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News 4/2021Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 04-2021:Arbeitsrecht
Baurecht
Familien- und Erbrecht
Mietrecht und WEG
Verbraucherrecht
Verkehrsrecht
Abschließende HinweiseArbeitsrechtDiskriminierung im Beruf: „Männnerüberschuss“, Vollzeitstellenausschreibung und Duzen| Wenn im IT-Bereich mehr Männer als Frauen beschäftigt werden, entfaltet dies keine Indizwirkung für einen Benachteiligungsgrund. Ebenso wenig indiziert das Verwenden der Ansprache „Du“ eine Altersdiskriminierung. Zu diesem Ergebnis kam jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln. | Geschlechterdiskriminierung? Werden im IT-Bereich mehr Männer als Frauen beschäftigt, könne dies viele Gründe haben, etwa den, dass sich auf diesem Sektor mehr Männer als Frauen bewerben. Die Feststellung, dass ein Betrieb der IT-Branche nur männliche Angestellte habe, genüge für sich ebenfalls nicht, um eine Indizwirkung zu begründen. Dieser Umstand sage nichts darüber aus, welche Personen welchen Geschlechts mit welcher Qualifikation sich überhaupt auf eine Arbeitsstelle beworben hätten und eingestellt worden seien. Auch die Ausschreibung der Stelle als Vollzeitstelle könne nicht dahin verstanden werden, als habe der ArbG hiermit signalisiert, an der Einstellung von Frauen nicht interessiert zu sein oder männliche Bewerber zu bevorzugen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass Frauen möglicherweise häufiger an einer Teilzeitstelle interessiert seien und häufiger in Teilzeit arbeiteten als Männer. Dieser Umstand erlaube keinen Rückschluss auf eine Präferenz des ArbG für männliche Bewerber. Altersdiskriminierung? Schließlich indiziere das Verwenden der Ansprache „Du“ keine Altersdiskriminierung. Dies sei vielmehr eine weit verbreitete Wortwahl (nicht nur) in der modernen IT-Branche. Quelle | LAG Köln, Beschluss vom 30.9.2020, 11 Ta 161/18, Abruf-Nr. 219035 unter www.iww.de Kündigungsschutzklage: Wer einen Kollegen auf der Toilette einsperrt, muss mit fristloser Kündigung rechnen| Schließt ein Arbeitnehmer seinen Kollegen vorsätzlich in der Toilette ein, sodass sich dieser nur durch das Eintreten der Toilettentür befreien kann, verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten schwer. Eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber ist dann gerechtfertigt. Das hat jetzt das Arbeitsgericht (ArbG) Siegburg entschieden. | Das war geschehen Der Kläger war bei der Beklagten seit über einem Jahr als Lagerist beschäftigt. Mit einem Kollegen geriet er öfter in Streit. Während der Kollege des Klägers sich auf der Toilette befand, schob der Kläger heimlich unter der Toilettentür ein Papierblatt hindurch, stieß mit einem Gegenstand den Toilettenschlüssel aus dem Schloss, sodass dieser auf das Papierblatt fiel, und zog ihn damit heraus. Der Kläger ließ seinen Kollegen so lange auf der Toilette eingesperrt, bis dieser sich veranlasst sah, die Toilettentür aufzutreten. Der Kläger erhielt deswegen eine fristlose Kündigung. Hiergegen erhob er Kündigungsschutzklage. Kündigungsschutzklage erfolglos Das ArbG wies die Klage ab. Es hielt die fristlose Kündigung für gerechtfertigt. Der wichtige Kündigungsgrund lag nach Auffassung des Gerichts darin, dass der Kläger seinen Kollegen auf der Toilette einschloss, indem er ihm durch einen Trick den Schlüssel zum Öffnen der Toilettentür wegnahm. Hierdurch habe der Kläger seinen Kollegen zumindest zeitweise seiner Freiheit und der ungehinderten Möglichkeit beraubt, die Toilette zu verlassen. Erhebliche Pflichtverletzung Dies stelle eine erhebliche Pflichtverletzung dar. Zudem sei durch das Verhalten des Klägers die Toilettentür, also das Eigentum der Beklagten, beschädigt worden. Kündigung ohne vorherige Abmahnung Eine vorherige Abmahnung sei in diesem Fall entbehrlich gewesen. Eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sei dem Arbeitgeber ebenfalls nicht zuzumuten. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Köln eingelegt werden. Quelle | Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 11.2.2021, 5 Ca 1397/20 Unterlassungsansprüche: Falsches Darstellen von Kündigungsvorwürfen in der Öffentlichkeit| Wird der gegenüber dem Arbeitnehmer erhobene Kündigungsvorwurf in der Betriebsöffentlichkeit grob übertrieben und inhaltlich falsch dargestellt, kann der Arbeitnehmer die Unterlassung genau dieser Äußerung in der Betriebsöffentlichkeit verlangen. | Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hin. Im betreffenden Fall hatte der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gegenüber behauptet, der Kläger habe alle Kundendaten in seiner Filiale gefälscht. Tatsächlich sah der Kündigungsvorwurf aber lediglich vor, dass von 10.000 Kundendaten „nur“ 107 gefälscht seien. Quelle | LAG Düsseldorf, Urteil vom 7.10.2020, 12 SaGa 15/20, Abruf-Nr. 219992 unter www.iww.de Corona-Pandemie: Kein „Freifahrtschein“ für betriebsbedingte Kündigungen| Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin hat aktuell in mehreren Entscheidungen festgestellt: Der bloße Hinweis auf die Corona-Pandemie oder einen Umsatzrückgang aufgrund der Pandemie genügt nicht, um eine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen. | In einer Entscheidung vom 5.11.20 stellte das ArbG fest, dass der Arbeitgeber anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen muss, warum nicht nur eine kurzfristige Auftragsschwankung vorliegt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist. Beachten Sie | Wird im Betrieb Kurzarbeit geleistet, spricht dies gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf. In mehreren Entscheidungen vom 25.8.20 sagte das ArbG: Die Erklärung, es habe einen starken Umsatzrückgang gegeben und man habe nicht anders auf denselben reagieren können, als eine Anzahl von Kündigungen auszusprechen, sei keine ausreichende Begründung zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung. Schließlich stellte das ArbG am 10.8.20 in einem anderen Verfahren fest: Auch wenn kein allgemeiner Anspruch auf eine Tätigkeit im Home-Office bestehe, könne die mögliche Arbeit von zu Hause aus bei vorhandenen technischen Voraussetzungen einer Änderungskündigung zur Zuweisung eines anderen Arbeitsorts entgegenstehen. Die stärkere Verbreitung des Arbeitens im Home-Office aufgrund der Pandemie zeige, dass Arbeiten von zu Hause aus möglich sei. Gegen diese Entscheidung wurde Berufung beim LAG Berlin-Brandenburg eingelegt. Quelle | ArbG Berlin, Urteile vom 5.11.2020, 38 Ca 4569/20; 25.8.2020, 34 Ca 6664/20, 34 Ca 6667/20, 34 Ca 6668/20; 10.8.2020, 19 Ca 13189/19, PM Nr. 34/20 vom 18.12.2020 Fristlose Kündigung: Im laufenden Prozess eigenmächtig Urlaub genommen| Tritt ein Arbeitnehmer während eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens eigenmächtig Urlaub an, rechtfertigt dies eine fristlose Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung. Zu diesem Ergebnis kam das Landearbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg. | Ein eigenmächtiger Urlaubsantritt sei an sich geeignet, einen wichtigen Grund im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 626 Abs. 1 BGB) zu bilden. Dies gelte auch, wenn der eigenmächtige Urlaubsantritt nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist einer unwirksamen Kündigung während einer Prozessbeschäftigung erfolgt sei. Dabei sei es unerheblich, ob sich bei Auslegung der Erklärungen der Parteien zur Prozessbeschäftigung ergebe, dass eine auflösend bedingte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses oder eine Beschäftigung zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung vereinbart worden sei. Einer Abmahnung bedürfe es regelmäßig nicht. Kein Arbeitnehmer könne erwarten, dass der Arbeitgeber einen eigenmächtigen Urlaubsantritt billige. Quelle | LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 1.10.2020, 17 Sa 1/20, Abruf-Nr. 218921 unter www.iww.de BaurechtBGH-Rechtsprechung: Brand eines Gebäudes an der gemeinsamen Giebelmauer| Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden: Wird ein Grundstück so geteilt, dass eine Giebelmauer, an die von beiden Seiten angebaut ist, auf der neuen Grundstücksgrenze steht, wird die Mauer hierdurch im Zweifel eine sog. gemeinschaftliche Grenzeinrichtung. Das hat Folgen, z. B. wenn es, wie im Fall des BGH, zu einem Brand eines an eine Nachbarwand angebauten Gebäudes kommt. | Das war geschehen Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Ihre Grundstücke sind im Wege der Teilung aus einem größeren Grundstück hervorgegangen. Auf diesem befand sich auf dem heute im Eigentum der Beklagten stehenden Grundstücksteil eine Scheune, an deren südliche Außenmauer etwa im Jahr 1930 das heutige Wohnhaus des Klägers angebaut wurde. Der Teilungsvereinbarung zufolge verläuft die Grenze „zwischen dem Wohnhaus und der Scheune entlang der Außenmauer des Scheunengebäudes“. Nach der in der Urkunde aus dem Jahr 2000 in Bezug genommenen Flurkarte verläuft die Grenze zwischen den beiden Grundstücken im Bereich der Gebäude mittig durch die Gebäudetrennwand. Im Jahr 2011 wurde die Scheune durch einen Brand stark beschädigt. Die Gebäudeversicherung des Klägers zahlte diesem zur Regulierung des durch den Übertritt des Feuers auf sein Wohnhaus entstandenen Schadens einen Betrag, in dem gutachterlich ermittelte Kosten für die Sanierung der Gebäudetrennwand von 50.824 Euro enthalten sind. Der Kläger verlangt von den Beklagten Maßnahmen zur Sanierung der Gebäudetrennwand. Das Landgericht (LG) hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht (OLG) hat die Beklagten verurteilt, „diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um das Gebäude des Klägers […] im Bereich der Gebäudetrennwand ausreichend gegen Witterung zu schützen, gegen Wärmeverlust zu dämmen und Feuchtigkeitsimmissionen abzuwehren“. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision möchten die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen. Mit der Anschlussrevision verfolgt der Kläger seinen u.a. auf Verurteilung der Beklagten zur Beseitigung der an der Gebäudetrennwand entstandenen Schäden gerichteten weiteren Klageantrag weiter. So sieht es der BGH Brennt ein an eine gemeinsame Giebelmauer (Nachbarwand) angebautes Gebäude ab, sodass die Mauer freigelegt und in ihrer Funktionstüchtigkeit als Abschlusswand des Nachbargebäudes beeinträchtigt wird, hat der Nachbar einen Anspruch gegen den Eigentümer des von dem Brand betroffenen Grundstücks auf Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit der Nachbarwand. Ob und gegebenenfalls in welchem Maß die Wand zu dämmen ist, hängt davon ab, ob und in welchem Umfang sie vor ihrer Freilegung (auch) die Funktion hatte, das Nachbargebäude vor Wärmeverlust zu schützen; dies ist nach den konkreten Umständen bei der Errichtung der Wand bzw. der Teilung des Grundstücks zu beurteilen oder gegebenenfalls nach dem Zustand, den die Wand aufgrund einer gemeinschaftlichen Ertüchtigung durch die Nachbarn zuletzt aufwies. Beachten Sie | Der BGH hat noch auf Folgendes hingewiesen: Der Anspruch des Nachbarn auf Wiederherstellung der Funktionstüchtigkeit der durch einen Brand freigelegten gemeinsamen Giebelwand ist kein Ersatzanspruch nach dem Versicherungsvertragsgesetz. Er geht daher nicht auf die Gebäudeversicherung des Nachbarn über, wenn diese den durch den Brand an seinem Gebäude entstandenen Schaden reguliert. Quelle | BGH, Urteil vom 22.1.2021, V ZR 12/19, Abruf-Nr. 220708 unter www.iww.de Bauvertragsrecht: Bauhandwerkersicherungshypothek setzt keine Wertsteigerung voraus| Dem Architekten steht unabhängig vom Baubeginn und damit unabhängig von einer eingetretenen Wertsteigerung des Grundstücks dem Grunde nach ein Anspruch auf Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek zur Sicherung seines Honoraranspruchs zu. Das hat jetzt das Kammergericht (KG) Berlin klargestellt. | Voraussetzung, dass ein Architekt oder Fachplaner die Bauhandwerkersicherungshypothek nutzen kann, war bisher, dass deren Leistungen sich schon werterhöhend auf das Grundstück ausgewirkt haben. Diese Bedingung ist nur erfüllt, wenn sich die Planungsleistungen in Form von Bauarbeiten im Grundstück niedergeschlagen haben. Ein Honoraranspruch für Planungsleistungen (z. B. Leistungsphase 1 bis 5) sollte deshalb nicht eintragungsfähig sein, solange nicht mit dem Bau begonnen worden ist. Dem ist das KG Berlin jetzt entschieden entgegengetreten. Spätestens seit 2018 (dem Inkrafttreten des neuen Bauvertragsrechts) weht für die Berliner Richter „ein anderer Wind“. Nach den neuen Vorschriften sei inzwischen einzige Voraussetzung für den Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherungshypothek, dass der Architekt sie für „seine Forderungen aus dem Vertrag“ begehre. Dies entspreche auch deren Sinn und Zweck. Quelle | KG Berlin, Beschluss vom 5.1.2021, 276 W 1054/20, Abruf-Nr. 220362 unter www.iww.de Vertragslosigkeit: Kein Gratisstrom im Schweinestall| Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat einen Landwirt aus Ostwestfalen verpflichtet, dem örtlichen Stromnetzbetreiber Aufwendungsersatz für den jahrelangen vertragslosen Stromverbrauch in seinem Schweinestall zu zahlen. | Der beklagte Landwirt hatte für seinen Schweinestall jahrelang Strom aus dem Niederspannungsnetz des klagenden Stromnetzbetreibers bezogen, ohne dass ein Stromversorgungsvertrag mit einem Stromlieferanten bestand. Die Vertragslosigkeit des Bezugs und die unterbleibende Abrechnung der Stromverbräuche fiel jahrelang nicht auf, weil der Schweinestall eine von mehreren mit einem eigenen Zähler ausgestatteten Verbrauchsstellen des Landwirts war. Als der Stromnetzbetreiber nach Jahren auf die vertragslose Nutzung seines Netzanschlusses aufmerksam wurde, begehrte er vom Landwirt Ersatz für die Stromverluste in seinem Netz, die er jahrelang hatte ausgleichen müssen. Der Landwirt lehnte die Zahlung unter anderem unter Hinweis darauf ab, dass Stromnetzbetreiber nach dem Energiewirtschaftsgesetz keinen Strom liefern und damit auch nicht in Rechnung stellen dürften. Während das Landgericht (LG) Dortmund die Klage noch abgewiesen hatte, gab das OLG Düsseldorf dem Stromnetzbetreiber Recht und bejahte einen Aufwendungsersatzanspruch nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag. Die exakte Höhe des Anspruchs ist allerdings noch zu klären. Weil es bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu Fällen vergleichbarer Art gibt, ließ das OLG gegen sein Grundurteil die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zu. Quelle | OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.2.2021, I-27 U 19/19, PM Nr. 6/2021 Familien- und ErbrechtErbrecht: Wer den gemeinschaftlichen Erbschein bestellt, muss ihn auch bezahlen| „Wer die Musik bestellt, muss auch bezahlen.“ Auf diese Formel ließe sich ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) bringen. | Das war geschehen Nach dem Tod des Erblassers, der Eigentümer eines Grundstücks war, trat gesetzliche Erbfolge ein. Erben waren die Ehefrau sowie die Kinder des Erblassers. Eine Tochter beantragte offenbar gegen den Willen der übrigen Miterben einen gemeinschaftlichen Erbschein, der auch erteilt wurde. Auf Basis dieses Erbscheins wurde das Grundbuch berichtigt. Das Nachlassgericht stellte der Tochter für die Erteilung des Erbscheins Kosten von gut 1.800 Euro in Rechnung. Die Tochter beglich die Rechnung zwar. Sie forderte aber von den übrigen Miterben, die Kosten anteilig zu erstatten. Diese weigerten sich. Zu Recht, wie jetzt der BGH entschied. Antragsteller = Kostenschuldner Ein Anspruch auf Gesamtschuldnerausgleich besteht nicht, da im Verhältnis zur Gerichtskasse keine Gesamtschuld der Parteien besteht. Kostenschuldner ist allein der Antragsteller. Ein Anspruch aus „gemeinschaftlicher Verwaltung des Nachlasses“ scheitert bereits daran, dass die Tochter keine Einigung der Miterben über die Beantragung eines Erbscheins dargelegt habe. Ein Anspruch aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag schied ebenfalls aus, da sie den Erbschein gegen den Willen der übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft beantragt hatte. Grundbuchberichtigung nicht zwingend erforderlich Auch bereicherungsrechtliche Ansprüche wurden verneint. Es fehle bereits an einer herauszugebenden Bereicherung. Die übrigen Miterben hätten durch die Beantragung des Erbscheins keine Aufwendungen erspart, die ihnen ansonsten zwingend ebenfalls entstanden wären. Die Miterbenstellung ergibt sich bereits aus dem Gesetz und setzt keinen Antrag auf einen Erbschein voraus. Auch zu der anschließenden Grundbuchberichtigung für die zwingend ein Erbschein erforderlich ist sei die Erbengemeinschaft bereits kurz nach dem Erbfall nicht aufgrund grundbuchrechtlicher Vorgaben verpflichtet gewesen. Quelle | BGH, Urteil vom 7.10.2020, IV ZR 69/20, Abruf-Nr. 218647 unter www.iww.de Ehescheidung: Was geschieht mit der Brautgabe nach der Scheidung?| Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat sich jüngst mit der Frage befasst, wie im Fall der Scheidung eine Brautgabe und Brautschmuck rechtlich zu behandeln sind. | Das war der Sachverhalt Die Antragstellerin, eine türkische Staatsangehörige, und der Antragsgegner mit deutscher Staatsangehörigkeit sind beide in Deutschland geboren und aufgewachsen. Im November 2015 heirateten sie standesamtlich. Im April 2016 schlossen sie vor einem Imam mit drei Trauzeugen die religiöse Ehe. In der Heiratsurkunde zu dieser religiösen Eheschließung versprach der Antragsgegner der Antragstellerin eine Brautgabe von 7.000 Euro. Im Anschluss an die religiöse Eheschließung feierten die Eheleute mit vielen Gästen, die ihnen Geld und Gold schenkten, unter anderem 10 goldene, dreifach gewundene Armreifen, ein Goldschmuckset aus vier Teilen und 6 türkische Goldmünzen. Doch schon im Februar 2017 trennten sich beide, später wurde die Ehe geschieden. Brautgabe und Brautschmuck („taki“) verlangt Die Antragstellerin verlangt vom Antragsgegner u. a., die versprochene Brautgabe zu zahlen und das anlässlich der Hochzeitsfeier geschenkte Gold herauszugeben. Die erste Instanz lehnte ab Vor dem Amtsgericht (AG) Gelsenkirchen hatte sie damit keinen Erfolg. Die Vereinbarung über die Brautgabe sei so das AG unwirksam, da sie nicht notariell beurkundet worden sei. Die Antragstellerin könne auch nicht das geschenkte Gold für sich beanspruchen, weil sie nicht die alleinige Eigentümerin des Goldes geworden sei und es sich nicht mehr im Besitz des Antragsgegners befinde. Gegen diesen Beschluss hat sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde zum OLG gewandt. So argumentierte das Oberlandesgericht Das OLG hat den Sachverhalt zum Teil anders als das AG bewertet: Das islamische Recht ordne eine Brautgabe als zwingende Zuwendung des Bräutigams an die Braut an. Sie sei zu unterscheiden von der Mitgift, die die Braut von ihrer Familie erhalte. Beachten Sie | Solange die Brautgabe noch nicht ausgezahlt und damit vollzogen worden sei, bedürfe die getroffene Vereinbarung über die Brautgabe zu ihrer Wirksamkeit wie bei einer Schenkung der notariellen Beurkundung. Weil die Antragstellerin die Brautgabe hier noch nicht erhalten habe und das Brautgabeversprechen nicht notariell beurkundet worden sei, könne die Antragstellerin den versprochenen Betrag von 7.000 Euro zwar nicht von ihrem ehemaligen Ehemann verlangen. Aber er müsse ihr das Gold herausgeben. Indem der Antragstellerin sämtliche Schmuckstücke bei der Hochzeitsfeier „umgehängt“ und damit übergeben worden seien, habe sie allein das Eigentum hieran erworben. Hochzeitsfeier nach türkischer Tradition Außer Streit stehe dabei, dass die Hochzeitsfeier nach türkischer Tradition abgehalten worden sei und die Beteiligten türkischstämmig gewesen seien. Vor dem Hintergrund der kulturellen Vorstellungen der ehemaligen Eheleute habe das der Braut übergebene Gold damit dem Zweck gedient, sie für den Fall des Scheiterns oder der Scheidung der Ehe abzusichern. In diesem Zusammenhang existiere der Begriff „taki“, der wörtlich zu übersetzen sei als das, was „angesteckt oder umgehängt werde“. Zwar gebe es bei Geschenken an die Braut viele lokale Bräuche. Soweit es aber um die angesteckten Schmuckstücke gehe, sei gesicherte Erkenntnis, dass diese der Braut allein zur Absicherung dienen und deshalb in ihr alleiniges Eigentum übergehen sollten. Einigung erzielt Nach diesen rechtlichen Hinweisen des Senats haben sich die ehemaligen Eheleute in einem Anhörungstermin geeinigt: Der Antragsgegner ersetzt der Antragstellerin den Wert des Goldschmucks, den er bereits zum Teil ohne Einverständnis seiner ehemaligen Ehefrau veräußert hatte (knapp 6.000 Euro). Die Brautgabe muss er nicht zahlen. Quelle | OLG Hamm, Anhörungstermin vom 17.6.2020, 12 UF 183/19, PM vom 28.1.2021 Ehescheidung: Nicht immer können Schwiegereltern Schenkungen zurückfordern| Mit einer zurückverlangten Schenkung hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg befasst. Kann eine Schwiegermutter von einem „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ ausgehen, wenn die Ehe scheitert, und daraufhin ihren ehemaligen Schwiegersohn zur Kasse bitten? | Das war der Sachverhalt Die Klägerin, die Schwiegermutter des Ehemanns, verlangte von diesem 37.600 Euro zurück. Sie argumentierte, es liege ein sogenannter „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ vor: Der Grund für die Schenkung sei die Förderung der Ehe zwischen ihrer Tochter und dem Ehemann gewesen. Ihre Erwartung, dass die Ehe Bestand haben werde, habe sich nicht erfüllt. Sie könne daher den Wert der Schenkung abzüglich eines Abschlags für die Zeit, die die Ehe noch bestanden habe, herausverlangen. So argumentierte der Ex-Ehemann Der Ehemann wies den Anspruch zurück. Er trug vor, die Klägerin habe die Wohnung ohnehin nicht mehr haben wollen, weil sie sich mit den Mietern gestritten habe und Renovierungsarbeiten angestanden hätten. Er und seine ehemalige Frau hätten viel Geld in die Wohnung gesteckt. Schenkung: Keine Gegenleistung erforderlich Das OLG Oldenburg bestätigte die Auffassung des Amtsgerichts (AG) Osnabrück, nach der kein sogenannter „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ vorliege und der Ehemann daher keine Rückzahlung schulde. Es habe sich um eine Schenkung gehandelt, deren Rechtsnatur es nun einmal sei, dass keine Gegenleistung geschuldet sei und dass sie grundsätzlich nur bei einer schweren Verfehlung des Beschenkten gegen den Schenker zurückgefordert werden könne. Beachten Sie | Etwas anderes könne bei der Übertragung einer Immobilie an das Kind und Schwiegerkind als Familienheim gelten. In einem solchen Fall einer zur Selbstnutzung geschenkten Immobilie bestehe ein direkter Zusammenhang mit der Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft, sodass unter Umständen beim Scheitern der Ehe eine Rückforderung in Frage komme. Begründung des Oberlandesgerichts Hier sei aber die Immobilie als Renditeobjekt geschenkt und genutzt worden. Die Klägerin habe daher nicht damit rechnen können, dass die Immobilie langfristig für die Lebens- und Beziehungsgestaltung der Ehegatten genutzt werde. Hinzu komme, dass Motiv für die Schenkung nicht nur die Ehe der Tochter, sondern auch das Ersparen weiteren Ärgers mit den Mietern und der Renovierungsaufwendungen gewesen sei. Es könne daher nicht festgestellt werden, dass allein der Fortbestand der Ehe die Geschäftsgrundlage für die Übertragung gewesen sei. Eine Rückforderung komme daher nicht in Betracht. Quelle | OLG Oldenburg, Beschluss vom 14.10.2020, 11 UF 100/20, PM Nr. 3/21 vom 26.1.2021 Mietrecht und WEGEigenbedarfskündigung: Platz für das Au Pair kann Eigenbedarf begründen| Das Amtsgericht (AG) München hat jetzt eine beklagte Mieterin verurteilt, ihre Zwei-Zimmer-Mietwohnung von 59 qm zu räumen und an den auf Eigenbedarf klagenden Vermieter herauszugeben. | Sachverhalt Zum Hintergrund: Au-pair sind junge Menschen, die gegen „Kost und Logis“ bei einer Gastfamilie häufig im Ausland tätig sind. Im Gegenzug erlernen sie Sprache und Kultur des Gastlandes. Der Sachverhalt: Der Kläger ist Vermieter, die Beklagte seit 2002 Mieterin der Wohnung. Der Kläger lebt mit der von zuhause aus berufstätigen Ehefrau und drei Kindern, von denen zwei die Grundschule besuchen und eines erst ein Jahr alt ist, in einer Eigentumswohnung, die nur etwa knapp 700 Meter und damit wenige Gehminuten von seiner vermieteten Wohnung entfernt liegt. Er kündigte das Mietverhältnis und begründete dies damit, dass er und seine Frau ein Au-pair einstellen wollten. In ihrer Wohnung, die aus einem Elternschlafzimmer, drei Kinderzimmern, einem Wohn- und Essbereich mit offener Küche sowie Bad und einem Büro bestehe, gebe es keine Möglichkeit zur Unterbringung des Au-pair, da sämtliche Räume bereits genutzt würden. Argumentation der Mieterin Die Beklagte meinte, eine Unterbringung des Au-pair in der Wohnung des Klägers müsse möglich sein. Weiter könne das Au-pair in einer in vergleichbarer Distanz anzumietenden Wohnung untergebracht werden. Sie selbst gelte mit einem Grad der Behinderung von 60 als schwerbehindert. Da sie zudem Hartz-IV-Leistungen beziehe, sei sie auf dem freien Wohnungsmarkt chancenlos. Sie habe sich um Ersatzwohnraum bemüht. Auch drohe eine Verschlechterung ihres mittelgradigen depressiven Syndroms. Kündigungsgrund lag vor Das AG gab dem Kläger Recht. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass der Wunsch des Vermieters, ein Au-pair zur Kinderbetreuung in seinen Haushalt aufzunehmen, grundsätzlich vernünftig und nachvollziehbar ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei auch ein anerkennenswerter Kündigungsgrund gegeben, wenn der Vermieter ein Au-pair in einer vermieteten Wohnung unterbringen möchte, die fußläufig von seinem bewohnten Eigenheim entfernt liegt. Der Kläger habe überzeugend dargelegt, nur mithilfe eines Au-pairs könne seine Frau ihrem Beruf wieder nachgehen und sei die Kinderbetreuung gleichzeitig sichergestellt. Es sei auch nicht erforderlich, dass das Bedürfnis für die Hilfskraft bereits bei Ausspruch der Kündigung besteht, sondern es genüge, dass aufgrund äußerer Umstände mit einiger Sicherheit damit gerechnet werden muss, dass der Vermieter die Dienste in naher Zukunft für seine Lebensführung benötigt. Raumaufteilung private Angelegenheit Die Argumentation der Beklagten, aufgrund des jungen Alters der Kinder, gerade des Kleinkindes, benötigten diese kein eigenes Zimmer, überzeugte das AG nicht. Die Raumaufteilung innerhalb der eigenen Wohnung sei allein Sache des Klägers und seiner Familie. Diese unterliege nur einer Missbrauchskontrolle dahingehend, ob der verfügbare Wohnraum und die angegebene Nutzung in einem auffälligen Missverhältnis stehen, sodass sich der Verdacht aufdrängen müsste, die volle Ausnutzung des Wohnraums werde nur vorgespiegelt, um die Kündigung zu ermöglichen. Dafür seien hier aber keine Anhaltspunkte erkennbar. Würde man zudem verlangen, dass ein Au-pair stets im selben Haus oder derselben Wohnung lebt, wie die Gastfamilie, würde dies zu einer Schlechterstellung von Familien führen, die kinderreich sind, aber über kein Haus verfügen, sondern in einer Wohnung leben. Ihnen wäre die Anstellung und Unterbringung eines Au-pair als Hilfestellung, damit beide Elternteile wieder berufstätig sein können, praktisch verwehrt. Fehlende Nachweise Aufgrund des vorgelegten Attests stehe fest, dass die Beklagte nicht in durchgehender ärztlicher Behandlung war. Sie habe nicht im Ansatz substanziiert dargestellt, dass sie wegen einer Krankheit an der Räumung gehindert sei. Auch die Tatsache, dass sie zu 60 Prozent schwerbehindert ist, reiche für sich genommen nicht aus. Ein Sachverständigengutachten sei daher nicht einzuholen gewesen. Die Beklagte habe fast ausschließlich nur im zentralsten Innenstadtbereich und nur in besonders beliebten Vierteln nach Ersatzwohnraum gesucht und so nicht nachgewiesen, alles Erforderliche und Zumutbare unternommen zu haben, eine Ersatzwohnung zu erlangen. Entgegenkommen wegen Pandemiesituation Da der Kündigungsgrund nicht von ihr zu verantworten sei, Ersatzwohnraum infolge der Corona-Pandemie und des aktuellen Lockdowns derzeit noch erheblich schwerer zu finden sei, andererseits die Kündigungsfrist bereits abgelaufen sei, hat das AG die Räumungsfrist noch einmal um etwa ein halbes Jahr verlängert. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Quelle | AG München, Urteil vom 12.1.2021, 473 C 11647/20, PM 3/21 vom 22.1.2021 BGH-Rechtsprechung: Unzulässiger Mietendeckel: Der Staat haftet nicht| Mietern stehen keine Amtshaftungsansprüche zu, wenn eine Landesregierung hier das Land Hessen eine Mietenbegrenzungsverordnung mit weitem räumlichem und persönlichem Geltungsbereich erlässt, diese Verordnung keine Begründung enthält, also unwirksam ist. Das gilt auch, wenn der Mieter sich deshalb einer berechtigten Mieterhöhung ausgesetzt sieht und eine nach der (unwirksamen) Begrenzungsverordnung überhöhte Miete nicht zurückverlangen kann. Das hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. | Gesetze und Verordnungen enthalten generelle und abstrakte Regeln. Daher nimmt der Gesetzgeber in der Regel ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit wahr, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehlt. Deshalb ist der Mieter kein sog. geschützter Dritter und kann keine Amtshaftungsansprüche haben. Auch unmittelbar aus einem Grundrechtsverstoß ergibt sich kein Haftungsanspruch gegen den Staat. Quelle | BGH, Urteil vom 28.1.2021, III ZR 25/20 VerbraucherrechtStornierungskosten: Reise schon beim ersten Anzeichen einer möglichen Verhinderung stornieren? Nein!| Wie frühzeitig muss eine Reise storniert werden, wenn sich andeutet, dass sie möglicherweise nicht angetreten werden kann? Das Amtsgericht (AG) Bergisch Gladbach sagt: Der Reisende als Versicherungsnehmer einer Reiserücktrittsversicherung muss nicht sofort beim ersten Anzeichen der Möglichkeit, dass er seine Versicherung beanspruchen könnte, die Reise stornieren. | Das war geschehen Der Versicherungsnehmer der Reiserücktrittsversicherung hatte für sich und seine Ehefrau eine Kreuzfahrt gebucht. Diese sollte am 15.9.18 beginnen. Am 29.7.18 erlitt die Ehefrau einen Fahrradunfall. Am 15.8.18 wurde im Krankenhaus festgestellt, dass sie ein sog. chronisches subdurales Hämatom hatte. Typisch hierfür ist, dass Symptome nicht unmittelbar auftreten, sondern erst nach einigen Tagen. Am 18.8.18 wurde sie aus dem Krankenhaus entlassen. Anlässlich einer Kontrolluntersuchung am 12.9.18 stellte sich heraus, dass sich das Hämatom auf 2,1 cm vergrößert hatte und frischblutige Anteile zu erkennen waren. Es war daher eine Operation am 14.9.18 erforderlich. Am darauffolgenden Tag stornierte der Versicherungsnehmer die Reise. Von den Stornokosten erstattete die Versicherung nur ca. 1/4. Sie meint, dass der Versicherungsnehmer gegen seine Obliegenheit aus dem Versicherungsverhältnis verstoßen habe. Die Tatsache, dass die Reise nicht angetreten werden kann, sei ihm schon früher bekannt gewesen oder hätte ihm bekannt sein sollen. Er hätte die Reise schon am Tag des Unfalls stornieren müssen, spätestens aber beim ersten Klinikaufenthalt. Dann wären die Stornokosten geringer gewesen. Amtsgericht widerspricht Versicherungsunternehmen Das AG sah das anders. Es verurteilte die Versicherung, die vollen Stornogebühren zu zahlen. Der Versicherungsnehmer habe insbesondere nicht gegen seine Obliegenheit aus dem Versicherungsvertrag verstoßen. Denn die Reise wurde unverzüglich im Sinne der Vertragsbedingungen storniert. Begriff der Unverzüglichkeit Für die „Unverzüglichkeit“ ist zu beachten, dass das Prognoserisiko Teil des abgesicherten Schadensszenarios ist. Beinahe jeder Reisestornierungsfrage wohnt ein mitunter sogar großer prognostischer Teil inne: Dass ein Reiseantritt völlig ausgeschlossen ist, mag im Einzelfall zutreffen. Oft lassen sich aber Heilungsverlauf, -geschwindigkeit und -wahrscheinlichkeit nur mit Wahrscheinlichkeiten für die Zukunft beurteilen und nicht abschließend sicher für die Zukunft feststellen. Ist dies der Fall, ist dem Versicherungsnehmer ein erheblicher Ermessensspielraum zuzugestehen. Entsprechend kann dem Versicherungsnehmer seine Stornierung erst kurz vor dem beabsichtigten Reiseantritt nicht entgegengehalten werden. Er konnte selbst zum Zeitpunkt nach dem Sturz noch nicht von einem Versicherungsfall ausgehen. Denn bei der Verletzung, die seine Frau davongetragen hatte, treten Symptome in der Regel erst verspätet auf. Auch kann dem Versicherungsnehmer nicht entgegengehalten werden, dass er nicht im August anlässlich der ersten Untersuchung die Reise stornierte. Es kommt letztlich nicht darauf an, ob er und seiner Frau bei der Entlassung die Reisemöglichkeit zugesagt wurde. Denn schon aus der Tatsache, dass die Ehefrau aus der Klinik entlassen wurde, folgt zwingend, dass einem durchschnittlich ruhigen Tagesablauf keinerlei medizinische Gründe entgegenstehen. Ausweislich des Arztbriefs aus August durfte die Ehefrau auch Auto fahren. Dann aber ist nicht erkennbar, warum trotzdem eine Flussreise ausgeschlossen sein sollte. Operation war nicht absehbar Letztlich hat der Versicherungsnehmer auch nicht wegen der Symptomatik und dem Gesundheitszustand im August die Reise storniert, sondern wegen der Notwendigkeit der Operation. Dass diese für ihn im August erkennbar war, ist aber nicht einleuchtend. Denn für die hier vorliegende Verletzung ist typisch, dass eine Operation entweder unnötig ist, da von einer unkomplizierten Heilung ausgegangen wird oder eine Operation unverzüglich nötig ist. Quelle | AG Bergisch-Gladbach, Urteil vom 5.10.2020, 66 C 95/20, Abruf-Nr. 219879 unter www.iww.de Vergütungsanspruch: Wenn der Zahnarzt mangelhaft arbeitet| Der Vergütungsanspruch des Zahnarztes kann entfallen, soweit der Patient kein Interesse mehr an der fehlerhaft erbrachten und somit vollkommen unbrauchbaren Leistung infolge einer Kündigung des Vertrags hat. Das hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschieden | Der Zahnarzt kann seinen Vergütungsanspruch verlieren, wenn seine Leistung für den Patienten vollkommen unbrauchbar ist. Es genügt nicht, dass sie objektiv wertlos ist, wenn der Patient sie gleichwohl nutzt. Aber: Das gilt nicht, wenn der Patient die Versorgung zu keinem Zeitpunkt akzeptiert, sondern von Anfang an eine Neuversorgung anstrebt und so schnell wie möglich versucht, unter gleichzeitiger Sicherung seiner Rechte eine Neuversorgung zu erlangen, wie im vorliegenden Fall. Auf ein auch stetig wiederholtes Angebot des Zahnarztes, eine Neuherstellung der Prothetik in seiner Praxis vornehmen zu lassen, muss sich der Patient nicht einlassen, wenn der Arzt diese erneut abrechnen will. Quelle | OLG Köln, Urteil vom 10.6.2020, 5 U 171/19, Abruf-Nr. 217193 unter www.iww.de Corona-Pandemie: Kein Anspruch auf vorgezogene Corona-Impfung| Ein 73-jähriger Mann ist in einem Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg mit seinem Eilantrag nicht durchgedrungen, das niedersächsische Gesundheitsministerium zu verpflichten, ihm sofort eine Impfung gegen das Corona-Virus zu verschaffen. | 73-jähriger Mann mit schwerer Herzerkrankung Der Antragsteller leidet unter einer schweren Herzerkrankung und damit unter einer gesteigerten Gefährdung für einen schweren Verlauf im Falle einer Corona-Erkrankung. Das für seinen Wohnort zuständige Impfzentrum beschied seine Anfrage abschlägig und wies ihn darauf hin, dass er nicht zu dem Personenkreis gehöre, für die gegenwärtig Impfungen durchgeführt werden. Der Antragsteller wandte sich daraufhin an das Niedersächsische Ministerium für Gesundheit, Soziales und Gleichstellung (Antragsgegner) und machte geltend, dass er einen Anspruch auf sofortige Impfung gegen das Corona-Virus habe, da er aufgrund seines Alters und der schweren Gesundheitsstörungen ein signifikant erhöhtes Risiko trage, nach einer Infektion mit dem Virus schwer zu erkranken oder zu versterben. Antrag auf sofortige Impfung abgelehnt Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit dem Hinweis darauf ab, dass die gültige Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) eine Impfung des Antragstellers erst ermögliche, sobald alle unter die Gruppe „Schutzimpfungen mit höchster Priorität, 1. Gruppe“ fallenden Personen vollständig geimpft seien und erst danach eine Impfung der wie der Antragsteller unter die Gruppe „Schutzimpfungen mit hoher Priorität, 2. Gruppe“ fallenden Personen erfolgen könne. Der Antragsgegner sei an diese in der CoronaImpfV vorgenommene Priorisierungsentscheidung des Verordnungsgebers gebunden. Bestätigung durch Sozialgericht Das SG lehnte den Eilantrag ab und folgte den Argumenten des Antragsgegners. Nach der derzeit gültigen CoronaImpfV habe der Antragsteller keinen Anspruch auf sofortige Impfung oder auf Impfung nach Abschluss der Impfungen in den Alten- und Pflegeheimen, da er nicht der zuerst zu impfenden Gruppe (s. o.) von Personen angehöre. Eine Öffnungsklausel, die es möglich machen würde, den Antragsteller dort zuzuordnen, sei in der Verordnung nicht enthalten. Nach Auffassung des Gerichts sei es auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zwingend erforderlich, für den Antragsteller die gewünschte vorgezogene Impfung sicherzustellen. Die vom Verordnungsgeber normierten Priorisierungsentscheidungen würden die Schutzpflichten hinreichend wahren. Begründung Der Gesetzgeber und auch die vollziehende Gewalt hätten bei der Ausgestaltung der Maßnahmen zur Erfüllung der Schutzpflichten aus dem Grundgesetz einen weiten Einschätzungs-, Bewertungs- und Gestaltungsspielraum, der Raum lasse, etwa mit dem Schutz des Individualinteresses konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen. Die o. g. getroffenen Priorisierungsentscheidungen zur Frage der Reihenfolge der Impfung gegen das Corona-Virus hielten sich in diesem weiten Gestaltungsspielraum. Teilhabeansprüche der Bürger könne der Gesetzgeber grundsätzlich nur im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel verwirklichen. Da gegenwärtig Corona-Impfstoffe noch nicht ausreichend verfügbar seien, sei es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber zunächst eine Personengruppe impfen würde. Einerseits würden die dieser Gruppe zuzuordnenden Personen (über 80 Jahre) ein extrem hohes Risiko tragen, an einer Corona- Erkrankung zu versterben. Die priorisierte Impfung dieser Personengruppe diene nicht allein deren individuellem Schutz, sondern gerade auch in hohem Maße dem Schutz der Funktionsfähigkeit der medizinischen Versorgungseinrichtungen. Denn bei erkrankten Personen über 80 Jahren und in Pflegeeinrichtungen lebenden Menschen bestehe ein signifikant erheblich größeres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf, sodass eine besondere Belastung der Intensivkapazitäten in den Kliniken zu erwarten sei. Die übrigen in der ersten Priorisierungsgruppe genannten Personen unterlägen individuell einem erhöhten Erkrankungsrisiko aufgrund ihrer pflegerischen Tätigkeiten und würden ihrerseits im Fall einer Erkrankung an dem Corona-Virus die von ihnen betreuten besonders gefährdeten Personen zusätzlich gefährden. Ihr krankheitsbedingter Ausfall würde zudem ebenfalls die Funktionsfähigkeit der medizinischen Versorgungseinrichtungen gefährden. Maßnahmen zum Eigenschutz gefordert Schließlich sei dem Antragsteller zumutbar, sich vor einer Ansteckung durch verstärkte Schutzmaßnahmen und Kontaktvermeidung zu schützen und sich nach Möglichkeit ohne Kontakt zu dritten Personen in seinem Haus oder seiner Wohnung aufzuhalten. Dieses sei ihm auch deshalb zumutbar, weil er zeitnah mit einer Impfung rechnen könne. Die Entscheidung des Sozialgerichts Oldenburg ist nicht rechtskräftig. Beachten Sie | Dieses Urteil basierte insbesondere auf dem Umstand, dass Corona-Impfstoffe bisher nicht in ausreichender Menge für die Gesamtbevölkerung zur Verfügung stehen. Die Geschehnisse in Bezug auf den Impfstoff der britischen Firma Astrazeneca und regionale Gegebenheiten können kurzfristig zu veränderten Impfreihenfolgen bzw. zu Abweichungen von der in der CoronaImpfV festgelegten Priorisierung führen. Deshalb empfiehlt es sich, die Tagespresse und örtliche Informationsquellen zu beobachten, z. B. städtische Websites oder Informationen der Impfzentren. Quelle | SG Oldenburg, Beschluss vom 21.1.2021, S 10 SV 1/21 ER, PM vom 21.1.2021 Sparkonto: Das „Uralt-Sparbuch“: Die Bank und nicht der Kunde ist unter Zugzwang| Lässt ein Sparbuchinhaber jahrzehntelang nichts eintragen, stellt sich die Frage, ob das Sparkonto aufgelöst ist oder kein Guthaben mehr besteht. Diese Frage hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken beantwortet. | Ein Sparbuch hatte ein Guthaben von rund 17.000 Euro. Seit 1992 hatten darauf keine Bewegungen mehr stattgefunden. Es gab eine Einzahlung und jedenfalls nach dem Sparbuch keine weiteren Ein- oder Auszahlungen. Auch Zinsen waren nie dokumentiert. Die Bank behauptet, das Sparguthaben sei nicht mehr vorhanden, sondern nach ihren bankinternen Unterlagen ausgezahlt worden. Das OLG Zweibrücken: Der Hinweis der Bank auf ihre internen Unterlagen genügt nicht, um eine Auszahlung beweisen zu können. Der Sparer ist für die Höhe des Guthabens, das Kreditinstitut hingegen für die Auszahlung des Guthabens darlegungs- und beweispflichtig. So ähnlich hatte das bereits der Bundesgerichtshof (BGH) Anfang des Jahrtausends entschieden. Legt der Sparer also das Sparbuch vor, ist der Darlegungslast genügt. Es stellt sich letztlich also die Frage: Was muss das Kreditinstitut tun, um seiner Nachweispflicht zu entsprechen? Grundsätzlich gilt: Es müssen weitere Indizien dafürsprechen, dass das Guthaben ausgezahlt wurde, z. B. dass das Sparguthaben auf den Zeitpunkt seiner letzten Eintragung gekündigt oder die gesamte Bankverbindung mit den übrigen Konten des Sparers aufgelöst worden war. Quelle | OLG Zweibrücken, Urteil vom 25.11.2020, 7 U 82/18, Abruf-Nr. 219865 unter www.iww.de VerkehrsrechtBußgeldverfahren: Handy oder Haarbürste – das ist die Frage| Mitunter kommt es zu „interessanten“ Erklärungsversuchen, um sich einem Bußgeld zu entziehen. Das Amtsgericht (AG) Frankfurt a. M. hat entschieden: Es handelt sich um eine bloße Schutzbehauptung, wenn ein Verkehrsteilnehmer angibt, er habe statt eines Mobiltelefons lediglich eine Bürste benutzt, um sich den Bart zu kämmen. | Der Betroffene war mit einem von ihm gelenkten Omnibus in eine Polizeikontrolle zur Feststellung von „Handyverstößen“ geraten. Ein Beamter fertigte eine Fotosequenz an, auf der zu erkennen war, dass der Betroffene einen weißen Gegenstand mit der rechten Hand an sein rechtes Ohr hält. Im Verfahren trug der Betroffene Zweierlei vor: Zum einen habe er mit dem Fahrzeug bei dem vermeintlichen Bußgeldverstoß gestanden. Zum anderen würden die aufgenommenen Bilder lediglich zeigen, dass er seinen Bart mit einer weißen Bürste kämme. Es sei auch zu sehen, dass sich seine Hände gar nicht am Lenkrad befunden hätten. Trotz seiner Einwände hat das AG gegen den Betroffenen wegen vorschriftswidrigen Benutzens eines Mobiltelefons eine Geldbuße in Höhe von 180 Euro festgesetzt. Die Benutzung einer weißen Haarbürste stelle eine bloße Schutzbehauptung dar. Die in der Hauptverhandlung in Augenschein genommene Bürste habe eine geschwungene, zu den Ecken hin abgerundete Form aufgewiesen, währenddessen auf den Bildern ein rechteckiger Gegenstand durch das bloße Anlegen eines Lineals zu erkennen gewesen sei. Des Weiteren zeige die Fotosequenz das benutzte Gerät immer an gleicher Stelle. Ein Kämmvorgang setze zwangsläufig eine Kammführung nach unten und/oder zur Seite voraus, die den Bildern nicht zu entnehmen sei. Die Bildsequenz belege auch, dass sich der Bus bewegt habe. Der Einwand, das Fahrzeug könne nicht in Bewegung gewesen sein, weil sich keine Hand am Lenkrad befunden habe, gebe zwar u. U. Anlass zu einer allgemeinen Überprüfung der Fahreignung, rechtfertige aber indes nicht den gewünschten Rückschluss auf ein stehendes Fahrzeug. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Quelle | AG Frankfurt a. M., Urteil vom 16.6.2020, 971 Owi 363 Js 72112/19, PM Nr. 1/2021 Schadenersatz: Hundepfote verletzt – Physiotherapie zu erstatten| Das Landgericht (LG) München I hat nach dem Unfall zwischen einem Pkw und einem Hund auf dem Gelände eines Gewerbeparks den Pkw-Fahrer und dessen Kfz-Haftpflichtversicherung verurteilt, Schadenersatz von rund 20.000 Euro zu zahlen. | Denn bei einem Unfall zwischen einem Pkw und einem knapp vier Monate alten, angeleinten Hund verwirkliche sich keine typische Tiergefahr. Ein Mitverschulden des Halters sei damit ausgeschlossen. Zudem sei eine Physiotherapie bei der Fraktur der linken Vorderpfote des noch im Wachstum befindlichen Hundes medizinisch notwendig gewesen, so das Gericht. Was war geschehen? Bei dem o. g. Unfall wurde der Hund an seiner linken Vorderpfote verletzt. Das LG vernahm Zeugen zum Unfallhergang auf dem Privatgelände und hörte einen Gutachter zur Unfallbedingtheit der Verletzungen des Hundes und zur Angemessenheit der geltend gemachten Behandlungskosten an. Ein Angestellter des Besitzers des zum Unfallzeitpunkt knapp vier Monate alten Rhodesian Ridgeback Rüden, der auf dem Gelände als Wachhund eingesetzt werden sollte, hatte den Hund am Tag des Unfalls an der Leine auf dem Privatgelände des Gewerbeparks spazieren geführt (Geschwindigkeitsbegrenzung 10 km/h). Als der Beklagte sich in seinem Pkw mit überhöhter Geschwindigkeit von mindestens 20 km/h näherte, erfasste er den Hund mit seinem Pkw an der linken Vorderpfote. Zur Überzeugung des Gerichts hat sich die Betriebsgefahr des Pkw verwirklicht. Hinzu komme das Verschulden des Fahrers durch die überhöhte Geschwindigkeit. Ein Mitverschulden des Hundehalters bzw. seines Angestellten etwa durch die Verwirklichung der sogenannten Tiergefahr schloss das Gericht vor diesem Hintergrund aus. Weiter folgte das LG den Ausführungen des Gutachters, der die Verletzungen des Hundes als mit dem Autounfall kompatibel bewertete und die Behandlungskosten für angemessen hielt. Insbesondere die Physiotherapie sei notwendig gewesen, da der junge Hund sich zum Zeitpunkt des Unfalls noch im Wachstum befunden habe. Die Beklagten haften auch für zukünftige Verletzungsfolgen, da diese laut Gutachten nicht ausgeschlossen werden können. Das Urteil ist rechtskräftig. Quelle | LG München I, Urteil vom 15.9.2020, 20 O 5615/18, PM 3/21 vom 26.1.2021 Parkplatz: Keine Unfallflucht mit Einkaufswagen| Wird auf dem Parkplatz eines Supermarkts ein Pkw durch einen wegrollenden Einkaufswagen beschädigt, macht sich der Schädiger nicht wegen Unfallflucht strafbar, wenn er sich von der Unfallstelle entfernt, ohne Feststellungen zu ermöglichen. Das hat jetzt das Amtsgericht (AG) Dortmund klargestellt. | Während der Schädiger auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums seine Einkäufe in den Kofferraum seines Pkw lud, rollte der von ihm genutzte Einkaufswagen gegen das Fahrzeugheck des gegenüber geparkten Pkw. An dessen Heckklappe entstand ein Sachschaden in Höhe von ca. 1.300 Euro. Obwohl der Schädiger den Unfall bemerkte und den Einkaufswagen vom beschädigten PKW zurückholte, entfernte er sich von der Unfallstelle, ohne die erforderlich gewordenen Feststellungen zu ermöglichen. Das AG lehnte es jedoch ab, einen Strafbefehl zu erlassen. Es bestehe kein hinreichender Verdacht einer Straftat, insbesondere nicht auf ein sog. „Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“. Bei dem zugrunde liegenden Vorfall handelt es sich nämlich nicht um einen Unfall im Straßenverkehr im Sinne des Strafrechts. Unter einem „Unfall im Straßenverkehr“ ist nach allgemeiner Ansicht ein plötzliches, unerwartetes Ereignis im Verkehr zu verstehen, in dem sich ein verkehrstypisches Schadensrisiko realisiert und das einen nicht nur völlig belanglosen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat. Allgemein anerkannt ist hierbei, dass für die Annahme eines Unfalls im Straßenverkehr „nicht jedwede ursächliche Verknüpfung des Schadensereignisses mit dem Verkehrsgeschehen“ ausreicht. Vielmehr ist ein straßenverkehrsspezifischer Gefahrzusammenhang zu verlangen. Es müssen sich also in dem Verkehrsunfall gerade die typischen Gefahren des Straßenverkehrs verwirklicht haben. An einem solchen straßenverkehrsspezifischen Gefahrzusammenhang fehlt es nach Auffassung des AG in „Einkaufswagen“-Fällen. Der Unfall ist nicht spezifisch Ausdruck jener Gefahren, die mit der Fortbewegung eines Fahrzeugs im Sinne der Straßenverkehrsordnung verbunden sind. Ein Unfall im Straßenverkehr kann nur dort angenommen werden, wo das Unglück Folge willentlicher Fortbewegung wenigstens eines Beteiligten ist. Denn „Verkehr“ findet nicht bereits dort statt, wo Gegenstände (mögen sie auch grundsätzlich Fortbewegungszwecken dienen) etwa aufgrund unzureichender Sicherung, äußerer Witterungseinflüsse u.ä. „von sich aus“ in Bewegung geraten; sie „verkehren“ damit noch nicht. Dies ist vielmehr erst der Fall, wenn ihre Bewegung von einem entsprechenden menschlichen Fortbewegungswillen getragen wird. Quelle | AG Dortmund, Beschluss vom 1.9.2020, 723 CS 268 Js 1007/20 276/20 Schadenersatz: Wenn ein Baum auf einen Porsche stürzt| Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat sich mit der Frage befasst, wann eine Stadt dafür haften muss, dass ein Straßenbaum umstürzt und hierdurch ein Fahrzeug beschädigt wird. | Der klagende Eigentümer eines Porsche 911 Carrera Cabriolet befuhr im Juni 2016 eine Straße in der Ruhrgebietsstadt Essen. An diesem Tag stürzte ein hangabwärts befindlicher Stämmling einer mehrstämmigen, ca. 16 m hohen Esche quer über diese Straße, nachdem bereits einige Zeit zuvor ein hangaufwärts der Straße abgewandt stehender Stämmling dieser Esche abgebrochen war. Baumkontrolleure der beklagten Stadt hatten im August 2015 und im April 2016 jeweils nach einer Sichtprüfung festgestellt, dass der Baum morsch war und Pilzbefall hatte. Die Esche sollte deshalb spätestens Ende Januar 2017 gefällt werden. Der Kläger wirft der Stadt vor, nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen zu haben, um Gefahren durch einen Abbruch des Stämmlings zu vermeiden. Deshalb habe dieser auf seinen Porsche stürzen und ihn beschädigen können. Die beklagte Stadt sei ihm gegenüber daher verpflichtet, Schadenersatz von mehr als 50.000 Euro zu zahlen (v. a. Reparaturkosten, Nutzungsausfallentschädigung). Das LG Essen hatte dem Kläger Schadenersatz von rund 47.500 Euro zugesprochen. Die Berufung der beklagten Stadt war nur zum Teil erfolgreich. Das OLG: Zur Abwehr der von Straßenbäumen ausgehenden Gefahren müssten die Maßnahmen getroffen werden, die einerseits zum Schutz gegen Astbruch und Umsturz erforderlich seien, andererseits unter Berücksichtigung des umfangreichen Baumbestands der Städte und Gemeinden diesen auch zumutbar seien. Schon aus ökologischen Gründen sei eine vorsorgliche Entfernung sämtlicher Bäume aus der Nähe von Straßen und Gehwegen nicht zu rechtfertigen. Gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstünden, sondern auf Gegebenheiten oder Gewalten der Natur beruhten, müssten als unvermeidbar hingenommen werden. Dennoch dürften Anzeichen nicht übersehen werden, die nach der Erfahrung auf eine weitere Gefahr durch den Baum hinweisen würden. Vor diesem Hintergrund seien die bloßen Sichtkontrollen durch die Baumkontrolleure der beklagten Stadt unzureichend gewesen. Bei den von ihnen festgestellten Defektsymptomen und Krankheitsanzeichen des Baums wären weitergehende Untersuchungen unter Zuhilfenahme eines Sondierstabs erforderlich gewesen. Hierdurch hätte die Ursache für das Abbrechen beider Stämmlinge, nämlich eine fortgeschrittene Fäulnisbildung, festgestellt werden müssen, woraufhin die unverzügliche Fällung des Baumes innerhalb der nächsten 14 Tage hätte angeordnet werden müssen. Dann wäre es nicht mehr dazu gekommen, dass der Stämmling auf den Porsche hätte stürzen können. Dem Kläger stünde allerdings der Höhe nach nur ein Anspruch auf Schadenersatz von gut 38.000 Euro zu, weil der vom LG zugesprochene Schadensbetrag wegen der von seinem zum Schadenszeitpunkt im Betrieb befindlichen Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr um 20 Prozent zu mindern sei. Das Urteil ist rechtskräftig. Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 30.10.2020, 11 U 34/20, PM vom 28.1.2021 Abschließende HinweiseBerechnung der Verzugszinsen| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. | Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2021 bis zum 30. Juni 2021 beträgt -0,88 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:
Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).
Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 04/2021| Im Monat April 2021 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: | Steuertermine (Fälligkeit):
Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen. Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 15.4.2021. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt. Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit): Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat April 2021 am 28.4.2021. |