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News 06/2019Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 06-2019:Arbeitsrecht
Baurecht
Familien- und Erbrecht
Mietrecht und WEG
Verbraucherrecht
Verkehrsrecht
Abschließende HinweiseArbeitsrechtProbezeit: Zehn weitverbreitete Mythen zur Probezeit| Um die Probezeit ranken sich einige Mythen, die oft einen Kern arbeitsrechtlicher Wahrheit in sich bergen. Was Sie zur Probezeit und den mit ihr verbundenen Konsequenzen für das Arbeitsverhältnis wissen müssen, klärt der vorliegende Beitrag. | Mythos 1: Während der Probezeit darf es keine Befristung geben Auch während des Laufs der Probezeit kann eine Befristung vereinbart werden. Die Erprobung ist als Sachgrund gesetzlich anerkannt. Ihre Dauer darf aber nicht unangemessen lang sein. Dies bedeutet, dass nur die zur Erprobung notwendige Dauer vereinbart werden darf. Wie aus der gesetzgeberischen Wertung hervorgeht, darf dabei die Dauer von sechs Monaten nicht überschritten werden. Mythos 2: Die Probezeit ist gesetzlich vorgeschrieben Die Probezeit ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Es gibt aber gesetzliche Vorgaben zu ihrer Ausgestaltung. So darf sie sechs Monate nicht überschreiten (§ 622 Abs. 3 BGB). Das KSchG ist erst nach sechs Monaten anwendbar. In Ausbildungsverhältnissen muss nach § 20 BBiG die Probezeit mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate dauern. Mythos 3: Die Kündigung in der Probezeit ist stets möglich Während der ersten sechs Monate benötigt der Arbeitgeber keinen Kündigungsgrund. Es gilt der Grundsatz der Kündigungsfreiheit. Erst dann ist der Arbeitnehmer in Betrieben, die regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen, durch das KSchG geschützt. Gleichwohl sind zum Beispiel Schwangere, unabhängig von der Vereinbarung einer Probezeit, vom ersten Tag der Beschäftigung an vor einer Kündigung geschützt. Für schwerbehinderte und gleichgestellte Arbeitnehmer gilt der besondere Kündigungsschutz aber erst nach sechs Monaten. Mythos 4: In der Probezeit darf kein Urlaub genommen werden Richtig ist, dass der volle Urlaubsanspruch erstmals nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben wird. Aber in jedem Monat wird ein Zwölftel des Jahresurlaubs erworben, den der Arbeitnehmer in Absprache mit dem Arbeitgeber auch während der Probezeit nehmen kann. Manche Arbeitgeber sind sogar froh darüber, wenn sich nicht der gesamte Jahresurlaub auf die Zeit nach der Probezeit verlagert. Mythos 5: Eine Kündigungsschutzklage in der Probezeit ist erfolglos Generell hat der Arbeitnehmer, der während der Probezeit gekündigt wird, wegen der Unanwendbarkeit des KSchG schlechtere Karten im Kündigungsschutzprozess. Aber auch während der Probezeit kann eine unterbliebene oder fehlerhafte Betriebsratsanhörung oder eine falsche bzw. fehlende Unterschrift unter dem Kündigungsschreiben die Kündigung unwirksam machen und damit zum Erfolg der Klage führen. Mythos 6: Am besten verhält man sich während der Probezeit ruhig Das ist im Prinzip – oft auch nach Ablauf der Probezeit – nicht völlig verkehrt. Um sich auf den neuen Arbeitsplatz einzustellen, kann es darüber hinaus sinnvoll sein, sich die Namen und Funktionen der neuen Kollegen, Merkhilfen oder Fragen zu Betriebsabläufen zu notieren und nach Feierabend kurz Revue passieren zu lassen. Echtes Interesse an der Arbeit und am Team werden in der Regel positiv bewertet und helfen, die Probezeit zu überstehen. Mythos 7: Probezeit verlängert sich bei AU oder Urlaub des Arbeitnehmers Das Wichtigste vorab: Weder Urlaub noch Krankheit verlängern automatisch die vereinbarte Probezeit. Eine Verlängerung über sechs Monate hinaus ist auch bei einvernehmlicher Vereinbarung unwirksam. Möchte man schon im ersten Monat einen einwöchigen Urlaub nehmen, so muss man dies mit dem Arbeitgeber absprechen. Auch der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht schon in der Probezeit, allerdings nicht in den ersten vier Wochen des Arbeitsverhältnisses. In den ersten vier Wochen gibt es nur einen Anspruch auf Krankengeld von der Krankenkasse. Mythos 8: Probezeit-Arbeitnehmer dürfen sich zur Betriebsratswahl aufstellen lassen Für die Wahl des Betriebsrats ist keine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit notwendig. Arbeitnehmer des Betriebs sind ab dem ersten Tag wahlberechtigt, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben (Aktives Wahlrecht). Etwas anderes gilt für Leih-Arbeitnehmer. Diese dürfen nur wählen, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden. Innerhalb der Probezeit dürfen sich Arbeitnehmer aber nicht zur Wahl stellen (Passives Wahlrecht). Das Recht, in den Betriebsrat gewählt zu werden, haben Arbeitnehmer, die dem Betrieb sechs Monate angehören. Mythos 9: Bei Leih-Arbeitnehmern gibt es keine Probezeit Der Einsatz von Leih-Arbeitnehmern erfolgt aufgrund eines Überlassungsvertrags, der zwischen dem Verleiher und dem Entleiher geschlossen wird. Der Leih-Arbeitnehmer hat spätestens nach neun Monaten Anspruch auf das gleiche Entgelt wie die Stammbelegschaft, Tarifverträge können hiervon abweichen. Mythos 10: Probezeit bei demselben Arbeitgeber geht nicht Die Vereinbarung einer Probezeit bei demselben Arbeitgeber ist nur möglich, wenn sich die Tätigkeit so wesentlich von der vorherigen unterscheidet, dass die Erprobung erforderlich ist. Bildungsurlaub: Auch Yoga kann Bildung sein| Ein Yogakurs kann unter bestimmten Voraussetzungen Bildungsurlaub rechtfertigen. | Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschieden und einen Anspruch eines Arbeitnehmers auf Bildungsurlaub für einen von der Volkshochschule angebotenen fünftägigen Kurs „Yoga I – erfolgreich und entspannt im Beruf mit Yoga und Meditation“ bejaht. Zur Begründung hat das LAG ausgeführt, der Kurs erfülle die Voraussetzungen gemäß § 1 Berliner Bildungsurlaubsgesetz. Es reiche aus, dass eine Veranstaltung entweder der politischen Bildung oder der beruflichen Weiterbildung diene. Der Begriff der beruflichen Weiterbildung sei nach der Gesetzesbegründung weit zu verstehen. Hiernach solle unter anderem Anpassungsfähigkeit und Selbstbehauptung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern unter den Bedingungen fortwährenden und sich beschleunigenden technischen und sozialen Wandels gefördert werden. Auch ein Yogakurs mit einem geeigneten didaktischen Konzept könne diese Voraussetzungen erfüllen. Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.4.2019, 10 Sa 2076/18, Abruf-Nr. 208587 unter www.iww.de. Arbeitsförderung: Fahrgastbegleiter mit Ein-Euro-Job hat keinen Anspruch auf Tariflohn| Ein kostenloser Fahrgastbegleitservice für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste im ÖPNV ist eine Zusatzarbeit im Sinne des SGB II. Wer dort im Ein-Euro-Job beschäftigt ist, kann keinen Tariflohn verlangen. | Das verdeutlicht eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen. Geklagt hatte ein ehemaliger Hartz-IV-Empfänger, der vom Jobcenter in eine Eingliederungsmaßnahme als Fahrgastbegleiter der Verkehrsbetriebe vermittelt wurde. Drei Jahre lang half er Senioren und Rollstuhlfahrern beim Einsteigen, unterstützte Eltern mit Kinderwagen und begleitete Patienten zum Arzt. Als er in einer Praxis den Werbeflyer eines Begleitdienstes fand, kamen ihm Zweifel, ob er wirklich eine Zusatzarbeit ausübt. Vom Jobcenter verlangte der Mann nun Tariflohn als Wertersatz für seine Arbeit. Nach seiner Ansicht erbringe der Verkehrsbetrieb eine kostenlose Leistung, die bei anderen Anbietern im Rahmen von Betreuungen oder Eingliederungsleistungen Geld koste. Hierdurch entstehe eine wettbewerbsverzerrende Konkurrenz, die auch noch intensiv beworben werde. Das LSG hat die Rechtsauffassung des Jobcenters bestätigt. Ein kostenloser Fahrgastbegleitservice für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste im ÖPNV sei eine Zusatzarbeit im Sinne des SGB II, soweit er nicht zum eigentlichen Leistungsspektrum des Personentransports gehöre. Dem stehe nicht entgegen, dass es bei dem Verkehrsbetrieb etwa 70 Fahrgastbegleiter gebe, für die Werbung gemacht werde. Das Gericht hat die Unternehmensstatistiken ausgewertet und sich entscheidend darauf gestützt, dass dem Unternehmen durch den kostenlosen Service keine Zusatzeinnahmen entstünden. Gemessen an 176 Mio. Fahrgästen pro Jahr könne aus mehreren Hundert Personenbegleitungen pro Monat kein ernsthaftes wirtschaftliches Interesse am Ticketverkauf folgen. Ebenso wenig bestehe ein Verdrängungspotential anderer Anbieter, die zumeist auch ganz andere Leistungen wie Individualbetreuung erbringen würden. Quelle | LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.12.2018, L 11 AS 109/16, Abruf-Nr. 208586 unter www.iww.de. BaurechtWerkvertragsrecht: BGH: Baubegleitende Qualitätskontrolle ist Werkvertrag| Die „baubegleitende Qualitätskontrolle“, die in den letzten Jahren in Mode gekommen ist, ist eine Leistung, die dem Werkvertragsrecht unterzuordnen ist. Sie birgt damit auch entsprechende Haftungsrisiken. | Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart im Einvernehmen mit dem Bundesgerichtshof (BGH) klargestellt. Im konkreten Fall war ein „Qualitätskontrolleur“ bei der Errichtung eines Bauwerks mit der Vornahme mehrerer „Audits“ und einer darauf beruhenden Zertifizierung beauftragt worden. OLG und BGH haben klargestellt, dass das als werkvertragliche Tätigkeit einzustufen ist. Sie birgt ein erhebliches Haftungsrisiko. Denn zum werkvertraglich geschuldeten Erfolg gehört mehr als nur eine stichprobenartige Qualitätskontrolle (womöglich noch mit vom Qualitätskontrolleur subjektiv ausgewählten Bauteilen). Als Vergleich ist die Bauüberwachung der Leistungsphase 8 zu nehmen. Diese Leistung ist auch als Werkvertrag eingestuft. Sie umfasst (aufwandsneutral) alle Leistungen, die im Überwachungsumfang enthalten sind. Quelle | OLG Stuttgart, Urteil vom 26.10.2017, 10 U 77/17, Abruf-Nr. 207941 unter www.iww.de, rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 21.11.2018, VII ZR 267/17, Abruf-Nr. 207787. Wettbewerbsrecht: Nur ein Architektenbüro darf mit „Architektur“ werben| Eine GmbH & Co. KG darf ihre Leistungen nur dann mit dem Hinweis „Architektur“ bewerben, wenn im Unternehmen mindestens eine Person angestellt ist, die in die Architektenliste eingetragen ist. Sonst ist die Werbung irreführend. | Das hat das Landgericht (LG) Arnsberg klargestellt. Im konkreten Fall hatte eine GmbH & Co. KG Leistungen auf ihrer Webseite mit „Architektur / Tragwerksplanung / Statik / Bauphysik“ beworben. Beim Geschäftsführer hieß es, dass er den Studiengang Bauingenieurwesen abgeschlossen habe. Das LG hielt die Werbung mit dem Wort „Architektur“ für irreführend, da im Unternehmen kein fest angestellter Architekt beschäftigt sei. Die geschützte Bezeichnung „Architekt“ werde bereits unbefugt geführt, wenn der unzutreffende Eindruck erweckt werde, dass der Betroffene als Architekt tätig sei. Im vorliegenden Fall sei dies durch den Text auf der Webseite geschehen, in dem die GmbH & Co. KG auf die Beratungsleistungen bei Fragen zu Architektur hinwies. Dadurch sei unbefangenen Verbrauchern vorgespiegelt worden, dass diese Dienstleistungen allesamt von der GmbH & Co. KG erbracht werden. Dies sei allerdings unzutreffend. Quelle | LG Arnsberg, Urteil vom 31.1.2019, I-8 O 95/18, Abruf-Nr. 207713 unter www.iww.de. Sachverständigentätigkeit: Professor kann staatlich anerkannter Bausachverständiger sein| In Nordrhein-Westfalen können auch Professoren staatlich anerkannte Bausachverständige sein. | Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen im Falle eines aus Niedersachsen stammenden Universitätsprofessors für Innovative Bauweisen und Baukonstruktion entschieden. Der Professor war von der zuständigen Ingenieurkammer in Düsseldorf bereits als Sachverständiger für die Prüfung der Standsicherheit anerkannt worden. Die Kammer hatte die Anerkennung jedoch zurückgenommen, nachdem ihr bewusst geworden war, dass der Professor nicht hauptberuflich als Sachverständiger tätig war. Diese Rücknahmeentscheidung hat das OVG jetzt aufgehoben. Die Richter haben zur Begründung ausgeführt, sie hätten in ihrer bisherigen Rechtsprechung für die staatliche Anerkennung eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit als Sachverständiger verlangt. Grundsätzlich gewährleiste nur diese Tätigkeit die vom Verordnungsgeber geforderte Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit. Bei einem Hochschullehrer, der seine wissenschaftlichen Aufgaben in seinem Hauptamt ebenfalls selbstständig und unabhängig wahrnehme, genüge es allerdings, wenn er die Sachverständigentätigkeit im Rahmen einer genehmigten Nebentätigkeit selbstständig und auf eigene Rechnung und Verantwortung ausübe und hieran durch seinen Hauptberuf nicht gehindert werde. Hierfür spreche sowohl die vom Verordnungsgeber gewählte Formulierung, die einer entsprechend gemeinten Begrifflichkeit im Baukammerngesetz NRW folge. Darüber hinaus habe bei der Änderung der Verordnung im Jahr 2009 die zwischen den Bauministerien der Länder abgestimmte Muster-Verordnung in Landesrecht umgesetzt werden sollen. Diese gehe gleichfalls davon aus, dass auch Hochschullehrer im Rahmen genehmigter Nebentätigkeiten eigenverantwortliche und unabhängige Sachverständigentätigkeiten ausüben könnten. Quelle | OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.11.2017, 4 A 2563/15, Abruf-Nr. 208585 unter www.iww.de. Bauüberwachung: Muss der Objektüberwacher ständig vor Ort sein?| Ein Architekt muss die Zuverlässigkeit und Qualität des ausführenden Unternehmers einschätzen. Er kann und muss prüfen, ob die Rahmenbedingungen und Grundvoraussetzungen vorliegen, dass das konkrete Gewerk mangelfrei ausgeführt wird. Er muss aber – vor allem bei einfachen Tätigkeiten – nicht ständig vor Ort sein. | Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Dresden für die Verlegung von Parkett entschieden. Das Urteil wird mit hoher Wahrscheinlichkeit Signalwirkung ausüben. Das liegt insbesondere daran, dass die Rechtsprechung bisher hohe Anforderungen an die Qualität der Bauüberwachung stellt. Diese stehen aber im krassen Widerspruch zu den Honoraren für die Leistungsphase 8 (vor allem für die Überwachung auf der Baustelle). Hier könnte folgende Aussage des OLG noch interessant sein: Die Leistungsphase 8 verpflichtet den Architekten, bei der bautechnischen Abnahme zugegen zu sein und in diesem Zeitpunkt erkennbare Mängel anzuzeigen. Er verletzt seine Kontroll- und Anzeigepflichten aber nicht, wenn diese Mängel für ihn zu dem Zeitpunkt nicht mehr erkennbar waren. Quelle | OLG Dresden, Urteil vom 25.1.2018, 10 U 780/17, Abruf-Nr. 207253 unter www.iww.de. Familien- und ErbrechtErbrecht: Erbscheinverfahren: Eidesstattliche Versicherung eines Vorsorgebevollmächtigten| Ist der Vertretene in einem Erbscheinverfahren nicht mehr in der Lage, eine eidesstattliche Versicherung abzugeben, kann sein gesetzlicher Vertreter, z. B. ein Betreuer, die Erklärung abgeben. Dies jedoch nur als eigene Erklärung und nicht für den Vertretenen. Dabei steht ein Vorsorgebevollmächtigter einem gesetzlichen Vertreter gleich. | So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Celle im Fall einer 95-jährigen Frau, die an Demenz erkrankt war. Sie war Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemanns geworden und wollte einen Erbschein beantragen. Dabei ließ sie sich durch einen mit notarieller General- und Vorsorgevollmacht versehenen Bevollmächtigten vertreten. Der Bevollmächtigte hat vor dem Nachlassgericht an Eides statt versichert, dass ihm nicht bekannt ist, was der Richtigkeit seiner zur Begründung des Erbscheinantrags gemachten Angaben entgegensteht. Das für die Entscheidung über den Erbscheinantrag zuständige Amtsgericht hat den Antrag auf Erteilung des Erbscheins mit der Begründung abgelehnt, der Bevollmächtigte sei zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung als gewillkürter Vertreter nicht berechtigt. Er sei nicht ausdrücklich dazu bevollmächtigt worden, sondern im Wege der Vorsorgevollmacht nur zur Vertretung in nicht-vermögensrechtlichen Angelegenheiten berechtigt, sofern eine Stellvertretung rechtlich zulässig ist. Das sei hinsichtlich der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nicht der Fall. Die eidesstattliche Versicherung könne nur von einem gesetzlichen Vertreter abgegeben werden, also einem Betreuer. Das sahen die Richter am OLG anders. Sie entschieden, dass der Bevollmächtigte berechtigt sei, die Richtigkeit der zur Begründung des Erbscheinantrags erforderlichen Angaben an Eides statt zu versichern. Der Bevollmächtigte stehe hier einem Betreuer gleich. Die notarielle General- und Vorsorgevollmacht berechtige ihn auch, die eidesstattliche Versicherung abzugeben. Dies werde durch deren Wortlaut gedeckt. Quelle | OLG Celle, Beschluss vom 20.6.2018, 6 W 78/18, Abruf-Nr. 202424 unter www.iww.de. Kindesunterhalt: Keine Verjährung von Unterhaltsansprüchen vor Vollendung des 21. Lebensjahres| Die Verjährung titulierter Kindesunterhaltsansprüche ist bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Berechtigten gehemmt. | So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. Die Richter wiesen darauf hin, dass die Ansprüche auch nicht verwirkt sind, wenn der Beistand des Berechtigten ausschließlich wegen fehlender Leistungsfähigkeit des Verpflichteten zwar von einer Vollstreckung absieht, aber stets zu erkennen gibt, dass das Kind an seinen Ansprüchen festhält. Das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment kann bei Ansprüchen auf Zahlung rückständigen Unterhalts gegeben sein, wenn der Gläubiger von einer erstmaligen gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche absieht, weil das Einkommen des Schuldners unter dem Selbstbehalt liegt. Das gilt aber nicht, wenn die Rückstände bereits tituliert sind. Quelle | OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 4.3.2019, 4 WF 170/18, Abruf-Nr. 208583 unter www.iww.de. Haftungsrecht: Kein Schadenersatzanspruch bei Lebenserhaltung durch künstliche Ernährung| Das menschliche Leben ist ein höchstrangiges Rechtsgut und absolut erhaltungswürdig. Deshalb hat ein Erbe keinen Schadenersatzanspruch, wenn ein bewegungs- und kommunikationsunfähiger Patient über Jahre künstlich ernährt wird. Das gilt zumindest für den Fall, dass keine Patientenverfügung besteht. | Diese Klarstellung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall eines dementen Patienten. Dieser war bewegungs- und kommunikationsunfähig. In den letzten beiden Jahren seines Lebens kamen Lungenentzündungen und eine Gallenblasenentzündung hinzu. Bis zu seinem Tod wurde er über mehrere Jahre mittels einer PEG-Magensonde künstlich ernährt. Der Mann hatte keine Patientenverfügung errichtet. Sein Wille hinsichtlich des Einsatzes lebenserhaltender Maßnahmen ließ sich auch nicht anderweitig feststellen. Es war damit nicht über die Fallgestaltung zu entscheiden, dass die künstliche Ernährung gegen den Willen des Betroffenen erfolgte. Sein Sohn hat nun den behandelnden Arzt verklagt. Er macht geltend, die künstliche Ernährung habe nur noch zu einer sinnlosen Verlängerung des krankheitsbedingten Leidens seines Vaters geführt. Der Arzt hätte daher das Therapieziel dahingehend ändern müssen, dass das Sterben des Patienten durch Beendigung der lebenserhaltenden Maßnahmen zugelassen werde. Der Sohn verlangt aus ererbtem Recht seines Vaters Schmerzensgeld sowie Ersatz für Behandlungs- und Pflegeaufwendungen. Der BGH wies die Klage ab. Der Sohn habe keinen Anspruch auf ein Schmerzensgeld. Es könne dahinstehen, ob der Arzt Pflichten verletzt habe. Denn jedenfalls fehlt es an einem immateriellen Schaden. Hier steht der durch die künstliche Ernährung ermöglichte Zustand des Weiterlebens mit krankheitsbedingten Leiden dem Zustand gegenüber, wie er bei Abbruch der künstlichen Ernährung eingetreten wäre, also dem Tod. Das menschliche Leben ist ein höchstrangiges Rechtsgut und absolut erhaltungswürdig. Das Urteil über seinen Wert steht keinem Dritten zu. Deshalb verbietet es sich, das Leben – auch ein leidensbehaftetes Weiterleben – als Schaden anzusehen (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Auch wenn ein Patient selbst sein Leben als lebensunwert erachten mag mit der Folge, dass eine lebenserhaltende Maßnahme gegen seinen Willen zu unterbleiben hat, verbietet die Verfassungsordnung aller staatlichen Gewalt einschließlich der Rechtsprechung ein solches Urteil über das Leben des betroffenen Patienten mit der Schlussfolgerung, dieses Leben sei ein Schaden. Dem Sohn steht auch kein Anspruch auf Ersatz der durch das Weiterleben des Patienten bedingten Behandlungs- und Pflegeaufwendungen zu. Schutzzweck etwaiger Aufklärungs- und Behandlungspflichten im Zusammenhang mit lebenserhaltenden Maßnahmen ist es nicht, wirtschaftliche Belastungen, die mit dem Weiterleben und den dem Leben anhaftenden krankheitsbedingten Leiden verbunden sind, zu verhindern. Insbesondere dienen diese Pflichten nicht dazu, den Erben das Vermögen des Patienten möglichst ungeschmälert zu erhalten. Quelle | BGH, Urteil vom 2.4.2019, VI ZR 13/18, Abruf-Nr. 208523 unter www.iww.de. Adoption: Vollständiger Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien ist verfassungswidrig| Der vollständige Ausschluss der Stiefkindadoption allein in nichtehelichen Familien verstößt gegen Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Es ist mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgebot nicht vereinbar, dass der Stiefelternteil in nichtehelichen Stiefkindfamilien die Kinder des anderen Elternteils nicht adoptieren kann, ohne dass die Verwandtschaft der Kinder zu diesem erlischt, wohingegen in einer ehelichen Familie ein solches Kind gemeinschaftliches Kind beider Eltern werden kann. | Dies hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) entschieden und die zugrunde liegenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches für verfassungswidrig erklärt. Gleichzeitig hat er dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31.3.2020 eine Neuregelung zu treffen. Die Richter haben ihre Entscheidung damit begründet, dass gegen die Stiefkindadoption vorgebrachte allgemeine Bedenken die Benachteiligung von Kindern in nichtehelichen Familien nicht rechtfertigen. Der Schutz des Stiefkinds vor einer nachteiligen Adoption lässt sich hinreichend wirksam auf andere Weise als den vollständigen Adoptionsausschluss sichern. Quelle | BVerfG, Beschluss vom 26.3.2019, 1 BvR 673/17, Abruf-Nr. 208649 unter www.iww.de. Mietrecht und WEGModernisierung: Rollläden müssen nach Balkonanbau wieder montiert werden| Baut der Vermieter einen Balkon an, ohne die Fassade zu dämmen, muss er die dafür demontierten Außenrollläden anschließend wieder anbringen. | Das folgt aus einer Entscheidung des Amtsgerichts München. In dem Fall hatte der Mieter der Modernisierung der Wohnung durch einen Balkonanbau nur unter der Bedingung zugestimmt, dass wieder ein Außenrollo angebracht werde. Der Vermieter lehnte dies ab und führte den angekündigten Balkonanbau gleichwohl durch. Statt eines Fensters mit Außenrollo verfügte die Wohnung nun über drei bodentief verglaste Elemente. Davon lässt sich ein Türelement kippen und zwei als Balkontür öffnen. Der Balkon hat eine Höhe von 80 cm und einen ebenfalls 80 cm hohen Sichtschutz. Eine Fassadendämmung erfolgte nicht. Der Mieter trägt vor, ohne Rollo bestehe eine erhöhte Einbruchsgefahr. Die Balkontüre könne nachts weder geöffnet noch gekippt werden. Sein Kind schlafe im zweiten Zimmer, er selbst im Wohnzimmer, das er nachts nicht belüften und über Innenrollos nur unzureichend verdunkeln könne. Außenrollos würden auch das Wärme- und Dämmverhalten im Sommer wie im Winter verbessern. Jeder der mindestens 1,70 cm groß sei, könne nun den Balkon und somit auch die Wohnung durch die Balkontüren einsehen. Ein nachträglicher Anbau sei ohne Weiteres möglich. Der Vermieter trägt vor, dass Jalousiekästen bei der Montage Schäden an der Fassade herbeiführen würden. Ein erhöhtes Einbruchrisiko werde bestritten: kein Einbrecher würde in einen Raum einbrechen, in dem eine Person schlafe. Die neuen vergrößerten Fenster würden zu einem erheblichen Lichtgewinn führen, seien energetisch überlegen und würden auch über einen viel besseren Einbruchschutz verfügen. Gleichzeitig seien Innenjalousien angebracht worden. Der zuständige Richter am Amtsgericht gab dem Mieter recht. Er verwies auf den vertragsgemäßen Zustand bei Abschluss des Mietvertrags. Der sehe vor, dass Außenrollläden an den Fenstern vorhanden seien. Der Vermieter müsse auch nach einer Modernisierung weiterhin den vertragskonformen Zustand aufrechterhalten. Damit korrespondiert im Bereich des Möglichen ein Anspruch des Mieters, dass die frühere Gebrauchstauglichkeit wiederhergestellt werde. Der Mieter habe ausdrücklich und unmissverständlich der Maßnahme nur unter der Bedingung zugestimmt, dass die Außenrollläden wieder angebracht werden. Das lässt keinen Raum für eine konkludente Vereinbarung dahingehend, dass er sich infolge der Duldung der Modernisierung auch mit dem Verlust der Außenrollläden abgefunden habe. Es besteht durch den angebrachten Balkon eine erhöhte Einbruchsgefahr. Das ist anhand der konkreten Ausführung des Balkons auch nachvollziehbar. Der Vermieter müsse dies ernst nehmen. Dass keine Einbrüche stattfinden, wenn Personen in Haus oder Wohnung sind, ist schlicht falsch. Die jetzige Fensterfront der Balkontüre ohne Außenrollladen fördert das Aufheizen der Wohnung im Sommer. Schließlich hat der Vermieter auch nicht vorgetragen, warum der Rollladenkasten nicht bündig mit dem Mauerwerk angebracht werden kann. Auch die Tatsachen, dass der Mieter nun einen Balkon und eine neue, moderne Balkontüre/Balkonfensterelement hat und damit sehr wohl eine Wohnwerterhöhung, ändern hieran nichts. Die Modernisierungsvorteile des Balkons verdrängen im konkreten Fall der Erdgeschosswohnung ohne Fassadendämmung die Nachteile nicht. Quelle | Amtsgericht München, Urteil vom 22.3.2019, 473 C 22571/18, Abruf-Nr. 208581 unter www.iww.de. Mietgebrauch: Miete einer Pferdebox: Wann liegt übermäßige Beanspruchung vor?| Für die Frage, ob die Tierhalterhaftpflichtversicherung eintritt, wenn ein Pferd ständig gegen die angemietete Box-Trennwand tritt und diese hierdurch beschädigt wird, ist zunächst zu prüfen, ob nach den Versicherungsbedingungen nicht ohnehin eine Einstandspflicht für Schäden an gemieteten Sachen ausgeschlossen ist. Des Weiteren ist zu prüfen, ob nach den Versicherungsbedingungen nicht Leistungsfreiheit besteht, weil eine „übermäßige Beanspruchung“ vorliegt. | Diese Entscheidung traf das Amtsgericht Kassel. Der Richter ging hier von einer solchen übermäßigen Beanspruchung und damit von einer Leistungsfreiheit des Versicherers aus. Das Pferd habe nämlich seit Beginn der Einstallung ein auffälliges Verhalten gezeigt. Es habe offensichtlich als Reaktion auf das benachbart eingestellte weitere Pferd andauernd gegen die Trennmauer getreten. So sei nach über einem Jahr der streitgegenständliche Schaden eingetreten. Quelle | Amtsgericht Kassel, Urteil vom 31.1.2019, 435 C 3646/18, Abruf-Nr. 208582 unter www.iww.de. Eigenbedarf: Alter allein schützt bereits vor Kündigung| Im Fall einer Eigenbedarfskündigung können Mieter vom Vermieter allein unter Berufung auf ihr hohes Lebensalter die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. | So entschied es das Landgericht (LG) Berlin im Fall eines Mieter-Ehepaars. Für das LG stand bereits deren hohes Alter (84 und 87 Jahre) der Eigenbedarfskündigung entgegen. Sie hätten sich berechtigt darauf berufen, dass der Verlust der Wohnung – unabhängig von gesundheitlichen und sonstigen Folgen – für Mieter hohen Alters eine „Härte“ im Sinne der mietrechtlichen Vorschriften bedeute. Ab welchem Alter sich Mieter auf den Härtegrund „hohes Alter“ berufen können, hat das LG dahinstehen lassen. Jedenfalls ist, wer zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung über 80 ist, nach allen in Betracht kommenden Beurteilungsmaßstäben „alt“. Auch nach Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters kommt das LG zu keinem anderen Ergebnis. Eine Interessenabwägung zugunsten des Vermieters komme grundsätzlich nur in Betracht, wenn er besonders gewichtige persönliche oder wirtschaftliche Nachteile für den Fall des Fortbestands des Mietverhältnisses geltend machen könne. Dies konnte der Vermieter hier nicht. Er wollte die Wohnung nicht ganzjährig nutzen. Es kam ihm nur auf einen reinen Komfortzuwachs an. Quelle | LG Berlin, Urteil vom 12.3.2019, 67 S 345/18, Abruf-Nr. 207717 unter www.iww.de. VerbraucherrechtHaftungsrecht: Geschenke müssen vor dem Öffnen nicht auf verborgene Gefahren untersucht werden| Ein Beschenkter darf grundsätzlich davon ausgehen, dass das ihm überreichte Geschenk kein Gefahrenpotential birgt, das sich bereits beim Öffnen der Verpackung realisieren kann. Geht von einem Geschenk nach seiner äußeren Verpackung auf den ersten Blick keine erkennbare Gefahr aus und besteht auch anderweitig kein Anhaltspunkt dafür, dass bereits das Öffnen des Geschenks gefährlich sein könnte, muss der Beschenkte die Verpackung vor dem Öffnen nicht auf Warnhinweise untersuchen. | Hierauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz im Fall eines Mannes hingewiesen, der zu seinem Geburtstag eine Feier veranstaltet hatte. Dort war auch der Geschädigte eingeladen. Der Gastgeber bekam von anderen Gästen ein Paket überreicht, in dem mehrere kleinere Päckchen in Konfetti und Papierschnipseln versteckt waren. Neben diversen ungefährlichen Geschenken enthielt das Paket auch fünf längliche Knallkörper. Einer davon wurde vom Gastgeber ausgelöst. Dabei ist streitig, wie es hierzu genau kam. Während der Geschädigte behauptet hat, der Gastgeber habe den Knallkörper bewusst ausgelöst, ohne sich zuvor den Warnhinweis auf der Verpackung durchzulesen, hat der Gastgeber vorgetragen, dass er das Geschenk als ungefährlich eingeschätzt und dieses lediglich mit einer Drehbewegung habe öffnen wollen. Dabei sei der Knallkörper ausgelöst worden. Der auf der Verpackung befindliche Warnhinweis sei durch seine Hand zufällig verdeckt gewesen. Ein Teil des Knallkörpers flog in das linke Auge des Geschädigten. Das führte zu einer Verletzung und letztlich zur Erblindung des Auges. Der Geschädigte hat den Gastgeber auf Schmerzensgeld und Schadenersatz verklagt.
Das Landgericht hatte eine Haftung des Gastgebers verneint. Ihm sei weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Es hat daher die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Geschädigten hat das OLG diese Entscheidung nun bestätigt. Ausgangspunkt seiner rechtlichen Bewertung ist die Darstellung des Gastgebers, wonach dieser von der Ungefährlichkeit des Geschenks ausgegangen sei. Er habe es lediglich öffnen wollen. Der Geschädigte sei den Beweis für seine hiervon abweichende Darstellung schuldig geblieben. Den Vortrag des Gastgebers zugrunde legend hat der Senat klargestellt, dass ein Beschenkter grundsätzlich davon ausgehen dürfe, dass das ihm überreichte Geschenk kein Gefahrenpotential berge, das sich bereits beim Öffnen der Verpackung realisieren kann. Eine Ausnahme gilt nur, wenn er hierauf eindeutig hingewiesen wird. Das kann durch den Schenker oder durch die Gestaltung der Verpackung geschehen. Es muss allerdings nicht nach versteckten Hinweisen gesucht werden. Die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht würden übersteigert, wenn der Beschenkte ohne konkreten Anlass jede Verpackung eines Geschenks, oder das, was er für eine Verpackung halten dürfe, erst rundum auf etwaige Warnhinweise absuchen müsse. Quelle | OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 21.1.2019; Beschluss vom 15.3.2019, 4 U 979/18, Abruf-Nr. 208578 unter www.iww.de. Werkvertrag: Diese Voraussetzungen hat der Widerruf eines Werkvertrags| Hat der Auftraggeber einen möglichen Werkvertrag wirksam widerrufen, kann der Unternehmer keine Vergütung verlangen. | Das folgt aus einer Entscheidung des Landgerichts (LG) Coburg im Fall eines Hauseigentümers. In dessen Haus war Öl ausgetreten, nachdem die Ölheizung betankt worden war. Daraufhin erschienen Mitarbeiter der nun klagenden Installationsfirma. Sie machten dabei auch verschiedene Angebote zur Umstellung der Heizung von Öl auf Gas und übergaben hierzu mehrere Kostenvoranschläge. Einige Tage später führten die Monteure Arbeiten an der bestehenden Heizungsanlage durch. Sie wurden dann jedoch angewiesen, die Arbeiten einzustellen. Wiederum einige Wochen später widerrief der Hauseigentümer gegenüber der Installationsfirma einen etwa erteilten Auftrag. Die Firma behauptete nun im Prozess, ihr sei ein verbindlicher Auftrag erteilt worden, die Heizung auf Gas umzustellen. Sie verlangt deshalb ihren Werklohn. Der Hauseigentümer streitet ab, jemals einen Auftrag erteilt zu haben. Außerdem beruft er sich auf den Widerruf eines etwaigen Vertrags. Das LG wies die Klage der Installationsfirma ab, weil ein möglicherweise geschlossener Vertrag jedenfalls wirksam widerrufen wurde. In seiner Entscheidung setzte sich das Gericht im Einzelnen mit den Voraussetzungen für den Widerruf eines Werkvertrags auseinander. Ein solches Widerrufsrecht stand dem Hauseigentümer deshalb zu, weil der fragliche Vertrag zwischen ihm als Privatperson (Verbraucher) und der Installationsfirma als Unternehmer außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden wäre, nämlich im Wohnanwesen des Hauseigentümers. Dabei kam es auch nicht darauf an, ob der Hauseigentümer die Installationsfirma zu sich bestellt hatte, oder ob er im Gespräch „überrumpelt“ worden war. Auch die von der Firma bemühten Ausnahmeregelungen, nach denen in einzelnen Fällen kein Widerrufsrecht besteht, ließ das Gericht nicht gelten. Selbst die schon durchgeführten Arbeiten hinderten den Erfolg des später erklärten Widerrufs nicht. Vielmehr ist es danach dem Unternehmer bei Verträgen wie dem hier behaupteten zuzumuten, zunächst das Ende der Widerrufsfrist abzuwarten und erst dann mit seinen Arbeiten zu beginnen. Zwar gilt das nicht für dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten, die auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers durchgeführt werden. Jedoch half auch dieser Gedanke der Firma nicht weiter. Hier ging es ja nicht mehr um die Arbeiten zur Beseitigung des Ölaustritts, sondern um eine davon unabhängige Umstellung der gesamten Heizungsanlage von Öl auf Gas. Die Firma hatte es schließlich weiter versäumt, ihren potenziellen Kunden ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht zu belehren. Deshalb begann die Widerrufsfrist von 14 Tagen nicht zu laufen. Stattdessen blieb dem Hauseigentümer sogar ein Jahr und 14 Tage Zeit, den Widerruf zu erklären. Damit war sein Widerruf wirksam und er schuldete der Installationsfirma keinen Lohn. Auch ein Anspruch auf Wertersatz für die schon geleisteten Arbeiten steht der Firma schon allein deshalb nicht zu, weil der Hauseigentümer diese Arbeiten nicht ausdrücklich vor Ablauf der Widerrufsfrist verlangt hatte. Die Entscheidung des LG zeigt, dass unabhängig von der Größe eines Unternehmens die Auseinandersetzung mit wichtigen gesetzlichen Regelungen wie beispielsweise denjenigen zum Widerrufsrecht sinnvoll erscheint, will der Unternehmer nicht nach getaner Arbeit auf seinen Forderungen sitzen bleiben. Quelle | LG Coburg, Urteil vom 9.8.2018, 21 O 175/18, Abruf-Nr. 208579 unter www.iww.de . Verwaltungsrecht: Keine Taxigenehmigung nach schwerwiegenden Straftaten| Rechtskräftige Verurteilungen wegen schwerer Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften begründen im Regelfall die Annahme der Unzuverlässigkeit des Betroffenen, die die Erteilung einer Taxigenehmigung ausschließt. | Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz. Betroffen war ein Mann, der im April 2015 wegen einer im Jahr 2011 begangenen vorsätzlichen Körperverletzung zum Nachteil eines ihm als Taxifahrer anvertrauten Fahrgastes sowie wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden war. Nachdem die Geltungsdauer der ihm erteilten Taxigenehmigung im Jahr 2015 abgelaufen war und die beklagte Stadt Mainz seinen Antrag auf Wiedererteilung der Taxigenehmigung abgelehnt hatte, erhob er Klage. Diese wurde vom Verwaltungsgericht abgewiesen. Das OVG bestätigte nun diese Entscheidung und lehnte den Antrag des Mannes ab, die Berufung zuzulassen. Der Mann habe keinen Anspruch, die Taxigenehmigung wiedererteilt zu bekommen. Er sei vielmehr als unzuverlässig anzusehen. Rechtskräftige Verurteilungen wegen schwerer Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften begründeten im Regelfall die Annahme der Unzuverlässigkeit, wenn nicht aufgrund besonderer Umstände ein Ausnahmefall vorliege. Das Gewicht des strafrechtlichen Verstoßes beurteile sich nicht allein nach dem verhängten Strafmaß, sondern auch nach den Tatumständen. Bei der Beurteilung sei zu berücksichtigen, dass sie der Prognose diene, ob sich der Betroffene als Inhaber eines Taxibetriebs zukünftig gesetzmäßig verhalten werde. Dabei spiele auch die Nähe der Straftat zu der Funktion als Inhaber des Gewerbebetriebs eine wichtige Rolle. Danach stelle die vorsätzliche Körperverletzung gegenüber einem Fahrgast einen schweren Verstoß in diesem Sinne dar. Aber auch die rechtskräftige Verurteilung wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in drei Fällen sei als ein schwerer Verstoß einzustufen. Nach den Feststellungen des strafgerichtlichen Urteils habe der Tatbeitrag des Mannes an diesen Taten darin bestanden, dass er das Tatfahrzeug angemietet und seine Mittäter zu den einzelnen Tatobjekten gefahren habe. Diese Diebstahlstaten hätten daher ebenfalls einen wesentlichen Bezug zu seiner beruflichen Stellung als Taxifahrer und -unternehmer aufgewiesen, da sein Tatbeitrag sich im Ergebnis als entgeltliche Beförderung von Personen – hier jedoch im kriminellen Bereich – darstelle. Die von ihm angeführten Umstände, insbesondere die Strafaussetzung zur Bewährung und der zwischenzeitlich eingetretene Zeitablauf von über sieben Jahren seit der Tatbegehung, seien nicht geeignet, die fortbestehende Vermutung seiner Unzuverlässigkeit zu widerlegen. Quelle | OVG Koblenz, Beschluss vom 17.12.2018, 7 A 10357/18.OVG, Abruf-Nr. 208580 unter www.iww.de. VerkehrsrechtProzessrecht: Täteridentifizierung aufgrund eines Sachverständigengutachtens| Stützt sich das Amtsgericht bei der Täteridentifizierung auf ein anthropologisches Sachverständigengutachten, reicht nach übereinstimmender obergerichtlicher Rechtsprechung die bloße Wiedergabe der Ergebnisse des Sachverständigengutachtens in den Urteilsgründen, noch dazu ohne erkennbare eigene Beweiswürdigung des Gerichts, nicht aus. Eine solche Beweiswürdigung ist lückenhaft. | Das hat jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Hamm noch einmal bestätigt. Das Amtsgericht hatte sich auf die Mitteilung des Ergebnisses der Sachverständigen beschränkt, dass diese – offenbar wegen des vom Betroffenen bei dem Verstoß getragenen Motorradschutzhelms – nur eine stark eingeschränkte Anzahl auswertbarer Merkmale gefunden habe, und in welchen Merkmalen sie eine Übereinstimmung zwischen Messfoto und Betroffenem gefunden hat. Das hat dem OLG nicht gereicht. Vor allem waren weitere Ausführungen nach Auffassung des OLG auch deshalb erforderlich, weil die von der Sachverständigen beschriebenen Merkmale auf dem Messfoto aufgrund der geringen Größe des Fotos und des vom Täter getragenen Helms mit heruntergeklappter Visierscheibe, nicht erkannt werden konnten. Möglicherweise könnten zwar diese Merkmale auf einer etwaigen Vergrößerung erkennbar sein. Ob die Sachverständige eine solche bei ihrer Beurteilung zugrunde gelegt hat, wurde aber in den Urteilsgründen nicht mitgeteilt. Quelle | OLG Hamm, Urteil vom 27.12.18, 4 RBs 391/18, Abruf-Nr. 207447 unter www.iww.de. Aktuelle Gesetzgebung: Bundesrat gibt grünes Licht für E-Scooter| Elektrische Tretroller mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 20 km/h dürfen künftig im Straßenverkehr fahren: der Bundesrat stimmte einer Verordnung der Bundesregierung zu, die den Umgang mit „Elektrokleinstfahrzeugen“ regelt. | Nicht auf Gehwegen und erst ab 14 Anders als in der Regierungsverordnung ursprünglich vorgesehen, dürfen die E-Scooter aber nicht auf Gehwegen und in Fußgängerzonen fahren, sondern ausschließlich auf Radwegen bzw. Radfahrstreifen. Gibt es solche nicht, müssen die Roller auf die Straße. Für alle E-Scooter gilt ein Mindestalter von 14 Jahren. Dies machte der Bundesrat zur Bedingung für seine Zustimmung. Versicherungs-, aber keine Helmpflicht Die Roller müssen bremsen können und eine Beleuchtungsanlage haben. Zum Versicherungsnachweis wurde von der Bundesregierung eigens eine aufklebbare Versicherungsplakette zur Anbringung an E-Scootern konzipiert. Eine Helmpflicht besteht aber nicht. Inkrafttreten bestimmt Bundesregierung Ab wann die E-Scooter tatsächlich fahren dürfen, entscheidet die Bundesregierung: sie muss die vom Bundesrat beschlossenen Änderungen noch umsetzen, dann kann sie die Verordnung im Bundesgesetzblatt verkünden. Freigabe für Einbahnstraßen In einer begleitenden Entschließung spricht sich der Bundesrat dafür aus, dass E-Scooter Einbahnstraßen auch entgegen der Fahrtrichtung befahren dürfen, sofern dies für Fahrräder erlaubt ist. Er bittet die Bundesregierung, die Straßenverkehrsordnung entsprechend zu ändern. Keine Ausnahmeverordnung zu Hoverboards Außerdem greift er in der Entschließung Überlegungen der Bundesregierung auf, eine Ausnahmeverordnung für Hoverboards und sonstige Fahrzeuge ohne Lenk- und Haltestangen zu erlassen: Eine solche lehnt der Bundesrat ab. Er plädiert für ein Mindestniveau an Verkehrssicherheit: Die Strategie „Vision Zero“ im Straßenverkehr dürfe nicht gefährdet werden. Quelle | Plenarsitzung des Bundesrats vom 17.5.2019 Haftungsrecht: PKW-Fahrer haftet auch für Sturz eines Radfahrers nach erfolgreichem Ausweichen| Weicht ein Radfahrer einem entgegenkommenden Pkw aus und stürzt erst beim sich unmittelbar anschließenden Wiederauffahren auf den befestigten Weg, haftet der Pkw-Fahrer dennoch. Das Wiederauffahren auf den ursprünglichen Weg ist noch Teil des durch den Pkw ausgelösten Ausweichmanövers. | So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. im Fall eines Radfahrers, der auf einem ca. 2 m breiten Feldweg unterwegs war. Dort kam ihm ein Pkw entgegen. Der Radfahrer wich dem Pkw auf den unbefestigten und zum Unfallzeitpunkt matschigen Seitenstreifen nach rechts aus. Die beiden Verkehrsteilnehmer fuhren berührungslos aneinander vorbei. Beim Versuch, unmittelbar nach dem Passieren wieder auf den befestigten Weg aufzufahren, stürzte der Kläger. Er zog sich mehrfache Verletzungen zu. Neben dem Ersatz entstandener Heilbehandlungskosten sowie der Fahrradreparatur verlangt er ein Schmerzensgeld. Das Landgericht hat den Pkw-Fahrer zum Ausgleich von 50 Prozent des entstandenen Schadens verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Obwohl es sich um einen „berührungslosen Unfall“ handele, sei der Sturz dem Pkw-Fahrer zuzurechnen. Er sei beim Betrieb des Fahrzeugs entstanden. Das im Gesetz vorgesehene Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb“ sei dem Schutzzweck entsprechend weit auszulegen. Erfasst würden alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genüge, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt habe und das Schadensereignis in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden sei. Hier sei der Unfall zwar nicht beim Ausweichen auf den unbefestigten Seitenstreifen geschehen, sondern erst beim Wiederauffahren auf den befestigten Radweg nach dem erfolgreichen Passieren des Fahrzeugs. Zu diesem Zeitpunkt sei die eigentliche Gefahr – eine Kollision mit dem Pkw – vorüber gewesen. Dennoch sei der Sturz noch der Betriebsgefahr des Fahrzeugs zuzurechnen. Der Ausweichvorgang sei durch die Fahrweise des Fahrers veranlasst worden. Der Sturz erfolgte im nahen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Entgegenkommen des Pkw. Das Wiederauffahren des Radfahrers auf den befestigten Radweg sei Teil des Ausweichmanövers gewesen, welches zu Ende geführt werden sollte. „Letztlich liegt ein insgesamt missglücktes Ausweichmanöver vor, das nach Auffassung des Senats der Betriebsgefahr des Fahrzeugs zuzurechnen ist“, fasst das OLG zusammen. Wägt man die beiderseitigen Verursachungsbeiträge und Verschuldensanteile ab, gelangt man zu einer hälftigen Haftungsverteilung, stellt das OLG weiter fest. Der Betriebsgefahr des Pkw stehe eine Mitverursachung des Unfalls durch den Radfahrer gegenüber. Er hätte die Möglichkeit gehabt, sein Fahrrad anzuhalten und den Pkw passieren zu lassen. Jedenfalls habe er beim Wiederauffahren auf den Radweg u.a. unter Berücksichtigung der matschigen Verhältnisse nicht die gebotene Sorgfalt walten lassen. Quelle | OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 19.3.2019, 16 U 57/18, Abruf-Nr. 208577 unter www.iww.de. Kraftfahrzeugrennen: Voraussetzungen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens| Das Landgericht (LG) Aurich hat zur Frage Stellung genommen, wann ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen i. S. von § 315d StGB vorliegt. | Der Angeklagte und ein anderer Verkehrsteilnehmer waren mit ihren Fahrzeugen mit deutlich überhöhtem Tempo (zumindest 149 km/h) gefahren. Ein Überholverbot wurde missachtet, der Sicherheitsabstand deutlich unterschritten und es wurde stark beschleunigt. Das LG hat auf ein „Kraftfahrzeugrennen“ geschlossen, weil beide Wagen auf möglichst hohe Geschwindigkeiten beschleunigt wurden, um dann bei möglichst hoher Geschwindigkeit in rennähnlicher Weise Überholvorgänge auf einer Landstraße durchzuführen. Das reiche, um ein strafbares Kraftfahrzeugrennen anzunehmen. Quelle | LG Aurich, Urteil vom 15.11.18, 13 Ns 210 Js 2704/18 (26/18), Abruf-Nr. 207429 unter www.iww.de. Abschließende HinweiseBerechnung der Verzugszinsen| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. | Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2019 bis zum 30. Juni 2019 beträgt -0,88 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:
Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).
Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 06/2019| Im Monat Juni 2019 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: | Steuertermine (Fälligkeit):
Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen. Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 14.6.2019. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt. Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit): Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Juni 2019 am 26.6.2019. |