. Die Beklagte meint, ohne telefonische Rückbestätigung der Kündigung bestünde das Risiko, dass unberechtigte Dritte den Vertrag eines Kunden kündigen könnten. Es sei für deshalb erforderlich, sich davon zu überzeugen, dass die Kündigung vom Erklärenden stammt. Dabei biete ein Telefonat ein Mehr an Sicherheit verglichen mit einem Bestätigungslink innerhalb einer E-Mail. Es finde keine Irreführung des Verbrauchers statt. Außerdem werde eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers nicht beeinflusst.

So sah es das Landgericht

Das LG hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch zu. Das Vorgehen der Beklagten, den Verbraucher aufzufordern, seine Kündigung innerhalb von 14 Tagen telefonisch zu bestätigen, stelle eine geschäftliche Handlung dar. Dazu gehörten auch Verhaltensweisen, die auf eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung oder das Verhindern einer Geschäftsbeendigung gerichtet sind. Diese geschäftliche Handlung der Beklagten sei unzulässig, da sie unlauter sei. Unlauter handele, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornehme, die geeignet sei, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Bestätigungslink in E-Mail genügt

Die Vorgehensweise der Beklagten sei auch irreführend. Dies sei gegeben, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Rechte des Verbrauchers enthalte. Erfasst seien auch irreführende Angaben über deren Inhalt, Umfang und Dauer sowie etwaige Voraussetzungen für die Geltendmachung bestimmter Rechte, zu denen auch das Kündigungsrecht zähle. Auch, wenn die Beklagte nach Auffassung des LG ein grundsätzliches Interesse an einer Authentifizierung haben könne, wäre eine solche vorrangig durch eine Bestätigung über den von dem Verbraucher gewählten Kommunikationskanal zu erreichen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb ein an den Verbraucher unter der von ihm hinterlegten E-Mail-Adresse gesendeter Bestätigungslink zur Identifizierung weniger geeignet wäre als ein Telefonat. Auch während eines Telefonats sei es der Beklagten nicht möglich, sich umfassende Gewissheit über die wahre Person ihres Gesprächspartners zu verschaffen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass es einem unbefugten Dritten, der sich Zugang zu der Kundennummer, der Vertragsnummer und dem E-Mail-Konto des wahren Vertragspartners verschafft hat, auch gelänge, in einem Telefonat über seine Identität zu täuschen.

Zusätzliche Entscheidung

Die Vorgehensweise der Beklagten sei auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Beklagte stelle den Verbraucher nach Zugang seiner Kündigung vor die Wahl, seine Kündigung nicht telefonisch zu bestätigen, und in der Folge das Vertragsverhältnis fortzusetzen, oder innerhalb von 14 Tagen telefonisch Kontakt zu der Beklagten aufzunehmen. Es werde dadurch eine zusätzliche Entscheidung des Verbrauchers verlangt, ob er an der Ausübung seines Kündigungsrechts festhalten will. Ohne die irreführende Aufforderung der Beklagten würde der Verbraucher weder die eine noch die andere Entscheidung treffen. Die erforderliche Wiederholungsgefahr ergebe sich daraus, dass die Beklagte eingeräumt habe, dass die beanstandete Vorgehensweise der Beklagten deren übliche Vorgehensweise sei.

Quelle | LG Koblenz, Urteil vom 27.2.2024, 11 O 12/23

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Hausratversicherung: Ersatzunterbringung auch im Wohnmobil möglich

| Kosten für eine einem Hotel ähnliche Unterbringung im Sinne der Versicherungsbedingungen für die Hausratversicherung können auch die Aufwendungen für das Mieten eines Wohnmobils sein. So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Köln. |

Haus unbewohnbar Wohnmobil als Ersatz gemietet

Das Haus eines Versicherungsnehmers war unbewohnbar geworden. Er mietete sich daher für 260 Euro pro Tag ein Wohnmobil und verlangte den Betrag später vom Versicherer zurück. Dieser wollte die Kosten jedoch nicht übernehmen.

Wohnmobil mit Hotel vergleichbar

Das OLG Köln verurteilte den Versicherer schließlich, rund 86.000 Euro an Mietkosten zu übernehmen. Auch die Kosten für das Mieten des Wohnmobils seien Kosten einer einem Hotel ähnlichen Unterbringung i. S. d. Versicherungsbedingungen.

Für Versicherungsnehmer ist Wohnmobil eine dem Hotel ähnliche Unterkunft

Die Auslegung ergebe, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer auch die stationäre Unterbringung in einem Mietwohnwagen oder Mietwohnmobil als eine einer Hotelunterbringung ähnliche Unterkunft ansehen werde. Denn ebenso, wie ein Hotel, eine Ferienwohnung, eine Pension oder Gaststätte mit „Fremdenzimmern“ zeichnet sich ein Wohnmobil bzw. ein Wohnwagen, der zeitweise vermietet wird, dadurch aus, dass wechselnde Gäste darin für eine befristete Zeit wohnen, sei es, zu Arbeitsaufenthalten (bspw. Saisonarbeiter, Arbeiter auf Montage) oder zu touristischen Zwecken. Allein der Aspekt der Mobilität des Wohnmobils im Unterschied zur Hotelunterkunft also der Umstand, dass ein Wohnwagen grundsätzlich mithilfe eines Pkw bzw. ein Wohnmobil aus eigener Motorkraft im Straßenverkehr zum Reisen benutzt und zu wechselnden Standorten bewegt werden kann steht der Vergleichbarkeit zu einer Hotelunterbringung aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers nicht entgegen.

Motorisierung spielt keine Rolle

Das OLG sieht zwar, dass ein Wohnmobil gerade durch die Motorisierung deutlich teurer ist als ein Wohnwagen. Darauf kommt es im Rahmen der Erstattung der Unterbringungskosten aber nicht an.

Der Versicherungsnehmer muss keine dem Wohnungsstandard entsprechende Unterkunft finden. Er ist in der Wahl der Unterkunft grundsätzlich frei und darf sich dabei von persönlichen Bedürfnissen und privaten Befindlichkeiten leiten lassen. Bis zur Höhe der vertraglich vereinbarten Grenzen besteht der zugesagte Versicherungsschutz. Danach sind Kosten für das Mieten eines Wohnmobils als Kosten einer ähnlichen Unterbringung, wie Hotelkosten, grundsätzlich im Sinne der Versicherungsbedingungen für die Hausratversicherung (nach Abschnitt A. § 8 Nr. 1 c VHB 2014) erstattungsfähig.

Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger das Wohnmobil nicht als Wohnraumersatz, sondern etwa zu Reisezwecken angemietet haben, hat der Versicherer nicht konkret vorgetragen. Sie ergaben sich für das OLG auch nicht aus dem Akteninhalt.

Quelle | OLG Köln, Urteil vom 5.12.2023, 9 U 46/23, Abruf-Nr. 240186 unter www.iww.de

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Verkehrsrecht

Schadenersatzanspruch: Auch für alte Kleinwagen gibt es eine Nutzungsausfallentschädigung

| Ist ein Fahrzeug mehr als fünf Jahre alt, stuft das Amtsgericht (AG) Aue-Bad Schlema die Nutzungsausfallentschädigung um eine und bei mehr als zehn Jahren um zwei Gruppen ab. |

So rechnete das Amtsgericht

Wenn ein ca. 15 Jahre alter Kleinwagen mit ca. 194.000 km Laufleistung, der ohne Altersabstufung in die Gruppe B gehört, betroffen ist, wird jedoch nur eine Gruppe abgestuft. Denn tiefer geht es nicht. So gab es im vom AG entschiedenen Fall einen Tagessatz von 23 Euro.

Der Versicherer hatte nur minimale Vorhaltekosten erstattet. Das lehnt das Gericht ab. Denn das komme nur in Betracht, wenn ein Fahrzeug nicht nur alt, sondern in einem so schlechten Zustand ist, dass seine Nutzbarkeit deutlich eingeschränkt ist.

Entgangene Fortbewegungsmöglichkeit

Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass sich hinter den Vorhaltekosten letztlich kaum mehr als die Fixkosten wie Steuern, Versicherung etc. verbergen, es sich hierbei also um einen weitaus geringeren Betrag handelt. Mit zunehmendem Fahrzeugalter spiele letztlich nur die entgangene Fortbewegungs- und Transportmöglichkeit eine Rolle. Allein aufgrund des Alters des Fahrzeugs könne daher nicht ohne Weiteres von einer weiteren Einschränkung des Nutzungswerts bis zum Betrag von Vorhaltekosten ausgegangen werden.

Quelle | AG Aue-Bad Schlema, Urteil vom 28.2.2024, 3 C 241/23, Abruf-Nr. 240245 unter www.iww.de

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Geschwindigkeitsmessung: Softwareveränderung beim standardisierten Messverfahren

| Oft sind Geschwindigkeitsmessungen angreifbar. In einem Fall des Kammergerichts (KG) Berlin ging es darum, welche Folgen eine Veränderung der Software des Messgeräts hatte. |

Das KG stellt fest: Wird bei der konkreten Messung mit dem Geschwindigkeitsmessverfahren Poliscan FM1 mit der Softwareversion 4.4.9. der Messbereich eine sog. Hilfsgröße nicht erfasst, wird das Messergebnis dadurch nicht unverwertbar. Gleiches gilt, wenn die Rohmessdaten nicht gespeichert werden. Wird die Gerätesoftware verändert, entfällt dadurch in der Regel nicht die Standardisierung. Der Betroffene hat weder einen einfachgesetzlichen noch einen verfassungsrechtlich verankerten Anspruch darauf, dass die Beweismittel hier: die Erfassung von Messgrößen im Messbereich generiert werden.

Auch die mit der aktualisierten Gerätesoftware gewonnenen Messdaten unterliegen keinem (ungeschriebenen) Beweisverwertungsverbot. Ein solches käme nur bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Rechtsverstößen in Betracht, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch unberücksichtigt geblieben sind.

Quelle | KG, Beschluss vom 8.12.2023, 3 ORbs 229/23, Abruf-Nr. 240271 unter www.iww.de

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Mittäterschaft: Straßenverkehrsgefährdung ist auch durch Mitfahrer möglich

| Ein sog. „verkehrsfeindlicher Inneneingriff“, der zur Annahme eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr führt, kann auch durch einen Mitfahrer eines Kraftfahrzeugs in Mittäterschaft begangen werden. So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. |

Nicht der Angeklagte, sondern sein Bruder war gefahren

Der Angeklagte war zusammen mit seinem Bruder, der den Pkw steuerte, zu einem mit einem Dritten vereinbarten Treffpunkt gefahren. Dort war der Bruder des Angeklagten auf diesen Dritten zugefahren. Der Angeklagte und sein Bruder hatten dabei in Kauf genommen, dass der Dritte tödliche Verletzten erleiden konnte. Dies entsprach dem Tatplan beider. Der Geschädigte konnte auf die Motorhaube des Pkw springen und sich abrollen; er blieb unverletzt und ergriff die Flucht.

Kein eigenhändiges Delikt

Die hier in Rede stehende Straßenverkehrsgefährdung gemäß Strafgesetzbuch (hier: § 315b Abs. 1 StGB) ist kein eigenhändiges Delikt, bei dem der Täter nur durch ein eigenes Handeln persönlich den Tatbestand erfüllen kann. Der BGH hat die Verurteilung auch des Angeklagten daher nicht beanstandet.

Das war der Tatbeitrag

Der Angeklagte hatte das Kraftfahrzeug zwar nicht eigenhändig geführt. Er hatte aber das Tatfahrzeug zur Verfügung gestellt, das Fahrziel vorgegeben und war während der Tatausführung im Fahrzeug anwesend. Er konnte zudem Einfluss auf die Handlungen seines Bruders nehmen und wies ein erhebliches Tatinteresse auf, nachdem er zuvor mit dem Geschädigten Beleidigungen und Bedrohungen ausgetauscht hatte.

Quelle | BGH, Beschluss vom 16.8.2023, 4 StR 227/23

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Bußgeld: Wichtig: Selbstbeherrschung (nicht nur) im Straßenverkehr

| Ein Abschleppunternehmer schlug aus Wut auf die Motorhaube eines Polizeifahrzeugs. Sein Jähzorn machte alles noch schlimmer, wie ein Fall des Amtsgerichts (AG) Ellwangen zeigte. |

Das war geschehen

Der Inhaber eines Pannendienstes hatte sein Telefon in der Hand, während er privat mit seinem Pkw fuhr. Zwei Streifenbeamte zeigten ihn deswegen an. Ob sich das Telefon an Mund oder am Ohr befand, konnten die Beamten jedoch vor dem AG acht Monate später nicht mehr sagen.

So schilderten die Polizisten den Vorfall

Erinnern konnten sie sich aber daran, dass der Unternehmer aufgebracht war, die Tat als „Kleinigkeit“ bezeichnet hatte und geäußert hatte, er werde nie wieder Fahrzeuge für die Polizei abschleppen. Anschließend habe er wütend auf die Motorhaube des Streifenwagens geschlagen.

Daran erinnerte sich der Unternehmer (nicht)

Der Abschleppunternehmer meinte, evtl. sein Telefon in der Hand gehabt zu haben, um es an einer anderen Stelle zu platzieren. Zum Telefonieren hätte er seine Handyschutzhülle aufklappen und sein Smartphone durch Eingabe eines Codes entsperren müssen. Geld spiele keine Rolle, es solle jeder „seine Worte sprechen, wie es war“.

Das Amtsgericht fand deutliche Worte

Die Antwort des AG ließ nicht lange auf sich warten: Es verdoppelte die Regelgeldbuße auf 200 Euro. An der Glaubwürdigkeit der Polizisten hatte es keinen Zweifel. Es spreche sogar für die beiden, wenn sie sich nach acht Monaten nicht mehr an die Position des Handys beim Unternehmer erinnern konnten, wohl aber an die respektlosen Begleitumstände.

Polizeibeamte waren „überaus glaubhaft“

Wörtlich fuhr das AG fort: „Vom Jähzorn des Betroffenen, der sofort laut wird, wenn ihm ein Satz nicht genehm ist, konnte sich das Gericht in der Hauptverhandlung einen eigenen Eindruck verschaffen.“ Auch das führte dazu, dass es die Aussagen der Beamten zum Verhalten des Unternehmers als „überaus glaubhaft“ beurteilte.

Quelle | AG Ellwangen, Urteil vom 14.4.2023, 7 OWi 36 Js 5096/23

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Vorfahrtverletzung: Wenn der Rennradfahrer auf der Straße fährt…

| Jedenfalls bei einer krassen Vorfahrtverletzung durch den Schädiger trifft den vorfahrtsberechtigten Rennradfahrer kein Mitverschulden, wenn er trotz vorhandenen Radwegs auf der Straße fährt. Daher hat das Landgericht (LG) Köln offengelassen, ob dem Rennradfahrer die Benutzung des kombinierten Geh- und Radwegs zumutbar war und ob das entsprechende Verkehrsschild für ihn sichtbar war. |

Entscheidend: Zurechnungszusammenhang

Hier war der sogenannte Zurechnungszusammenhang entscheidend, also der haftungsrechtliche Zusammenhang zwischen einer Handlung und einem Schaden. Dieser besteht immer, wenn der Eintritt des Schadens die spezifische Folge der Gefahren ist, vor denen die verletzte Vorschrift den Verkehr schützen will.

Krasser Verkehrsverstoß des Autofahrers

Hier hätte der Zurechnungszusammenhang zwischen dem verkehrswidrigen Verhalten eines Verkehrsteilnehmers und seiner späteren Beteiligung an einem Verkehrsunfall bestehen können. Dafür genügt es laut dem LG aber nicht schon, dass der Unfall ohne den Verkehrsverstoß vermieden worden wäre, weil der Verkehrsteilnehmer sich bei verkehrsordnungsgemäßer Fahrweise nicht an der Unfallstelle befunden hätte. Vielmehr muss sich in dem Unfall gerade die Gefahr erhöht haben, die zu vermeiden dem Verkehrsteilnehmer durch die in Frage stehende Norm aufgegeben war. Davon kann bei einem krassen Vorfahrtverstoß des Unfallgegners aber nicht ausgegangen werden. Denn die Straßenverkehrsordnung (hier: § 2 Abs. 4 S. 2 StVO) will typische Gefahrensituationen im gemischten Verkehr verhindern. Dazu gehört etwa die Gefährdung von Radfahrern mit nicht immer vermeidbarer schwankender Fahrlinie infolge zu großer Fahrzeugdichte und zu geringen Seitenabstands, nicht aber die Gefährdung durch vermeidbare Vorfahrtverstöße anderer Verkehrsteilnehmer.

Quelle | LG Köln, Urteil vom 23.10.2023, 15 O 424/21, Abruf-Nr. 239653 unter www.iww.de

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Abschließende Hinweise

Berechnung der Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Juli 2024 bis zum 31. Dezember 2024 beträgt 3,37 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 8,37 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 12,37 Prozent*

* für Schuldverhältnisse, die vor dem 29.7.2014 entstanden sind: 11,37 Prozent.

Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).

Übersicht / Basiszinssätze

Zeitraum

Zinssatz

01.01.2024 bis 30.06.2024

3,62 Prozent

01.07.2023 bis 31.12.2023

3,12 Prozent

01.01.2023 bis 30.06.2023

1,62 Prozent

01.07.2022 bis 31.12.2022

-0,88 Prozent

01.01.2022 bis 30.06.2022

-0,88 Prozent

01.07.2021 bis 31.12.2021

-0,88 Prozent

01.01.2021 bis 30.06.2021

-0,88 Prozent

01.07.2020 bis 31.12.2020

-0,88 Prozent

01.01.2020 bis 30.06.2020

-0,88 Prozent

01.07.2019 bis 31.12.2019

-0,88 Prozent

01.01.2019 bis 30.06.2019

-0,88 Prozent

01.07.2018 bis 31.12.2018

-0,88 Prozent

01.01.2018 bis 30.06.2018

-0,88 Prozent

01.07.2017 bis 31.12.2017

-0,88 Prozent

01.01.2017 bis 30.06.2017

-0,88 Prozent

01.07.2016 bis 31.12.2016

-0,88 Prozent

01.01.2016 bis 30.06.2016

-0,83 Prozent

01.07.2015 bis 31.12.2015

-0,83 Prozent

01.01.2015 bis 30.06.2015

-0,83 Prozent

01.07.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

01.01.2014 bis 30.06.2014

-0,63 Prozent

01.07.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

01.01.2013 bis 30.06.2013

-0,13 Prozent

01.07.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

01.01.2012 bis 30.06.2012

0,12 Prozent

01.07.2011 bis 31.12.2011

0,37 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 08/2024

| Im Monat August 2024 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): 12.8.2024
  • Lohnsteuerzahler (Monatszahler): 12.8.2024
  • Gewerbesteuerzahler: 15.8.2024
  • Grundsteuerzahler: 15.8.2024

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 15.8.2024 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am 19.8.2024 für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat August 2024 am 28.08.2024.

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