News 3/2021



Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 03-2021:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und WEG

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

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Arbeitsrecht

Betriebsänderung: In diesem Fall gibt es auch bei Eigenkündigung eine Abfindung

| Scheiden anlässlich einer Betriebsänderung Arbeitnehmer durch Eigenkündigung aus dem Unternehmen aus, sind sie wie die von betriebsbedingten Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer abfindungsberechtigt. Voraussetzung: Die Eigenkündigung wurde durch den Arbeitgeber veranlasst. So hat es das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg entschieden. |

Dies ist nach dem Urteil der Fall, wenn der Arbeitgeber bei dem Arbeitnehmer im Hinblick auf eine konkret geplante Betriebsänderung die berechtigte Annahme hervorgerufen hat, mit der Eigenkündigung komme er einer sonst notwendig bevorstehenden betriebsbedingten Kündigung zuvor. Aber Achtung: Beweisen muss das der Arbeitnehmer.

Quelle | LAG Nürnberg, Urteil vom 27.10.2020, 7 Sa 157/20, Abruf-Nr. 219767 unter www.iww.de

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Diebstahl am Arbeitsplatz: Kündigung wegen einem Liter Desinfektionsmittel rechtmäßig

| Eine Kündigungsschutzklage haben sowohl das Arbeitsgericht (AG) als auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf abgewiesen. Die Entwendung von Desinfektionsmittel und Papierhandtüchern führte im vorliegenden Fall zu einer berechtigten fristlosen Kündigung. |

Sachverhalt

Der Kläger war seit 2004 bei einem Paketzustellunternehmen, der Beklagten, als Be- und Entlader sowie Wäscher für die Fahrzeuge beschäftigt. Bei einer stichprobenartigen Ausfahrtkontrolle fand der Werkschutz im Kofferraum des Klägers eine nicht angebrochene Plastikflasche mit einem Liter Desinfektionsmittel und eine Handtuchrolle (Wert: ca. 40 Euro). Es kam damals bei der beklagten Arbeitgeberin immer wieder vor, dass Desinfektionsmittel entwendet wurde. Der Betriebsrat stimmte der fristlosen Kündigung des Klägers zu, die die Beklagte dann aussprach. Die Kündigungsschutzklage des Klägers hatte keinen Erfolg.

So argumentierte der Arbeitnehmer

Er habe sich während der Arbeit jede Stunde zu seinem Fahrzeug begeben, um die Hände zu desinfizieren und abzutrocknen, behauptete der Kläger. Er habe das Mittel für sich und eventuell seine Kollegen verwenden wollen, zumal dieses in den Waschräumen nicht immer verfügbar gewesen sei. Bei der Ausfahrt habe er an die Sachen im Kofferraum nicht mehr gedacht. Er müsse kein Desinfektionsmittel stehlen, weil seine Frau in der Pflege arbeite und die Familie über sie ausreichend versorgt sei.

Arbeitgeberin untersagte Mitnahme von Desinfektionsmittel

Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe dem Werkschutz gesagt, dass er das Desinfektionsmittel habe mitnehmen dürfen, um sich unterwegs die Hände zu desinfizieren. Sie habe jedoch mit Aushängen im Sanitärbereich darauf hingewiesen, dass das Mitnehmen von Desinfektionsmitteln eine fristlose Kündigung und Anzeige zur Folge habe.

Fristlose Kündigung: Wichtiger Grund lag vor

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat, wie bereits das Arbeitsgericht, die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Es liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vor. Die Einlassungen des Klägers sind nicht glaubhaft. Die Kammer geht davon aus, dass der Kläger sich das Desinfektionsmittel angeeignet hat, um es selbst zu verbrauchen. Wenn er es während der Schicht habe benutzen wollen, hätte es nahegelegen, das Desinfektionsmittel auf den Materialwagen am Arbeitsplatz zu stellen, zumal in der Nacht nur sechs bis sieben Kollegen arbeiteten. Es ist zudem nicht nachvollziehbar, dass er das Desinfektionsmittel auch für die Kollegen verwenden wollte, denn weder hatte er ihnen gesagt, wo er das Desinfektionsmittel aufbewahrt, noch ihnen den Autoschlüssel gegeben, damit sie es benutzen können. Schließlich war die aufgefundene Flasche nicht angebrochen.

Trotz der langen Beschäftigungszeit war keine vorherige Abmahnung erforderlich. Der Kläger hat in einer Zeit der Pandemie, als Desinfektionsmittel Mangelware war und in Kenntnis davon, dass auch die Beklagte mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hatte, eine nicht geringe Menge Desinfektionsmittel entwendet. Damit hat er zugleich in Kauf genommen, dass seine Kollegen leer ausgingen. Daher musste ihm klar sein, dass er mit der Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährdete.

Das LAG hat die Revision nicht zugelassen.

Quelle | LAG Düsseldorf, Urteil vom 14.1.2021, 5 Sa 483/20, PM vom 14.1.2021

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Urlaubsabgeltung: Urlaubsansprüche verfallen auch bei Dienstunfähigkeit

| Der Urlaubsanspruch verfällt, wenn er über einen zu langen Zeitraum nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahrs nicht genommen wird. Ein unbegrenztes Sammeln von Urlaubsansprüchen ist nicht möglich. Zu diesem Schluss kommt das Verwaltungsgericht (VG) Trier. |

Der Kläger, ein Beamter, war aufgrund eines Dienstunfalls seit Ende Januar 2017 dienstunfähig krank. 2019 wurde er vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Anschließend beantragte er, seinen Resturlaub finanziell abzugelten. Dies lehnte der beklagte Dienstherr für 2017 ab. Der Urlaubsanspruch sei verfallen. Der Kläger meinte hingegen, nach dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gelte dies nur, wenn der Beklagte ihn auf die Folgen fehlender Urlaubsanträge bei dauerhafter Erkrankung hingewiesen hätte, was nicht geschehen sei. Das sah das VG jedoch anders.

Der Urlaubsanspruch des Klägers sei verfallen und zwar auch nach der Rechtsprechung des EuGH , wenn er über einen zu langen Zeitraum nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahrs nicht genommen werde. Es gäbe, so das VG, kein Recht auf unbegrenztes Sammeln von Urlaubsansprüchen. Werde eine gewisse zeitliche Grenze überschritten, habe der Jahresurlaub keine positive (Erholungs-)Wirkung mehr für den Beschäftigten.

Auch die mangelnde Aufklärung durch den Beklagten ändere nichts am Verfall des Urlaubs. Denn nicht diese habe den Kläger daran gehindert, Urlaub zu nehmen, sondern allein dessen Krankheit. Dieser Grundsatz gelte auch für die Zeit der Wiedereingliederungsmaßnahme.

Quelle | VG Trier, Urteil vom 8.12.2020, 7 K 2761/20.TR

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Stellenausschreibung: Alterseinschränkung für persönliche Assistentin einer schwerbehinderten Frau

| Eine Stellenausschreibung benachteiligt eine Bewerberin um eine Anstellung als „Persönliche Assistentin“ einer schwerbehinderten Frau zwar wegen ihres Alters, wenn ein bestimmtes Alter gewünscht und genannt wird. Die hohen beruflichen Anforderungen der Tätigkeit rechtfertigen dies aber. So hat es das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln entschieden. |

Sachverhalt

Die Beklagte ist ein Assistenzdienst, der behinderte Menschen in allen Belangen rund um das Thema „Persönliche Assistenz“ unterstützt. Durch „Persönliche Assistenten“ sollen Menschen mit Behinderungen ihr Leben selbstbestimmt leben, unabhängig von ihren körperlichen, geistigen und/oder seelischen Einschränkungen. Die Beklagte berät diese von der Beantragung des Budgets bis hin zur Bewilligung durch den Kostenträger. Ferner steht sie ihnen bei der Mitarbeitersuche zur Seite. Dies betrifft unterschiedliche Dienste, wie etwa Arbeitsassistenz, Alltagsassistenz, Freizeitassistenz, Elternassistenz, Studienassistenz oder auch 24-Stunden-Assistenz. Im Rahmen der Unterstützung bei der Mitarbeitersuche betreibt die Beklagte als Stellenmarkt auch ein Internetportal. Die behinderten Menschen können dort ein Stellenangebot inserieren. Die Beklagte stellt ihnen vorab einen Fragebogen zur Verfügung, in dem sie Wünsche im Hinblick auf die Person des Assistenten angeben können, wie etwa Geschlecht oder Alter. Bei erfolgreicher Vermittlung schließen die behinderten Menschen einen Dienstleistungsvertrag und die Assistenzperson einen Arbeitsvertrag mit der Beklagten. Im August 2018 bewarb sich die Klägerin auf eine Stellenausschreibung im o. g. Internetportal der Beklagten. Hierin suchte eine 28jährige schwerbehinderte Studentin eine „Persönliche Assistentin“ in allen Lebensbereichen des Alltags, die am besten zwischen 18 und 30 Jahre alt sein sollte. Die Beklagte wies die Bewerbung der 50 Jahre alten Klägerin mit der Begründung zurück, sie habe sich aufgrund der hohen Anzahl von Bewerbern für einen anderen Bewerber entschieden.

So entschied das Arbeitsgericht

Das Arbeitsgericht (ArbG) hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin eine Entschädigung in Höhe eines potenziellen Bruttomonatsengelts von 1.770 Euro zu zahlen. Denn durch die Stellenausschreibung werde die Klägerin wegen ihres Alters ungerechtfertigt benachteiligt. Das Alter stelle keine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die Assistenz eines behinderten Menschen dar. Die Beklagte könne sich nicht auf das Selbstbestimmungsrecht des behinderten Menschen berufen, denn dessen Selbstbestimmungsrecht werde nicht berührt. Bei persönlichen Assistenzleistungen komme es in erster Linie auf die vom Alter unabhängige zwischenmenschliche Beziehung und Empathie an.

Andere Sichtweise der höheren Instanz

Das sah das LAG anders. Zwar benachteilige die Stellenausschreibung die Klägerin wegen ihres Alters. Dies sei hier aber aufgrund der beruflichen Anforderungen der Tätigkeit der persönlichen Assistenz gerechtfertigt. Die Beklagte verfolge mit der Anstellung „Persönlicher Assistenten“, deren Anforderungsprofil individuell von dem behinderten Menschen vorgegeben wird und deren Beschäftigung zur Erfüllung dieser Vorgaben erfolgt, auch sozialpolitische Ziele, die im Allgemeininteresse liegen. Die Realisierung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung liegt im Allgemeininteresse. Assistenzleistungen sind ein vom Gesetzgeber anerkanntes Mittel zur Verwirklichung des sozialpolitischen Ziels. Das Instrument der „Persönlichen Assistenz“ ist ein angemessenes und erforderliches Mittel zur Realisierung des Ziels, das die Klägerin nicht übermäßig benachteiligt, da ihr die Beschäftigung in anderen Formen der Assistenz verbleibt.

Quelle | LAG Köln, Urteil vom 27.5.2020, 11 Sa 284/19, Abruf-Nr. 218706 unter www.iww.de

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Baurecht

Architektenhonorar: Vortrag vor Gericht muss schon in der ersten Instanz passen

| Um eine Honorarforderung vor Gericht durchzusetzen oder Schadenersatzansprüche abzuwehren, müssen Architekten ihre Sachargumente in der ersten Instanz vollständig vortragen. Es gilt, von Anfang an sämtliche Argumente und Leistungen schlüssig darzulegen. Die Folge: Vergisst der Architekt etwas und verliert er den Prozess in der ersten Instanz, kann er den entsprechenden Sachvortrag in der nächsten Instanz so gut wie nie nachholen. |

Diese Rechtslage hat das Oberlandesgericht (OLG) München bestätigt. Eine Berufung setzt im Regelfall nämlich voraus, dass sie Aussicht auf Erfolg hat, in der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung vorliegt, die Fortbildung des Rechts gefördert wird und sie eine einheitliche Rechtsprechung unterstützt.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle | OLG München, Beschluss vom 20.9.2019, 28 U 2914/17, Abruf-Nr. 220008 unter www.iww.de

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Bauüberwachungspflicht: Abdichtungsmängel: Architekt haftet

| Kommt ein Architekt, der mit der Bauaufsicht beauftragt wurde, Überwachungspflichten nicht hinreichend nach, gilt: Er kann für Feuchtigkeitsschäden haften, die durch unsachgemäßes Verschweißen von Bitumenbahnen entstanden sind. Das hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) München entschieden. |

Das OLG hebt hervor: Abdichtungsarbeiten sind besonders gefahrgeneigte Arbeiten. Kommt es bei derartigen Arbeiten zu Ausführungsmängeln, spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Architekt seine Bauüberwachungspflicht verletzt hat. Dies gelte, obwohl Abdichtungsarbeiten eine handwerkliche Selbstverständlichkeit sind. Denn sie sind für den Erfolg des Gesamtwerks mitentscheidend. Folglich kann vom Architekten erwartet werden, dass er diese Arbeiten (hier: Schweißarbeiten) kontrolliert.

Quelle | OLG München, Endurteil vom 20.1.2021, 20 U 2534/20 Bau

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Architektenhonorar: Wird die Rechnungsstellung aufgeschoben, kann der Architektenvertrag nichtig werden

| Vereinbaren Architekten mit ihrem Auftraggeber einen Aufschub bei der Rechnungsstellung, kann das zur Nichtigkeit des Vertrags führen. Der Architekt verliert nicht nur seinen Honoraranspruch, sondern macht sich auch der Schwarzarbeit strafbar. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf einem Architekten ins Stammbuch geschrieben. |

Das sagt das Steuerrecht

Das Umsatzsteuergesetz schreibt vor: Führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung zu stellen. Damit gilt auch für planerische Leistungen eines Architekten für Umbau und Neubau die Pflicht, eine Rechnung innerhalb von sechs Monaten zu erteilen.

Der Fall des Oberlandesgerichts

Im Fall des OLG Düsseldorf war der Auftraggeber des Architekten ein Investor, der selbst Bauleistungen erbrachte. Im Prozessverlauf stellte sich heraus: Es war vereinbart, dass der Auftraggeber die Planungsleistungen zum einen durch anteilige Honorarzahlung und zum zweiten durch die unentgeltliche Erbringung von Bauleistungen für das Privathaus des Architekten vergüten werde. Diese Gegenleistung erfolgte nicht, weil man sich vorher zerstritten und der Investor den Vertrag gekündigt hatte. Folglich so das Gericht hatte also erst die Kündigung eine Rechnungsstellung veranlasst. Hätte es die Kündigung nicht gegeben, hätte der Architekt keine Rechnung gestellt.

Leistungen außerhalb der steuerlichen Rechtsordnung

Für das OLG war klar: Die o. g. Verabredung und der zeitliche Abstand von Leistungserbringung und Schlussrechnungen (mehr als die o. g. sechs Monate) waren Beleg dafür, dass die Leistungen außerhalb der steuerlichen Rechtsordnung hätten belassen werden sollen. Damit lag dann Schwarzarbeit vor.

OLG: Klare Regeln

Entsprechend klar stellte das OLG folgende Regeln auf:

1. Erbringt ein Architekt planerische Leistungen für einen Um- und Neubau, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen.

2. Stellt der Architekt keine Rechnung aus oder vereinbaren die Parteien einen Aufschub der Rechnungsstellung, ist der Architektenvertrag nichtig.

3. Sprechen mehrere Indizien für Schwarzarbeit, genügt es nicht, wenn eine oder beide Parteien die Vereinbarung von Schwarzarbeit schlicht leugnen. Die Häufung von Indizien kann vielmehr dazu Anlass geben, automatisch einen Verstoß gegen das Schwarzarbeitsverbot anzunehmen.

Quelle | OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2020, 22 U 73/20, Abruf-Nr. 220009 unter www.iww.de

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Familien- und Erbrecht

Revisionsurteil: Werbung für Schwangerschaftsabbruch: Verurteilung rechtskräftig

| Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. hat die Revision einer Ärztin verworfen, die auf ihrer Website nicht nur darüber informiert hatte, dass Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt würden, sondern auch ausführliche Informationen über das „Wie“ veröffentlicht hatte. Damit könne sie sich nicht auf eine an sich mögliche Ausnahme von der Strafbarkeit berufen. |

Die Angeklagte betreibt in Gießen eine Arztpraxis. Sie führt dort Schwangerschaftsabbrüche durch. Über ihre Tätigkeit informiert sie auf ihrer Website. Im November 2017 ist sie vom Amtsgericht (AG) Gießen wegen Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das LG Gießen verwarf ihre Berufung gegen dieses Urteil. Die hiergegen eingelegte Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung unter Hinweis auf die inzwischen geänderte Gesetzeslage. Das LG hat daraufhin das angefochtene Urteil geändert und die Angeklagte zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 100 EUR verurteilt. Das Urteil enthält umfangreiche Feststellungen zum Internetauftritt der Angeklagten.

Das OLG hat die hiergegen eingelegte Revision der Angeklagten verworfen. Die Angeklagte habe auf ihrer Website über eine eigene Schaltfläche offeriert, in ihrer Praxis Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen und die hierfür verwendeten Methoden sowie den konkreten Ablauf erläutert. Dies erfülle objektiv die Voraussetzungen des Anbietens von Diensten zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen. Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise anzunehmende Straffreiheit lägen hier nicht vor.

Quelle | OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 22.12.2020, 1 Ss 96/20; PM Nr. 4/21 vom 19.1.2021

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Mitwirkungspflichten: Jobcenter hat Anspruch auf Kenntnis des Namens des Kindesvaters einer Leistungsbezieherin

| Beim Bezug von Sozialleistungen muss eine hilfebedürftige Alleinerziehende dem Jobcenter im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten den Namen des ihr bekannten Kindesvaters nennen, damit mögliche Unterhaltsansprüche realisiert werden können. Dem steht weder das Persönlichkeitsrecht noch eine eingegangene Verpflichtung der alleinerziehenden Kindesmutter entgegen, den Namen des Vaters nicht zu nennen. So sieht es das Sozialgericht (SG) Gießen. |

Darum ging es

Streitig war die Höhe von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, insbesondere die Anrechnung von Unterhaltsleistungen. Die 1971 geborene alleinerziehende Klägerin steht beim beklagten Jobcenter im Leistungsbezug. Mit Bescheid versagte dieses die Leistungen ab August 2019 teilweise monatlich und legte der Berechnung hierbei einen Unterhaltsanspruch des 2007 geborenen Sohnes der Klägerin nach der Düsseldorfer Tabelle gegen den Kindesvater zugrunde. Ihr Widerspruch blieb erfolglos.

Klage war teilweise erfolgreich

Fiktive Unterhaltszahlungen sind auf den Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen, solange die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten durch das Nennen des Kindesvaters nicht nachkommt. Das Jobcenter habe, so das SG, zu Recht die Leistungen teilweise versagt. Darüber hinaus habe die Klägerin auch kein Recht, die Auskunft über den Namen des leiblichen Vaters ihres Sohnes zu verweigern. Es bestehe kein überragend schützenwertes Interesse der Klägerin an der Verweigerung der Vaterschaftsauskunft, das die hochrangigen Kindesinteressen, die Interessen des leiblichen Vaters sowie die gesetzlich ausdrücklich geschützten fiskalischen Interessen der nur behelfsmäßig zahlungspflichtigen staatlichen Gemeinschaft deutlich überwiegen würde.

Gleichwohl könne das Jobcenter, wie hier geschehen, nicht von der höchsten Stufe 10 der Düsseldorfer Tabelle (Nettoeinkommen 5.101 bis 5.500 Euro monatlich) bei der Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen ausgehen. Abzustellen sei vielmehr auf den durchschnittlichen Nettoarbeitslohn eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers, sodass Stufe 2 der Düsseldorfer Tabelle (Nettoeinkommen zwischen 1.901 und 2.300 Euro monatlich) zugrunde zu legen sei. Statt des vom Jobcenter angerechneten fiktiven Unterhalts sei daher ein geringerer monatlicher Betrag anzurechnen.

Quelle | SG Gießen, Gerichtsbescheid vom 4.12.20, S 29 AS 700/19

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Erbrecht: Testamentarischer Ausschluss aller Verwandten aus der Erbfolge

| Dass ein Erblasser Verwandte aus der Erbfolge ausschließt, ist keine Seltenheit. Doch wie ist es rechtlich zu beurteilen, wenn er die gesamte Verwandtschaft ausschließt? Ist seinem Willen buchstäblich zu folgen? Oder lässt die Formulierung Interpretationsspielraum zu? Hierzu hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart jetzt entschieden. |

Die Erblasserin hatte in ihrem Testament „alle Verwandten und angeheirateten Verwandten“ von der Erbschaft ausgeschlossen. Diese seien „mitleidlos gegenüber unserem Vertreibungsschicksal gewesen“. Und weiter: „Wir wurden von den Verwandten lächerlich gemacht! Das tut sehr weh!“.

Trotz dieser klaren Worte beantragte der Bruder der Erblasserin das alleinige Erbe. Das Land Baden-Württemberg vertrat allerdings die Ansicht, das Erbe falle an den Staat, denn die Verwandten seien ja komplett als Erben ausgeschlossen worden.

Nein sagt das OLG. Zwar könne ein Erblasser durchaus alle Verwandten von der Erbschaft ausschließen. Er müsse dann auch nicht weitere Erben nennen. In solchen Fällen müsse aber die Formulierung stets im Zusammenhang mit dem gesamten Testament gesehen werden auch wenn sie eigentlich klar und eindeutig scheint. „Was wollte der Erblasser mit seinen Worten sagen?“ Diese Frage stehe im Vordergrund, so das OLG. Der wirkliche Wille gehe dem buchstäblichen vor.

Dem im Testament wiedergegebenen Motiv der Erblasserin für den Ausschluss „der Verwandten“ lässt sich nach Ansicht des OLG entnehmen, dass die Erblasserin mit diesem Personenkreis ihren Bruder nicht mitumfasst wissen wollte. Im Testament unterscheidet die Erblasserin den mit „wir“ beschriebenen Personenkreis von dem der „Verwandten“. „Verwandte“ sind diejenigen, die sich nach Vorstellung der Erblasserin nicht hinreichend empathisch mit dem Vertriebenenschicksal gezeigt haben. „Wir“ umfasst diejenigen, die dieses Schicksal innerhalb der Familie selbst erlitten haben. Die Differenzierung nach diesen Personengruppen zeigt sich deutlich in dem Satz „Wir wurden von den Verwandten lächerlich gemacht!“ Dass die Erblasserin den Bruder nicht zu „den Verwandten“, sondern zu dem in der ersten Person Plural umschriebenen Personenkreis zählte, wird im Satz „Unser Leben ist eine offene Wunde sagte unsere leidgeprüfte tapfer geduldige Mutter!“ deutlich.

Zwar konnte bei der so vorgenommenen Auslegung die von der Erblasserin getroffene Regelung kaum praktisch relevant werden. Denn der Bruder wäre als einziger gesetzlicher Erbe der zweiten Ordnung auch ohne die Verfügung Alleinerbe geworden. Die Ausschlussregelung hätte im Fall seines Vorversterbens oder für den Fall seiner Erbschaftsausschlagung aber dennoch Bedeutung erlangen können. Ebenso ist denkbar, dass die Erblasserin bei der Regelung von der irrigen Vorstellung ausging, dass die genannten Verwandten neben dem Bruder primär zu Erben berufen sein könnten.

Letztlich wollte das OLG auch nicht ausschließen, dass die Erblasserin schlicht das von ihr empfundene Unrecht im Wege des Testaments noch einmal ausdrücklich betonen wollte, auch wenn sich die getroffene Regelung auf die erbrechtlichen Folgen ihres Ablebens nicht auswirken sollte.

Quelle | OLG Stuttgart, Beschluss vom 23.11.2020, 8 W 359/20

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Unterhaltsleitlinien: Beinahe alle OLG haben ihre Leitlinien aktualisiert

| Zum 1.1.21 ist die Düsseldorfer Tabelle geändert worden. Die meisten Oberlandesgerichte haben ihre unterhaltsrechtlichen Leitlinien angepasst. Die folgende Übersicht zeigt, wo Sie diese abrufen können: |

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Mietrecht und WEG

WEG: Anspruch auf Teilnahme an der Eigentümerversammlung auch in Corona-Zeiten?

| Haben Eigentümer einen Anspruch auf persönliche Teilnahme an Eigentümerversammlungen auch während der Corona-Pandemie? Ja, sagt eindeutig das Landgericht (LG) Frankfurt a. M. Es sei aber auch nicht zu beanstanden, wenn der Verwalter in der Einladung Vertretungsmöglichkeiten bewerbe und sich bei der Größe des angemieteten Saals an der zu erwartenden Teilnehmerzahl orientiere. |

Es darf allerdings nicht dazu kommen, dass nur die Teilnahme einzelner Personen gewährleistet ist oder direkt zu einer Vertreterversammlung geladen wird. Denn die Eigentümer haben nicht nur das Recht, ihren Willen durch Abstimmungsverhalten auszudrücken, sondern auch, durch Wortmeldungen auf der Versammlung die Mehrheit in Richtung der von ihnen gewünschten Willensbildung zu beeinflussen. Die Teilnahme an einer Versammlung ist ein elementares Kernrecht der Eigentümer.

Quelle | LG Frankfurt a. M., Urteil vom 17.12.2020, 2-13 S 108/20, Abruf-Nr. 220398 unter www.iww.de

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Schadenersatz: Nichträumung durch den Untermieter

| Gibt ein Untermieter nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses über eine Wohnung und Räumung durch den Hauptmieter die untergemieteten Wohnräume an den Eigentümer nicht heraus und wird ihm eine gerichtliche Räumungsfrist gewährt, kann der Eigentümer von ihm Schadenersatz verlangen, und zwar in Höhe der vom Hauptmieter bei Nichträumung geschuldeten Nutzungsentschädigung für die ganze Wohnung. So hat es nun der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. |

Der BGH: Für den Vermieter wäre es unzumutbar, wenn die dem in der Wohnung verbliebenen Untermieter gewährte Räumungsfrist dazu führte, dass er trotz Vorenthaltung der gesamten Wohnung eine Nutzungsentschädigung nur in Höhe des Untermietzinses bzw. der ortsüblichen Miete für die untervermieteten Teile der Wohnung erhielte. Er stünde dann schlechter als im Verhältnis zum Hauptmieter, der während der Räumungsfrist die Nutzungsentschädigung in voller Höhe schuldet.

Quelle | BGH, Urteil vom 11.12.2020, V ZR 26/20, Abruf-Nr. 219828 unter www.iww.de

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Eigenbedarfskündigung: Wie lange muss der Vermieter den Mieter auf den Wegfall des Eigenbedarfs hinweisen?

| Hat der Vermieter das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs gekündigt, muss er den Mieter wenn er ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vermeiden will auf einen späteren Wegfall des Eigenbedarfs bis zum Ablauf der Kündigungsfrist hinweisen. Das hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. |

Aber Achtung: Dieser Zeitpunkt ist für das Bestehen einer Hinweispflicht grundsätzlich auch maßgebend, wenn die Parteien in einem (gerichtlichen) Räumungsvergleich einen späteren Auszugstermin des Mieters vereinbaren. Der BGH lehnt also eine nachvertragliche Hinweispflicht des Vermieters ab. Er begründet dies mit Grundsätzen der Rechtssicherheit und eines effektiven Rechtsschutzes.

Darüber hinaus hat der BGH noch klargestellt: Der ersatzfähige (Kündigungsfolge-)Schaden eines Mieters nach einer unberechtigten Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter umfasst nicht die zum Zwecke des Eigentumserwerbs einer Wohnung angefallenen Maklerkosten. Das Landgericht (LG) hatte das noch anders gesehen und dem Mieter auch die Maklerkosten zugesprochen. Doch der BGH lehnte dies auch in einer Entscheidung vom gleichen Tag in einer anderen Sache ab.

Quelle | BGH, Urteil vom 9.12.2020, VIII ZR 238/18, Abruf-Nr. 219860 unter www.iww.de

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Mietvertrag: Immer wieder Ärger bei Flächenabweichungen „nach unten“

| Weicht die im Mietvertrag ausgewiesene Fläche der Wohnung oder der Gewerbeimmobilie von den tatsächlichen Gegebenheiten ab, kommt es oft zu gerichtlichen Auseinandersetzungen der Mietvertragsparteien bis hin zu den höchsten Gerichten. Meist wollen die Mieter dann, dass die Miete an die tatsächliche Fläche angepasst wird. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun ein Machtwort für zwei in der Praxis häufige Konstellationen gesprochen. |

Unterschreitung der Fläche: Sachmangel

Der BGH hat zum einen klargestellt: Unterschreitet die vertraglich vereinbarte Fläche die dem Mieter vom Vermieter tatsächlich überlassene, stellt dies einen Sachmangel der Mietsache dar. Dies gilt auch dann, wenn die Flächendifferenz die Folge von nach Abschluss des Mietvertrags erfolgten Umbauarbeiten ist, durch die diese Fläche dem angrenzenden Mietobjekt zugeschlagen worden ist.

Mietminderung mit Darlegungspflicht

Zum anderen hat der BGH entschieden: Weist bei der Miete von Geschäftsräumen die Mietfläche eine Größe auf, die um weniger als 10 Prozent unter der im Mietvertrag vereinbarten Fläche zurückbleibt, ist eine Mietminderung zwar grundsätzlich möglich. Der Mieter muss in diesem Fall jedoch konkret darlegen und gegebenenfalls auch beweisen, dass durch die Flächenabweichung der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt wird.

Quelle | BGH, Urteil vom 25.11.2020, XII ZR 40/19, Abruf-Nr. 219836 unter www.iww.de

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Verbraucherrecht

Vertragsrecht: Wenn die Bank den Darlehensvertrag unberechtigt kündigt …

| Eine Bank, die einen Darlehensvertrag unberechtigterweise kündigt, verletzt ihre vertraglichen Pflichten. Sie muss dem Darlehensnehmer den hieraus entstehenden Schaden ersetzen. So hat es das Landgericht (LG) Bonn jetzt entschieden. |

Die Bank hatte wegen der angeblichen Verschlechterung der Einkommensverhältnisse des Darlehensnehmers das Darlehen gekündigt. Doch das stimmte nicht. Sie muss dem Darlehensnehmer nun die kündigungsbedingten Anwaltskosten und die Abschlusskosten für den darlehensabsichernden Bausparvertrag erstatten. Der Darlehensnehmer muss sich nicht einmal die ersparten Zinsen anrechnen lassen. Der Deckungsdarlehensvertrag wurde nämlich niedriger verzinst.

Das LG: Die Bank genügt ihren Pflichten nicht, wenn sie den Kündigungsgrund nur auf Plausibilität prüft. Sie muss vielmehr vollständig prüfen und alle Erkenntnisquellen ausschöpfen. Ist der Kündigungsgrund also falsch, wird auf das Verschulden der Bank geschlossen.

Quelle | LG Bonn, Urteil vom 17.9.2020, 19 O 251/19, Abruf-Nr. 219864 unter www.iww.de

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Corona-Pandemie: Hunde dürfen weiter frisiert werden

| Viele Menschen warten nach der fortdauernden Schließung im Friseurhandwerk darauf, dass sie ab dem 1. März 2021 endlich wieder einen akkuraten Haarschnitt erhalten dürfen. Neid auf Vierbeiner könnte die folgende Entscheidung auslösen: Die Ausübung der beruflichen Tätigkeit als Hundefriseurin in einem Hundesalon ist nicht durch die Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7.1.2021 verboten. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Münster jetzt festgestellt. |

Mit dem Beschluss hat das Gericht dem Eilantrag einer Hundefriseurin aus Emsdetten stattgegeben. Die Stadt Emsdetten hatte der Antragstellerin am 17.12.2020 auf Anfrage mitgeteilt, nach den Regelungen des neuerlichen Lockdowns, nach denen das öffentliche Leben bis auf die Versorgung mit Lebensmitteln und wichtigen Gütern des täglichen Bedarfs praktisch komplett herunterzufahren sei, sei der Hundefriseursalon der Antragstellerin vorläufig bis zum 10.1.2021 zu schließen. Hiergegen hatte sich die Antragstellerin mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an das VG gewandt.

Das Gericht gab dem Antrag nun mit der Begründung statt: Die Coronaschutzverordnung auch in der zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Fassung vom 7.1.2021 verbiete die Ausübung der beruflichen Tätigkeit der Antragstellerin nicht. Hiernach seien Dienstleistungen und Handwerksleistungen untersagt, bei denen ein Mindestabstand von 1,5 Metern zum Kunden nicht eingehalten werden könne, insbesondere Friseurdienstleistung, Gesichtsbehandlung, Kosmetik, Nagelpflege, Maniküre, Massage, Tätowieren und Piercen. Im Übrigen blieben Einrichtungen des Handwerks und des Dienstleistungsgewerbes geöffnet, z. B. Reinigungen, Waschsalons, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten und Autovermietung. Die Antragstellerin biete als Hundefriseurin Dienst- bzw. Handwerksleistungen an. Der Mindestabstand von 1,5 Metern zum Kunden werde nach deren Angaben eingehalten. Danach werde der Hund des Kunden unter Wahrung eines Abstands von 1,5 Metern an der Tür in Empfang genommen und das Entgelt in einer vor dem Haus auf einer Bank liegenden Dose deponiert, wobei sich einzelne Kunden nicht begegneten.

Soweit in der Coronaschutzverordnung exemplarisch aufgeführt sei, dass Friseurdienstleistungen untersagt seien, beziehe sich dies allein auf Friseurdienstleistungen, die an Menschen erbracht würden. Dies werde durch den Vergleich zu den ebenfalls aufgeführten Beispielen in der Verordnung bestätigt, wonach z. B. Kfz- und Fahrradwerkstätten geöffnet blieben. Auch hier komme es notwendigerweise zu einem Kontakt zwischen Dienstleister bzw. Handwerker und Kunde, wobei aber bei der Übergabe der zu reparierenden Sache die Unterschreitung eines Abstands von 1,5 Metern zur Erfüllung der Dienstleistung nicht erforderlich sei. Ebenso verhalte es sich bei der Übergabe eines Hundes zu Zwecken des Frisierens und Krallenschneidens.

Quelle | VG Münster, Beschluss vom 11.1.2021, 5 L 7/21; PM vom 13.1.2021

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Ausbildungsförderung: Arbeitslosengeld II für behinderten Teilzeit-Studenten

| Ein Teilzeitstudium ist nicht nach dem BAföG förderungsfähig. Denn es nimmt die Arbeitskraft des Studierenden nicht voll in Anspruch. Teilzeit-Studierende können aber Arbeitslosengeld II beanspruchen. Dies entschied jetzt das Landessozialgericht (LSG) Darmstadt. |

Behinderter Teilzeit-Student beantragt Arbeitslosengeld II

Ein 1978 geborener und an Epilepsie erkrankter Mann studierte ab dem Jahr 2012 Theologie. Er brach dieses Studiums wieder ab und nahm im Jahr 2018 ein Studium der Geschichts- und Kulturwissenschaften auf. Die Universität gewährte dem Studenten aufgrund seiner chronischen Erkrankung ein Studium in Teilzeit.

Sein BAföG-Antrag wurde im Februar 2020 wegen des Fachrichtungswechsels abgelehnt. Daraufhin lehnte das Jobcenter den Antrag des Studenten auf Arbeitslosengeld II ab.

Teilzeit-Studierende ohne BAföG nicht von Arbeitslosengeld II ausgeschlossen

Das LSG verurteilte das Jobcenter im Wege der einstweiligen Anordnung, dem Studenten Arbeitslosengeld II zu gewähren. Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig sei, hätten über die Leistungen nach dem SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Die gesetzliche Regelung bezwecke, dass Ausbildungsförderung nur über das dafür vorgesehene System (BAföG) gewährleistet werde. Ein Teilzeitstudium sei nach dem BAföG jedoch nicht förderungswürdig, weil es die Arbeitskraft des Studierenden nicht voll in Anspruch nehme. Sogenannte Hartz IV-Leistungen seien in diesen Fällen nicht ausgeschlossen.

Ob in Teilzeit studiert werde, sei für das jeweilige Semester zu entscheiden und richte sich nicht nach den Verhältnissen der gesamten Ausbildung.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Quelle | LSG Hessen, Beschluss vom 15.12.2020, L 9 AS 535/20 B ER; PM Nr. 1/21 vom 12.1.2021

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Corona-Pandemie: Wenn Reisender und Reiseveranstalter vom Vertrag zurücktreten …

| Das Amtsgericht (AG) Stuttgart hat sich kürzlich mit der Rückerstattung des Reisepreises für eine COVID-19-bedingt stornierte Reise auseinandergesetzt. Zunächst hatte die Reisende die Reise abgesagt, nachdem die Pandemie im Reiseland ausgebrochen war. Daher berechnete das Reisebüro Stornogebühren. Als später eine allgemeine Reisewarnung ausgesprochen wurde, sagte der Reiseveranstalter seinerseits ab, bestand aber auf die Stornogebühr. Das lehnte das AG Stuttgart ab. |

Das AG sprach Klartext: Tritt der Reiseveranstalter berechtigt vom Vertrag zurück, entfällt sein Vergütungsanspruch. Das gilt unabhängig davon, ob sich der Reisende bei seinem vorherigen Rücktritt berechtigterweise auf unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände berufen hatte.

Quelle | AG Stuttgart, Urteil vom 23.10.2020, 3 C 2852/20, Abruf-Nr. 219862 unter www.iww.de

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Schadenersatz: Schutzpflichten von Pflegeheimen gegenüber demenzkranken Bewohnern

| Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt entschieden: Ein an Demenz erkrankter Pflegeheimbewohner darf bei erkannter oder erkennbarer Selbstschädigungsgefahr nicht in einem im Obergeschoss gelegenen Wohnraum mit leicht zugänglichen und einfach zu öffnenden Fenstern untergebracht werden. |

Das war geschehen

Die Klägerin nimmt die Beklagte, die ein Alten- und Pflegeheim betreibt, auf Zahlung von Schmerzensgeld in Anspruch. Der Ehemann der Klägerin lebte seit Februar 2014 in dem Pflegeheim. Er war hochgradig dement und litt unter Gedächtnisstörungen sowie psychisch-motorischer Unruhe. Zudem war er örtlich, zeitlich, räumlich und situativ sowie zeitweise zur Person desorientiert. Die Notwendigkeit besonderer Betreuung bestand wegen Lauftendenz, Selbstgefährdung, nächtlicher Unruhe und Sinnestäuschungen.

Die Beklagte brachte ihn in einem Zimmer im dritten Obergeschoss (Dachgeschoss) unter, das über zwei große Dachfenster verfügte, die gegen unbeaufsichtigtes Öffnen nicht gesichert waren. Der Abstand zwischen Fußboden und Fenstern betrug 120 Zentimeter. Vor den Fenstern befanden sich ein 40 Zentimeter hoher Heizkörper sowie in 70 Zentimeter Höhe eine Fensterbank, über die man gleichsam stufenweise zur Fensteröffnung gelangen konnte. Im Juli 2014 stürzte der Heimbewohner aus einem der beiden Fenster. Dabei erlitt er schwere Verletzungen, an denen er trotz mehrerer Operationen und Heilbehandlungen im Oktober 2014 verstarb.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte habe geeignete Schutzmaßnahmen zur Verhinderung des Fenstersturzes unterlassen. Es hätten zwingende Anhaltspunkte für eine Selbstgefährdung vorgelegen. Ihr Ehemann sei gerade aufgrund seiner Demenz im Pflegeheim der Beklagten untergebracht worden. Daher stelle die Unterbringung im dritten Obergeschoss in einem Zimmer, dessen Fenster leicht zu öffnen gewesen seien, eine erhebliche Pflichtverletzung dar.

Bisheriger Prozessverlauf

Das Landgericht (LG) hat die auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes von mindestens 50.000 Euro gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg gehabt. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) war nicht erwiesen, dass die Beklagte ihre vertraglichen Obhutspflichten oder die allgemeine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. Der Sturz habe sich im normalen, alltäglichen Gefahrenbereich ereignet, der der jeweils eigenverantwortlichen Risikosphäre des Geschädigten zuzurechnen sei. Vorkehrungen gegen das Hinausklettern des Bewohners über das Fenster hätten nur getroffen werden müssen, wenn mit einer solchen Selbstgefährdung wegen seiner Verfassung und seines Verhaltens (ernsthaft) hätte gerechnet werden müssen. Hierfür fehlten hinreichende Anhaltspunkte. Sein geistiger Zustand und das daraus resultierende inadäquate Verhalten hätten es nicht erforderlich gemacht, Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich der Fenster zu ergreifen.

Entscheidung des BGH

Der BGH hat der Revision der Klägerin stattgegeben und die Sache an das OLG zurückverwiesen. Der Heimbetreiber hat die Pflicht, unter Wahrung der Würde und des Selbstbestimmungsrechts der ihm anvertrauten Bewohner, diese vor Gefahren zu schützen, die sie nicht beherrschen. Welchen konkreten Inhalt die Pflicht hat, einerseits die Menschenwürde und das Freiheitsrecht eines körperlich oder geistig beeinträchtigten Heimbewohners zu achten und andererseits sein Leben und seine körperliche Unversehrtheit zu schützen, kann nicht generell, sondern nur aufgrund einer Abwägung sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalls entschieden werden. Maßgebend ist, ob wegen der Verfassung des pflegebedürftigen Bewohners ernsthaft damit gerechnet werden musste, dass er sich ohne Sicherungsmaßnahmen selbst schädigen könnte. Dabei muss allerdings auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass bereits eine Gefahr, deren Verwirklichung nicht sehr wahrscheinlich ist, aber zu besonders schweren Folgen führen kann, geeignet ist, Sicherungspflichten des Heimträgers zu begründen.

Daher darf bei erkannter oder erkennbarer Selbstschädigungsgefahr ein an Demenz erkrankter Heimbewohner, bei dem unkontrollierte und unkalkulierbare Handlungen jederzeit möglich sind, nicht in einem zumal im Obergeschoss gelegenen Wohnraum mit unproblematisch erreichbaren und einfach zu öffnenden Fenstern untergebracht werden. Ohne konkrete Anhaltspunkte für eine Selbstgefährdung besteht hingegen keine Pflicht zu vorbeugenden Sicherungsmaßnahmen.

Die Sichtweise des OLG, die Beklagte und das betreuende Pflegepersonal hätten Vorkehrungen gegen ein Heraussteigen des Bewohners aus einem der Fenster seines Heimzimmers für entbehrlich halten dürfen, ist unvollständig und somit rechtsfehlerhaft, so der BGH. Denn es hat für die o. g. Abwägungsentscheidung wesentliche Gesichtspunkte nicht berücksichtigt.

Bei dem Bewohner lagen schon zu Beginn seines Aufenthalts im Pflegeheim der Beklagten schwere Demenzerscheinungen vor, wie oben beschrieben. Da die leicht zu öffnenden, nicht gesicherten Fenster in dem Zimmer des Bewohners über den davor befindlichen Heizkörper und das Fensterbrett gleichsam treppenartig erreicht werden konnten, war es ohne Weiteres möglich, zur Fensteröffnung zu gelangen und nach draußen auf eine 60 Zentimeter tiefe horizontale Dachfläche zu treten. Bei dieser Sachlage konnten unkontrollierte und unkalkulierbare selbstschädigende Handlungen infolge von Desorientierung und Sinnestäuschungen nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, wobei auch ein Verlassen des Zimmers über ein leicht zugängliches, möglicherweise sogar geöffnetes Fenster in Betracht gezogen werden musste. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob ein solcher Unglückfall nahelag, da auch eine Gefahr, deren Verwirklichung nicht sehr wahrscheinlich ist, aber zu besonders schweren Folgen führen kann, Sicherungspflichten des Heimträgers auslösen kann. Dies hat das OLG übersehen.

Im neuen Verfahren wird das Berufungsgericht ggf. sachverständig beraten im Rahmen einer medizinischen Risikoprognose das gesamte Krankheitsbild des Bewohners und insbesondere seine durch ausgeprägte Demenzerscheinungen gekennzeichnete geistige und körperliche Verfassung sorgfältig bewerten müssen.

Quelle | BGH, Urteil vom 14.1.2021, III ZR 168/19; PM Nr. 7/21 vom 14.1.2021

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Verkehrsrecht

Bußgeldverfahren: Besser kein Handy zwischen Ohr und Schulter

| Die Nutzung eines zwischen Ohr und Schulter eingeklemmten Mobiltelefons während der Fahrt kann ein Bußgeld nach sich ziehen. Dies hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschieden. |

Auf einem im Rahmen einer Geschwindigkeitsmessung aufgenommenen Messfoto war zu erkennen, dass die Fahrzeugführerin ein Mobiltelefon zwischen der Schulter und dem Kopf eingeklemmt hatte. Sie hatte im gerichtlichen Verfahren auch eingeräumt, dass sie dieses zum Telefonieren genutzt habe. Sie habe aber das Telefon bereits vor Fahrtantritt in der abgebildeten Haltung gehabt und war der Auffassung, dass es sich hierbei nicht um ein „Halten“ im Sinne der Verordnung handele, da dieses ein Halten in der Hand voraussetzte. Gleichwohl war sie vom Amtsgericht (AG) zu einem Bußgeld verurteilt worden, wogegen sie sich mit der Rechtsbeschwerde zur Wehr setzen wollte.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das OLG ausgeführt: Sprachlich setze das „Halten“ eines Gegenstands nicht notwendig die Benutzung der Hände voraus. Das Bußgeld stehe auch mit dem Zweck der Verordnung in Einklang: In dem Einklemmen des Mobiltelefons liege ein erhebliches Gefährdungspotenzial, weil das Risiko bestehe, dass das Mobiltelefon sich aus seiner „Halterung“ lösen könne und den Fahrer dann zu unwillkürlichen Reaktionen verleite, um zu verhindern, dass es etwa im Fußraum des Fahrzeugs unauffindbar wird. Bereits um diesem Risiko entgegenzuwirken, werde der Fahrer einen ansonsten dem Verkehrsgeschehen zuzuwendenden Teil seiner Aufmerksamkeit seinem Mobiltelefon schenken. Dieser Umstand unterscheide eine solche Nutzung eines Mobiltelefons auch von der mittels einer Freisprecheinrichtung, bei der sich der Fahrer um die Stabilität der Halterung regelmäßig keine Gedanken machen müsse.

Quelle | OLG Köln, Beschluss vom 4.12.2020, III-1 RBs 347/20; PM vom 20.1.2021

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Hinterbliebenengeld: Auf konkrete gesundheitliche Auswirkungen kommt es nicht an

| Mit dem Berechnungsansatz von Hinterbliebenengeld nach einem Verkehrsunfalltod hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz befasst. Es stellt klar: Hinterbliebenengeld ist kein Ausgleich für den Verlust eines Lebens, sondern eine Entschädigung für die Trauer und das seelische Leid, den dieser auslöst. |

Das war geschehen

Der Kläger hatte wegen des Unfalltods seines Sohnes den Unfallgegner sowie den Halter und die Haftpflichtversicherung des unfallbeteiligten Fahrzeugs auf Zahlung von Hinterbliebenengeld in Anspruch genommen. Dabei hatte er ein hälftiges Mitverschulden seines Sohnes am Zustandekommen des Unfalls eingeräumt. Die Haftpflichtversicherung zahlte unter Berücksichtigung einer Mitverschuldensquote von 50 Prozent ein Hinterbliebenengeld in Höhe von 3.750 Euro. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, das Hinterbliebenengeld sei höher anzusetzen und die Zahlung von weiteren 8.750 Euro geltend gemacht.

Das entschied die Vorinstanz

Das Landgericht (LG) sah einen Zahlungsanspruch von lediglich weiteren 750 Euro, mithin ein Hinterbliebenengeld in Höhe von insgesamt 4.500 Euro (50 Prozent von 9.000 Euro). Hierbei orientierte es sich daran, dass der Gesetzgeber in seiner Kostenschätzung von einer durchschnittlichen Entschädigung in Höhe von 10.000 Euro ausgegangen sei und bemaß den konkreten Betrag ähnlich einem Schmerzensgeld.

Das entschied das Oberlandesgericht

Das OLG Koblenz hat diesen Berechnungsansatz bestätigt und eine Berufung des Klägers daher für nicht erfolgversprechend eingeschätzt. Seine Begründung: Was der Verlust eines Menschen für seine Hinterbliebenen bedeutet, kann nicht in Geld bemessen werden. Das Hinterbliebenengeld ist daher auch kein Ausgleich für den Verlust eines Lebens. Es ist vielmehr eine Entschädigung für die Trauer und das seelische Leid, die durch den Verlust eines besonders nahestehenden Menschen ausgelöst werden.

10.000 Euro als Richtschnur

Für die Höhe des Hinterbliebenengeldes ist weder eine feste Ober- noch eine feste Untergrenze vorgegeben. Eine Orientierungshilfe bietet jedoch die im Gesetzgebungsverfahren vorgenommene Kostenschätzung, bei der ein durchschnittlicher Entschädigungsbetrag von 10.000 Euro zugrunde gelegt wurde. Ausgehend hiervon wird die konkrete Höhe des Hinterbliebenengeldes im Einzelfall nach denselben Grundsätzen bestimmt, die bei der Bemessung eines Schmerzensgeldes, das wegen des Todes eines nahen Angehörigen zu zahlen ist, gelten.

Schmerzensgeld geht vor

Es ist aber zu berücksichtigen, dass das Hinterbliebenengeld gegenüber einem Anspruch auf Schmerzensgeld nachrangig ist und die Fälle abdeckt, in denen die Trauer und das seelische Leid bei dem Hinterbliebenen nicht zu einer gesundheitlichen Beeinträchtigung wie sie Voraussetzung für die Geltendmachung eines Schmerzensgeldes ist geführt haben. Das Hinterbliebenengeld wird daher im Regelfall nicht die Höhe eines Schmerzensgeldes erreichen.

Quelle | OLG Koblenz, Beschluss vom 31.8.2020, 12 U 870/20; PM vom 13.1.2021

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Schadenersatz: Mietwagenkosten auch ohne Ersatzbeschaffung

| Auch wenn der Geschädigte nach dem Unfall mit Totalschaden keinen anderen Pkw kauft, muss der Versicherer die Mietwagenkosten erstatten, soweit er den Verzicht auf ein Ersatzfahrzeug sinnvoll erklären kann. Es kann nicht daraus geschlossen werden, dass ein Nutzungswille fehlt, entschied jetzt das Amtsgericht (AG) Bochum. |

Der Unfall hatte dazu geführt, dass der (ältere) Geschädigte sich nach und nach im Straßenverkehr nicht mehr sicher fühlte. Daraufhin gab er das Autofahren auf. Bereits das Nutzen des Mietwagens zeige aber, so das AG, dass der Geschädigte ursprünglich einen Nutzungswillen hatte.

Quelle | AG Bochum, Urteil vom 19.11.2020, 45 C 139/20, Abruf-Nr. 219355 unter www.iww.de

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Stadt Berlin: Vorerst kein Rückbau von Pop-up-Radwegen

| Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat entschieden: Die temporären Radfahrstreifen (sog. Pop-up-Radwege) im Berliner Stadtgebiet müssen vorerst nicht zurückgebaut werden. Damit hat es auf die Beschwerde des Landes Berlin den Beschluss des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin vom 4.9.2020 aufgehoben, dessen Vollziehung bereits im Oktober 2020 vorläufig ausgesetzt worden war. |

Voraussetzungen für die Anordnung von Radwegen

Das VG hatte dem Antrag eines Verkehrsteilnehmers auf Beseitigung der Radfahrstreifen stattgegeben, weil die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz die Voraussetzungen für die Einrichtung der Verkehrsanlagen nicht hinreichend dargelegt hatte. Radwege dürften nur dort angeordnet werden, wo Verkehrssicherheit, Verkehrsbelastung und/oder der Verkehrsablauf ganz konkret auf eine Gefahrenlage hinwiesen und die Anordnung damit zwingend erforderlich sei. Im Beschwerdeverfahren hat die zuständige Senatsverwaltung erstmals die erforderliche Gefahrenprognose durch Verkehrszählungen, Unfallstatistiken u.ä. belegt sowie die straßenverkehrsbehördlichen Anordnungen durch verkehrsbezogene Ermessenserwägungen ergänzt.

Sicherheitsgründe: Trennung von Rad- und Kraftfahrzeugverkehr

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das OVG u.a. ausgeführt: Unter Berücksichtigung der nun vorgelegten Unterlagen sei der Beschluss des VG mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Ergebnis fehlerhaft. Der Antragsgegner habe jetzt zutreffend auf die Kriterien der Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen abgestellt, um die Gefahrenlagen anhand der jeweils ermittelten Verkehrsstärken im Verhältnis zu den gefahrenen Geschwindigkeiten beurteilen zu können. Danach seien die maßgeblichen Straßenzüge überwiegend den Belastungsbereichen III oder IV zuzuordnen, bei denen eine Trennung des Radverkehrs vom Kraftfahrzeugverkehr aus Sicherheitsgründen gefordert sei. Dieser öffentliche Belang überwiege die privaten Interessen des Antragstellers.

Minimale Fahrzeitverlängerung eines Autofahrers

Als eigenen Belang habe er nur pauschal geltend gemacht, sich wegen Staus nicht wie gewohnt durch die Stadt bewegen zu können. Die von ihm zum Nachweis der behaupteten Fahrzeitverlängerung im Beschwerdeverfahren nachgereichten Zahlen bezögen sich auf das gesamte Land Berlin und das Jahr 2019. Sie seien daher bereits im Ansatz ungeeignet, Stauzeiten durch die erst im Frühjahr 2020 angelegten Radfahrstreifen auf den hier maßgeblichen Straßenabschnitten zu belegen. Nach den vom Antragsgegner für die konkreten Straßenabschnitte eingereichten Unterlagen verlängerten sich die Fahrtzeiten nur minimal. Dies sei vom Antragsteller bis zur Entscheidung über seine Klage hinzunehmen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Quelle | OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6.1.2021, OVG 1 S 115/20; PM 1/21 vom 6.1.2021

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Abschließende Hinweise

Berechnung der Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2021 bis zum 30. Juni 2021 beträgt -0,88 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,12 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,12 Prozent

Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).

Übersicht / Basiszinssätze

Zeitraum

Zinssatz

01.07.2020 bis 31.12.2020

-0,88 Prozent

01.01.2020 bis 30.06.2020

-0,88 Prozent

01.07.2019 bis 31.12.2019

-0,88 Prozent

01.01.2019 bis 30.06.2019

-0,88 Prozent

01.07.2018 bis 31.12.2018

-0,88 Prozent

01.01.2018 bis 30.06.2018

-0,88 Prozent

01.07.2017 bis 31.12.2017

-0,88 Prozent

01.01.2017 bis 30.06.2017

-0,88 Prozent

01.07.2016 bis 31.12.2016

-0,88 Prozent

01.01.2016 bis 30.06.2016

-0,83 Prozent

01.07.2015 bis 31.12.2015

-0,83 Prozent

01.01.2015 bis 30.06.2015

-0,83 Prozent

01.07.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

01.01.2014 bis 30.06.2014

-0,63 Prozent

01.07.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

01.01.2013 bis 30.06.2013

-0,13 Prozent

01.07.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

01.01.2012 bis 30.06.2012

0,12 Prozent

01.07.2011 bis 31.12.2011

0,37 Prozent

01.01.2011 bis 30.06.2011

0,12 Prozent

01.07 2010 bis 31.12.2010

0,12 Prozent

01.01.2010 bis 30.06.2010

0,12 Prozent

01.07 2009 bis 31.12.2009

0,12 Prozent

01.01.2009 bis 30.06.2009

1,62 Prozent

01.07.2008 bis 31.12.2008

3,19 Prozent

01.01.2008 bis 30.06.2008

3,32 Prozent

01.07.2007 bis 31.12.2007

3,19 Prozent

01.01.2007 bis 30.06.2007

2,70 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 03/2021

| Im Monat März 2021 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 10.3.2021
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 10.3.2021
  • Einkommensteuer (vierteljährlich): 10.3.2021
  • Kirchensteuer (vierteljährlich): 10.3.2021
  • Körperschaftsteuer (vierteljährlich): 10.3.2021

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 15.3.2021. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden

Monats fällig, für den Beitragsmonat März 2021 am 29.3.2021.

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Würtemberger und Leßmann . Rechtsanwaltskanzlei . Pirnaer Straße 20 . 68309 Mannheim