News 04/2019



Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 04-2019:

Arbeitsrecht

Baurecht

Familien- und Erbrecht

Mietrecht und WEG

Verbraucherrecht

Verkehrsrecht

Abschließende Hinweise

Zum Anfang



Arbeitsrecht

Mindestlohn: Anspruch auf Mindestlohn bei einem Praktikum

| Praktikanten erhalten keinen gesetzlichen Mindestlohn, wenn sie das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten und es die Dauer von drei Monaten nicht übersteigt. |

Zu diesem Ergebnis kam das Bundesarbeitsgericht BAG im Fall einer jungen Frau. Diese hatte mit einer Reitanlagen-Betreiberin ein dreimonatiges Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung zur Pferdewirtin vereinbart. Hier kam es zu Unterbrechungen, zum Beispiel wegen Krankheit. Die junge Frau forderte den Mindestlohn von 8,50 EUR, weil die gesetzlich festgelegte Höchstdauer eines Orientierungspraktikums von drei Monaten überschritten worden sei. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das LAG wies die Klage ab.

Die Revision vor dem 5. Senat des BAG war erfolglos. Es bestehe kein Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn, weil das Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung die Höchstdauer von drei Monaten nicht überschritten habe. Unterbrechungen des Praktikums innerhalb dieses Rahmens seien möglich, wenn der Praktikant hierfür persönliche Gründe habe und die einzelnen Abschnitte sachlich und zeitlich zusammenhingen. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Das Praktikum wurde wegen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sowie auf eigenen Wunsch der jungen Frau nur für wenige Tage unterbrochen und danach unverändert fortgesetzt. Der von der jungen Frau geltend gemachte Anspruch auf angemessene Vergütung nach dem Berufsbildungsgesetz sei aus prozessualen Gründen erfolglos.

Quelle | BAG, Urteil vom 30.1.2019, 5 AZR 556/17, Abruf-Nr. 206912 unter www.iww.de.

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Urlaubsrecht: Obliegenheiten des Arbeitgebers beim Verfall von Urlaubsansprüchen

| Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub erlischt in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat. |

Das folgt aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Fall eines Wissenschaftlers, der von 2001 bis 2013 beschäftigt war. Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses verlangte er ohne Erfolg, den von ihm nicht genommenen Urlaub im Umfang von 51 Arbeitstagen aus den Jahren 2012 und 2013 mit einem Bruttobetrag i.H.v. 11.979,26 EUR abzugelten. Einen Urlaubsantrag hatte er während des Arbeitsverhältnisses nicht gestellt.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat angenommen, der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers sei zwar zum Jahresende verfallen. Er habe aber Schadenersatz in Form von Ersatzurlaub verlangen können, weil der Arbeitgeber seiner Verpflichtung, ihm von sich aus rechtzeitig Urlaub zu gewähren, nicht nachgekommen sei. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei der Ersatzurlaubsanspruch abzugelten.

Die Revision des Arbeitgebers hatte vor dem BAG Erfolg. Die Richter verwiesen auf das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Danach verfällt Urlaub, wenn er bis zum Jahresende nicht gewährt und genommen wird. Das galt nach bisheriger Rechtsprechung selbst für den Fall, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber rechtzeitig, aber erfolglos aufgefordert hatte, ihm Urlaub zu gewähren. Allerdings konnte der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen Schadenersatz verlangen, der während des Arbeitsverhältnisses auf Gewährung von Ersatzurlaub und nach dessen Beendigung auf Abgeltung der nicht genommenen Urlaubstage gerichtet war.

Diese Rechtsprechung hat das BAG weiterentwickelt und damit die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union umgesetzt. So ist es nach dem BUrlG dem Arbeitgeber vorbehalten, die zeitliche Lage des Urlaubs unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers festzulegen. Entgegen der Annahme des LAG zwingt die Vorschrift den Arbeitgeber damit zwar nicht, dem Arbeitnehmer von sich aus Urlaub zu gewähren. Allerdings muss er die Initiative übernehmen, dass der Urlaubsanspruch verwirklicht wird. So ist der Arbeitgeber gehalten, „konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun“. Der Arbeitgeber muss also klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nimmt.

Bei einer richtlinienkonformen Auslegung des BUrlG kann Urlaub daher in der Regel nur verfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt. Das LAG muss nun aufklären, ob der Arbeitgeber diesen Obliegenheiten nachgekommen ist.

Quelle | BAG, Urteil vom 19.2.2019, 9 AZR 541/15, Abruf-Nr. 207302 unter www.iww.de.

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Sozialrecht: Kein sozialwidriges Verhalten: Kündigung des Jobs, um die Mutter zu pflegen

| Wer seinen Job kündigt, um seine Mutter pflegen zu können, ist deshalb nicht immer von Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen. |

Das folgt aus einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Bremen-Niedersachsen. Geklagt hatte eine 38-jähige Frau, die mit ihrer schwerbehinderten und pflegebedürftigen Mutter in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Sie hatte eine Vollzeitstelle als Hallenaufsicht am Flughafen angenommen und wollte Stewardess werden. Zugleich kümmerte sie sich um die Pflege ihrer Mutter. Nachdem sich deren Gesundheitszustand durch einen Rippenbruch verschlechtert hatte, konnte sie Arbeit und Pflege nicht mehr vereinbaren. Daher schloss sie mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag. Vom Jobcenter bezog sie Grundsicherungsleistungen (Hartz-IV). Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bewertete das Jobcenter als sozialwidriges Verhalten und forderte den Betrag zurück. Es sei grob fahrlässig, das Arbeitsverhältnis aufzulösen.

Das LSG hat sich der Rechtsauffassung des Jobcenters nicht angeschlossen und ein sozialwidriges Verhalten verneint. Grundsätzlich sei zwar jede Arbeit zumutbar, wenn die Pflege von Angehörigen anderweitig sichergestellt werden könne. Selbst bei Pflegestufe II seien Arbeitszeiten von bis zu 6 Std./Tag zumutbar. Dies sei hier jedoch nicht möglich. Die Klägerin habe im Schichtsystem auf Abruf mit variablen Zeiten gearbeitet. Die Einsatzzeiten seien erst vier Tage vor dem Einsatz mitgeteilt worden. Die dreimal täglich anfallende Pflege sei damit nicht zu vereinbaren. Das Gericht hat auch das Selbstbestimmungsrecht der Mutter berücksichtigt, die einen Pflegedienst ablehnte und nur ihre Tochter akzeptierte.

Quelle | LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12.12.2018, L 13 AS 162/17, Abruf-Nr. 207774 unter www.iww.de.

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Kündigungsrecht: Kündigung eines Lehrers aufgrund von Äußerungen auf YouTube („Volkslehrer“)

| Das Arbeitsgericht Berlin hat die Kündigungsschutzklage eines Lehrers, dessen Arbeitsverhältnis aufgrund von Äußerungen auf dem von ihm betriebenen YouTube-Kanal „Der Volkslehrer“ vom Land Berlin gekündigt worden war, abgewiesen. |

Die außerordentliche Kündigung sei gerechtfertigt, weil dem Kläger die persönliche Eignung für eine Tätigkeit als Lehrer im öffentlichen Dienst fehle. Es könne nicht angenommen werden, dass der Kläger zukünftig in dem tarifvertraglich oder gesetzlich geforderten Maße bereit sei, sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen. Dem Kläger komme es darauf an, die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland in den von ihm verbreiteten Videos in Frage zu stellen und sie verächtlich zu machen. Diese Einstellung sei mit der Tätigkeit als Lehrer des beklagten Landes unvereinbar und berechtige zur sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Quelle | Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 16.1.2019, 60 Ca 7170/18, Abruf-Nr. 207075 unter www.iww.de.

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Baurecht

Verjährung: Konkludente Abnahme von Architektenleistungen

| Wird die Schlussrechnung vorbehaltlos gezahlt und die Fertigstellungsanzeige widerspruchslos hingenommen, ist darin eine konkludente Billigung des Bauherrn zu sehen. |

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein hin. In dem Fall erfolgten unstreitig nach Fertigstellung des Bauwerks binnen angemessener Prüffrist keine entsprechenden Mängelrügen des Bauherrn. Erst gut ein Jahr später rügte er ein „gequollenes Holzteil“. Unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte durfte der Bauunternehmer deshalb davon ausgehen, dass der Bauherr seine Leistungen beanstandungslos in Gebrauch genommen hatte. Die Ansprüche des Bauherrn waren daher verjährt.

Quelle | OLG Schleswig-Holstein, Hinweisbeschluss vom 2.1.2018, 7 U 90/17, Abruf-Nr. 207795 unter www.iww.de.

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Verkehrssicherheit: Nicht jede Treppe benötigt ein Geländer oder einen Handlauf

| Ist eine Treppe Bestandteil eines öffentlichen Wegs, muss ein Geländer oder ein Handlauf nur angebracht werden, wenn Gefahren ausgeräumt werden müssen, die für einen sorgsamen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einstellen kann. |

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz. Im konkreten Fall war eine Frau auf dem Weg zum Dorfgemeinschaftshaus gestürzt, als sie eine Treppe hinuntergehen wollte. Die Treppe ist Bestandteil eines öffentlichen Fußwegs. Zum Zeitpunkt des Sturzes war sie weder mit einem Treppengeländer noch mit einem Handlauf gesichert.

Das OLG wies die Schadenersatzklage gegen die Stadt ab. Ob die zu einem öffentlichen Weg gehörende Treppe verkehrssicher ist, beurteilt sich nach der Entscheidung nicht nach den Vorschriften der Landesbauordnung (LBauO). Ausschlaggebend ist vielmehr allein der Maßstab, der allgemein bei der Beurteilung der Verkehrssicherheit öffentlicher Wege und Straßen zugrunde zu legen ist. Danach müsse nur vor solchen Gefahren geschützt werden, die für einen sorgsamen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar seien und auf die er sich nicht oder jedenfalls nicht rechtzeitig genug einstellen könne. An einer versteckten Gefahrenlage fehle es im konkreten Fall jedoch. Insbesondere sei die Gestaltung der Treppe für den Benutzer jederzeit erkennbar gewesen.

Quelle | OLG Koblenz, Urteil vom 5.7.2018, 1 U 1069/17, Abruf-Nr. 207796 unter www.iww.de.

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Bauüberwachung: Finanzschwacher Bauunternehmer – Haftet der Bauherr mit?

| Der Auftraggeber kann an einem Ausführungsfehler mitschuldig sein, wenn er Arbeiten, von denen er weiß, dass sie mit Gefahren verbunden sind, an einen Unternehmer vergeben hat, dessen mangelnde Sachkunde ihm bekannt war. Die bevorstehende Insolvenz oder absehbare finanzielle Schwierigkeiten sind aber kein Grund, von einer Auftragserteilung abzusehen. |

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) entschieden. Im konkreten Fall hat es den Auftraggeber sogar von jeglichem Mitverschulden an dem Mangel freigesprochen. Dass er um die finanziellen Probleme der Firma wusste, war egal. Gleiches galt für den Umstand, dass die Firma mit den Arbeiten erst weit hinter dem Zeitplan begonnen hatte, worüber der Architekt den Auftraggeber informiert hatte. Die Richter sahen keinen Anlass, ein Mitverschulden anzunehmen.

In einem solchen Fall bleibt dem Bauplaner nur eine Möglichkeit: Er muss an seinen Auftraggeber einen umfassenden Bedenkenhinweis richten. Dabei muss er sich an § 4 Abs. 3 VOB/B orientieren. Er sollte ihm deutlich machen, warum er der Auffassung ist, dass das Unternehmen diesen Auftrag nicht ordnungsgemäß abwickeln kann. Das sollte er mit Daten und Fakten untermauern. Die vorliegende Entscheidung lehrt, dass es nicht reicht, den Auftraggeber über das „Chaos auf der Baustelle“ in Kenntnis zu setzen. Er muss daraus nicht den Schluss ziehen, von der Firma sofort Abstand zu nehmen bzw. die Baustelle einzustellen.

Quelle | OLG München, Urteil vom 22.3.16, 9 U 2091/15, Abruf-Nr. 206770 unter www.iww.de; rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 12.9.2018, VII ZR 88/16

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Anscheinsbeweis: Ursache für die Verseuchung eines Brunnen

| Geht nach der Sanierung einer Abwasserleitung die Belastung eines benachbarten Brunnens mit Fäkalbakterien in nahem zeitlichem Zusammenhang rapide zurück, so spricht der Anscheinsbeweis dafür, dass Schadstellen in der Abwasserleitung für die Kontamination ursächlich waren. |

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hin. Es verurteilte daher den beklagten Abwasserzweckverband, der in erster Instanz noch obsiegt hatte, dem Grunde nach zum Schadenersatz.

Der Senat hat sich insoweit an die Rechtsprechung angelehnt, wonach ein Anscheinsbeweis gegeben ist, wenn in engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit (Tief-)Bauarbeiten Risse und Veränderungen an Gebäuden auftreten. Diesen Anscheinsbeweis habe der beklagte Abwasserverband nicht zu erschüttern vermocht. Andere Ursachen für den Bakterieneintrag in das Brunnenwasser seien realitätsnah nicht gegeben gewesen. So hätten unter anderem keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass tatsächlich größere Mengen organischen Düngers im fraglichen Zeitraum in den Weinbergen ausgebracht worden waren.

Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsansicht des OLG bestätigt. Die Parteien haben sich zwischenzeitlich verglichen.

Quelle | OLG Koblenz, Urteil vom 17.8.2017, 1 U 729/15, Abruf-Nr. 207797 unter www.iww.de.

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Familien- und Erbrecht

Vormundschaftsrecht: Pflegeeltern können nach Sorgerechtsentzug Vorrang vor Verwandten haben

| Muss das Jugendamt einer Mutter die Kinder entziehen, kann es für das Wohl der Kinder besser sein, in eine ausgewählte Pflegefamilie zu kommen, als bei Verwandten aufzuwachsen. |

Das ist das Ergebnis einer Vormundschaftssache vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. In dem konkreten Fall hatte das Amtsgericht einer alleinerziehenden Mutter die elterliche Sorge über ihre heute zwei und zehn Jahre alten Kinder entzogen. Die Mutter hatte ihre Kinder aus eigener Hilflosigkeit stark vernachlässigt. Sie steht inzwischen selbst unter Betreuung. Die Familie wünschte, dass die Kinder nun bei den beiden Schwestern der Mutter aufwachsen sollten. Diese hatten sich auch dazu bereit erklärt.

Weil dieser Wunsch aber nicht den Interessen der Kinder diene, ist ihm nach Auffassung des OLG nicht zu entsprechen. Es genüge nicht, dass den Kindern bei ihren Tanten keine weitere Gefahr drohe. Maßgeblich sei vielmehr, dass die Kinder in einer vom Jugendamt ausgewählten „Profi-Pflegefamilie“ besser aufgehoben wären als bei ihren Tanten. Denen fehle die persönliche Eignung, die für die Bestellung zum Vormund erforderlich sei. Sie hätten sich bislang nicht um die Kinder gekümmert und keine Beziehung zu ihnen aufgebaut. Die stark vernachlässigten Kinder bräuchten aber emotionale Sicherheit, einen sicheren Lebensort und stabile Lebensverhältnisse. Dies könne im konkreten Fall von „Profi-Pflegeeltern“ besser gewährleistet werden als von den eigenen Verwandten. Um die Unterbringung bei Pflegeeltern zu ermöglichen, hat der Senat die Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt, das Jugendamt zum Vormund zu bestellen.

Quelle | OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.11.2018, I-8 UF 187/17, Abruf-Nr. 207775 unter www.iww.de.

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Kindesunterhalt: Wer leistungsunfähig ist, muss seine Mittel gleichmäßig für sich und das Kind verwenden

| Nach dem Gesetz ist nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind aber ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (sog. gesteigerte Unterhaltspflicht). |

Darin liegt nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht. Aus dieser Regelung und aus dem im Grundgesetz vorgesehenen Schutz der Familie folgt auch die Verpflichtung der Eltern, ihre eigene Arbeitskraft einzusetzen. Unterlassen Sie eine ihnen mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit, obwohl sie diese bei gutem Willen ausüben könnten, können deswegen nach ständiger Rechtsprechung nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden.

Allerdings können fiktive Einkünfte, in die auch mögliche Nebenverdienste einzubeziehen sind, nur angerechnet werden, wenn neben nicht ausreichenden Erwerbsbemühungen eine reale Beschäftigungschance des Unterhaltspflichtigen besteht. Denn dem Unterhaltspflichtigen darf auch bei einem Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit nur ein Einkommen zugerechnet werden, welches von ihm auch realistischerweise erzielt werden kann.

Quelle | OLG Hamburg, Beschluss vom 30.10.2018, 12 UF 231/13, Abruf-Nr. 207538 unter www.iww.de.

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Erbrecht: Minderjähriger Erbe kann Erbschaft auch bei Werthaltigkeit ausschlagen

| Ist der Nachlass nicht überschuldet, muss das Familiengericht einer Ausschlagungserklärung des minderjährigen Erben nicht in jedem Fall die Genehmigung versagen. |

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Köln in einem entsprechenden Fall. Die Richter wiesen darauf hin, dass hier alleine das Wohl des Kindes im Mittelpunkt stehe. Dieses Wohl hänge nicht nur vom wirtschaftlichen Interesse des Kindes ab. Es komme also nicht nur auf den Wert des Nachlasses an. Es müssten auch die Gesamtbelange des Kindes berücksichtigt werden, einschließlich seiner persönlichen Interessen. Führe die Erbschaft daher zu einer besonderen Belastung innerhalb der Familie, könne das Gericht die Genehmigung erteilen, die Erbschaft auszuschlagen.

Quelle | OLG Köln, Beschluss vom 13.11.2018, 10 WF 164/18, Abruf-Nr. 207778 unter www.iww.de.

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Erbrecht: Vorerbe kann Grundstück nicht an Nacherben auflassen

| Eine Erbengemeinschaft beruht nicht auf einem freien Willensentschluss, sondern ausschließlich auf gesetzlicher Anordnung. Sie kann nicht durch freie Vereinbarung herbeigeführt werden. |

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. hin. Lässt also der Vorerbe vor Eintritt des Nacherbfalls ein Nachlassgrundstück an die (Mit-)Nacherben auf, so können diese nicht als Nacherben zur gesamten Hand in das Grundbuch eingetragen werden. Nach der Entscheidung besteht nämlich zwischen ihnen vor Eintritt des Nacherbfalls keine Erbengemeinschaft.

Quelle | OLG Frankfurt a. M. 9.10.18, 20 W 172/18, Abruf-Nr. 207777 unter www.iww.de.

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Mietrecht und WEG

Ende des Mietverhältnisses: Aufrechnung gegen Kautionsrückzahlungsanspruch

| Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Kautionsrückzahlungsanspruch erst fällig, wenn feststeht, dass dem Vermieter keine Ansprüche mehr zustehen, wegen derer er sich befriedigen darf. |

Nach Auffassung des Landgerichts (LG) Krefeld kann ein Mieter aber schon dann auf Kautionsrückzahlung klagen, wenn der Vermieter mit einer streitigen Schadenersatzforderung wegen Beschädigung der Mietsache aufrechnet. Im Rahmen der Kautionsrückzahlungsklage kann er mit klären lassen, ob der Gegenanspruch als Voraussetzung der Fälligkeit des Kautionsrückzahlungsanspruchs nicht besteht. Diese Frage ist allerdings (höchstrichterlich) ungeklärt und umstritten.

Ebenso umstritten ist die Frage, ob einer Kaution nach Beendigung des Mietverhältnisses nur eine Sicherungsfunktion oder auch eine Befriedigungsfunktion zukommt, die dem Vermieter eine Aufrechnung erlauben würde. Das LG Krefeld schließt sich der Auffassung an, dass die Kaution auch nach Vertragsende nur Sicherungsmittel ist, sodass grundsätzlich ein Befriedigungsverbot gilt, aus dem ein Aufrechnungsverbot folgt.

Dies gilt nach Auffassung des LG Krefeld aber nicht im Kautionsrückzahlungsprozess: Es sei anerkannt, dass sich der Vermieter trotz eines grundsätzlichen Befriedigungsgebots jedenfalls wegen unstreitiger oder rechtskräftig festgestellter Ansprüche aus einer Mietsicherheit befriedigen darf. Im Prozess über den Kautionsrückzahlungsanspruch werde auch der Gegenanspruch des Vermieters geprüft und erlange gemeinsam mit dem Kautionsrückzahlungsanspruch Rechtskraft, sodass letztlich eine Aufrechnung mit einer rechtskräftig festgestellten Gegenforderung erfolge.

Quelle | LG Krefeld, Urteil vom 27.12.2018, 2 T 31/18, Abruf-Nr. 207799 unter www.iww.de

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Mietereinbauten: Beseitigungspflicht des Mieters bei Auszug

| Ein Mieter muss bei seinem Auszug von ihm errichtete Baulichkeiten entfernen. Dies gilt auch, wenn er diese durch Vereinbarung von seinem Vormieter zu Eigentum übernommen hat. Darlegungs- und Beweispflichtig für den Eigentumserwerb des Mieters an den übernommenen Baulichkeiten ist der Vermieter. |

Das folgt aus einem Rechtsstreit vor dem Kammergericht (KG). Die Richter stellten in ihrer Entscheidung aber auch klar, dass die Regelung im Mietvertrag aber auch nicht zu weitgehend sein darf. Ist dort geregelt, dass der Mieter auf Verlangen des Vermieters alle vorhandenen Einrichtungen oder Baulichkeiten zu entfernen hat, und damit auch solche, die er nicht direkt vom Vormieter übernommen hat, stellt dies eine ggf. mit erheblichen Kosten verbundene Erweiterung des Pflichtenkreises des Mieters dar. Es entlastet den Vermieter von Kosten, die er nach dem Gesetz selber zu tragen hätte. Eine solche Regelung ist unwirksam.

Quelle | KG, Urteil vom 10.12.2018, 8 U 55/18, Abruf-Nr. 207798 unter www.iww.de

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Grundsicherung: Keine Kautionsdarlehen nach SGB XII für „Luxuswohnung“

| Ein nicht am Mietvertrag Beteiligter hat keinen Anspruch gegen den Grundsicherungsträger auf Übernahme der Mietkaution nach § 22 Abs. 6 SGB II. Hieran ändert auch das Kopfteilprinzip bei einer gemeinsam bewohnten Wohnung nichts. |

Dies entschied das Landessozialgericht (LSG) Sachsen. Ein Mietkautionsdarlehen nach dem SGB XII kann älteren oder dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen gewährt werden, wenn sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. Dies kann u. a. nur dann erfolgen, wenn die Kosten für die begehrte Wohnung angemessen wären. Dies ist nicht der Fall, wenn die Kosten gegenüber der bisher bewohnten Wohnung zwar niedriger wären, allerdings die Anmietung nicht einem angemessenen Wohnungsstandard entsprechend den Sozialhilfegrundsätzen entspricht.

Hier wollte der Antragsteller eine möblierte Wohnung mit einer Komplettausstattung auf gehobenem Niveau mit monatlichem Reinigungsservice anmieten. Das hielt das LSG Sachsen für unangemessen.

Quelle | LSG Sachsen, Urteil vom 27.8.2018, L 7 AS 705/18 B ER, Abruf-Nr. 205418 unter www.iww.de

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Eigenbedarf: Rechtmissbräuchliche Eigenbedarfskündigung

| Eine Eigenbedarfskündigung, die lediglich auf den Wunsch gestützt ist, im Elternhaus zu wohnen, und die wegen einer körperlichen Behinderung darauf verweist, dass die alte Wohnung auf Dauer ungeeignet, im Elternhaus hingegen das Badezimmer bereits behindertengerecht umgebaut sei und dort möglichweise in absehbarer Zeit benötigtes Pflegepersonal untergebracht werden könne, ist bereits formell ungenügend und nichtig/unwirksam. |

Diese Entscheidung traf das Amtsgericht Hamburg-Blankenese. Das Gericht erläuterte, dass eine formell wirksame Eigenbedarfskündigung rechtsmissbräuchlich sein könne, wenn der Vermieter zunächst eine Verwertungskündigung ausgesprochen hatte, und sodann, nachdem er hiermit in erster Instanz keinen Erfolg hatte, noch vor dem Urteil erster Instanz und vor Verzicht auf die Verwertungskündigung parallel eine Eigenbedarfskündigung ausspricht. Beide Kündigungsgründe schließen sich denklogisch aus.

Quelle | Amtsgericht Hamburg-Blankenese, Urteil vom 10.10.2018, 531 C 159/18, Abruf-Nr. 207037 unter www.iww.de.

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Verbraucherrecht

Sozialrecht: Wer ein hohes Erbe in kurzer Zeit verprasst, hat keinen Anspruch auf Sozialleistungen

| Wer seine Hilfebedürftigkeit in missbilligenswerter Weise zulasten der Solidargemeinschaft selbst herbeiführt, darf Grundsicherungsleistungen des Jobcenters nicht behalten. |

Wo genau sozialwidriges Verhalten anfängt, hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen im Fall eines 51-jährigen Hartz-IV-Empfängers aufgezeigt, der nach dem Tod seines Onkels im Jahre 2011 zunächst von dessen Erbe lebte. Als der Mann ab 2013 erneut Grundsicherungsleistungen bezog, nahm das Jobcenter eine Rückforderung vor. Er habe das geerbte Vermögen in kurzer Zeit verschwendet und hierdurch seine Hilfsbedürftigkeit herbeigeführt. Demgegenüber rechtfertigte sich der Mann mit einer vermeintlichen Alkoholerkrankung. Er habe den überwiegenden Teil des Tages in Gaststätten verbracht.

Das LSG hat die Rechtsauffassung des Jobcenters bestätigt. Der Mann habe geerbtes Immobilienvermögen von 120.000 EUR sowie Geld- und Wertpapiervermögen von 80.000 EUR innerhalb von zwei Jahren verschwendet und sei nun völlig mittellos. Seine Bank habe das überzogene Girokonto gekündigt, ihm drohe eine Stromsperre und er sei auf Lebensmittelgutscheine angewiesen. Freimütig habe er eingeräumt, das Erbe „ausgegeben und vertrunken“ zu haben. Allein 60.000 EUR habe er verschenkt um zu gefallen. Ein solches Ausgabeverhalten sei nach Überzeugung des Gerichts grob fahrlässig und in hohem Maße zu missbilligen. Es laufe dem Grundsatz der Eigenverantwortung zuwider. Da der Mann keine Erwerbstätigkeit beabsichtigte, hätte ihm klar sein müssen, dass er mit seinem sozialwidrigen Verhalten in kurzer Zeit wieder auf staatliche Leistungen angewiesen sein würde. Ein statistisch durchschnittlicher, nichterwerbstätiger Mann hätte bei ganz normalen Ausgaben sieben Jahre und sieben Monate von dem Vermögen leben können. Die behauptete Alkoholerkrankung habe nach Überzeugung des Gerichts und der beteiligten Ärzte keineswegs zum Kontrollverlust geführt. Der Mann habe nämlich auch sehr vernünftige Entscheidungen getroffen wie Schuldentilgung und den Kauf einer Eigentumswohnung.

Quelle | LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12.12.2018, L 13 AS 111/17, Abruf-Nr. 207642 unter www.iww.de.

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Vereinsrecht: Fehlende Kenntnis der Satzung geht zulasten des Mitglieds

| Ein Mitglied kann sich nicht darauf berufen, es habe die Satzung nicht gekannt, wenn es um Pflichten geht, die dort geregelt sind. |

Das hat das Landgericht (LG) Frankfurt a. M. entschieden. Im konkreten Fall wollte sich ein Gewerkschaftsmitglied dagegen wehren, dass er einen Teil seiner Aufsichtsratsvergütung an die Gewerkschaft abführen musste. Er begründete das damit, die entsprechende Klausel nicht gekannt und die Satzung beim Beitritt auch nicht erhalten zu haben.

Das LG schmetterte das ab: Die Unkenntnis der Satzungsbestimmung beruht grundsätzlich auf einem Versäumnis des Mitglieds und nicht des Vereins. Es gehört zum Allgemeinwissen, dass man sich beim Beitritt zu einem Verein der Satzung dieses Vereins unterwirft.

Quelle | LG Frankfurt a. M., Urteil vom 27.4.2018, 2-30 O 238/17, Abruf-Nr. 205655 unter www.iww.de.

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Haftungsrecht: Haftet die Freiwillige Feuerwehr für Schäden bei einem Einsatz?

| Die Freiwillige Feuerwehr haftet für Schäden bei Löscharbeiten nur, wenn sie grob fahrlässig vorgegangen ist. |

Diese Klarstellung traf das Landgericht (LG) Koblenz im Fall einer Fahrzeugeigentümerin. Auf dem unmittelbaren Nachbargrundstück der Frau war ein Wohnhausbrand mit starker Rauchentwicklung entstanden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Frau ihr Fahrzeug auf ihrem Grundstück abgestellt. Die herbeigerufene Freiwillige Feuerwehr der Verbandsgemeinde verlegte gleichzeitig zu der Erkundung der Brandstelle vorsorglich einen 10 cm dicken Wasserschlauch von einem Einsatzfahrzeug an dem Pkw der Frau vorbei zum Brandherd. Nach Abschluss der Erkundungsarbeiten und nach einem vergeblichen Kontaktversuch mit der Frau deckte ein Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr den Pkw mit einer Schutzdecke ab. Im Übrigen wurde mit den Löscharbeiten begonnen. Durch die Einwirkung des kalten Wassers auf die heißen Dachziegel sind diese teilweise geplatzt. Dabei fielen Splitter auf den Pkw der Frau und beschädigten diesen. Die Frau verlangt nun von der Verbandsgemeinde als Trägerin der Freiwilligen Feuerwehr Schadenersatz. Sie meint, die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr hätten ihr vor den Löscharbeiten ermöglichen müssen, ihren Pkw zu entfernen. Im Übrigen sei ihr Wagen mit der Schutzdecke völlig unzureichend gesichert worden.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Kammer begründet das damit, dass sich die Beklagte als Trägerin der Freiwilligen Feuerwehr bei den Voraussetzungen des Amtshaftungsanspruchs auf ein Haftungsprivileg berufen könne. Sie hafte deshalb nur, wenn den Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr der Vorwurf einer groben Fahrlässigkeit bei der Brandbekämpfung gemacht werden könnte.

Eine Haftung wegen Vorsatzes scheidet nach dem festgestellten Sachverhalt von vornherein aus. Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ist nach den Ausführungen der Richter nur begründet, wenn eine besonders schwere Pflichtverletzung vorliegt. Außerdem muss die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße verletzt worden sein. Hierbei sei zu beachten, dass die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr ehrenamtlich tätige Gemeindebürger sind und die sich aus dem Dienst erwachsenden Amtspflichten nicht überspannt werden dürfen. Insoweit sei nicht zu beanstanden, dass die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr zunächst ihr Hauptaugenmerk auf das schützenswertere Rechtsgut, nämlich das brennende Wohnhaus gerichtet haben und nicht primär auf den Schutz des Pkw der Klägerin. Selbst ein Zeitverzug von 2 bis 3 Minuten, um ein Herausfahren des Pkw zu ermöglichen, habe nach Einschätzung des Gerichts von den eingesetzten Feuerwehrleuten nicht hingenommen werden müssen. Auch wurde zumindest versucht, den Pkw mit der Schutzdecke vor Schäden zu bewahren. Jedenfalls nicht im Sinne einer groben Fahrlässigkeit vorwerfbar sei, dass sich rückblickend diese Form der Sicherung als nicht ausreichend dargestellt hat. Maßgeblich ist nämlich, wie sich die Sachlage zum Zeitpunkt der vorzunehmenden Handlung beurteilt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die beteiligten Feuerwehrleute notwendigerweise die Entscheidungen schnell unter Zeitdruck treffen müssen. Insgesamt hat das LG deshalb eine grobe Fahrlässigkeit verneint. Entsprechend besteht kein Anspruch der Frau auf Schadenersatz gegen die Verbandsgemeinde als Trägerin der Freiwilligen Feuerwehr.

Quelle | LG Koblenz, Urteil vom 10.10.2018, 1 O 45/18, Abruf-Nr. 207779 unter www.iww.de.

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Gebäudeversicherung: Abflammen von Unkraut mit einem Gasbrenner bei windigem Wetter ist grob fahrlässig

| Wer bei windigem Wetter mit einem Gasbrenner Unkraut abflämmt, handelt grob fahrlässig. Entsteht dadurch ein Brand an seinem Gebäude, muss er damit rechnen, dass der Wohngebäudeversicherer seine Entschädigungsleistung kürzt. |

Das hat aktuell das Oberlandesgericht (OLG) Celle bestätigt. In dem betreffenden Fall wollte ein Mann auf einer gepflasterten Fläche vor seinem Grundstück Reinigungsarbeiten durchführen. Er hatte seinen Auszubildenden angewiesen, ihm vorauszugehen und das in den Pflasterfugen vorhandene Unkraut mit einem Brenner durch Abflammen zu vernichten. Der Kläger folgte dem Auszubildenden und bearbeitete das Pflaster mit einem Hochdruckreiniger nach. Zwischen der gepflasterten Fläche und dem Grundstück des Klägers befand sich eine Lebensbaumhecke. Diese ging noch während der Unkrautbeseitigung in Flammen auf. Das Feuer griff auf das Gebäude über und verursachte einen Schaden von etwa 150.000 EUR. Die am Schadentag herrschenden Wetterbedingungen waren zwischen dem Kläger und dem Versicherer streitig. Unstreitig herrschten aber Windstärken von 5 Beaufort („frischer Wind“).

Der Gebäudeversicherer erkannte zwar den Versicherungsfall und seine Leistungspflicht für den entstandenen Gebäudeschaden an. Er kürzte jedoch die Entschädigungsleistung um 30 Prozent, weil der Kläger grob fahrlässig gehandelt habe. Dagegen wandte sich der Kläger und verlangte vor dem Landgericht Lüneburg auch den Differenzbetrag von dem Gebäudeversicherer.

Das Landgericht wies die Klage ab. Es bestätigte die Ansicht des Gebäudeversicherers, dass der Kläger den Feuerschaden grob fahrlässig herbeigeführt habe. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, indem schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im vorliegenden Fall jedem hätte einleuchten müssen. Nach Ansicht des Landgerichts habe dem Kläger die Gefahr von Funkenflug im Zusammenhang mit der durchgeführten Unkrautbeseitigung unter den gegebenen Umständen einleuchten müssen.

Die gegen dieses Urteil vom Kläger eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg. Die Richter am OLG haben in einem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass es für die Streitentscheidung unbeachtlich sei, dass nicht der Kläger selbst, sondern dessen Auszubildender das Abflammgerät bediente. Das eigene Verhalten des Klägers sei als grob fahrlässig zu bewerten. Deshalb habe der beklagte Versicherer die Leistungen aus der Gebäudefeuerversicherung mit Recht um 30 Prozent gekürzt. Der Senat führte aus, dass sogar ein Abzug von etwa 40 Prozent gerechtfertigt gewesen sei und verwies dazu auf Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte (u. a. OLG Hamm, Urteil vom 10.12.2010, 20 U 73/10).

Quelle | OLG Celle, Hinweisbeschluss vom 9.11.2017, 8 U 203/17, Abruf-Nr. 207362 unter www.iww.de.

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Verkehrsrecht

Trunkenheitsfahrt: Hohe Blutalkoholkonzentration ist noch kein Beweis für Vorsatz

| Will das Gericht wegen einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt verurteilen, reicht es nicht aus, wenn der Vorsatz nur mit der hohen Blutalkoholkonzentration begründet wird. |

Hierauf hat das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hingewiesen. Zwar liegt es bei einer die Grenze absoluter Fahrunsicherheit weit übersteigenden Alkoholisierung nahe, dass der Täter seine Unfähigkeit das Fahrzeug sicher zu führen, zumindest für möglich hält und in Kauf nimmt. Der Schluss auf Vorsatz kann aber nicht allein auf die hohe Blutalkoholkonzentration gestützt werden.

Um wegen Vorsatz verurteilen zu können, muss das Gericht vielmehr Feststellungen zu Trinkanlass, Trinkverlauf, Fahrtanlass, dem Zusammenhang von Trinkverhalten und Fahrbereitschaft, Fahrtverlauf und Nachtatverhalten treffen. Hieraus ergeben sich möglicherweise Schlüsse darauf, dass der Angeklagte seine Fahrunsicherheit erkannt hat.

Quelle | OLG Dresden, Beschluss vom 10.10.2018, 2 OLG 22 Ss 399/18, Abruf-Nr. 207444 unter www.iww.de.

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Straßennutzung: Einigung im Streit um Frauenparkplätze in Eichstätt

| Die Beschilderung von Frauenparkplätzen auf einem öffentlichen Park-and-Ride-Parkplatz kann unzulässig sein. |

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Verwaltungsgericht (VG) München. Der Kläger wandte sich gegen Frauenparkplätze auf dem Park-and-Ride „Parkplatz Altstadt“ der beklagten Stadt Eichstätt. Diese hatte die Frauenparkplätze beschildert, nachdem Anfang 2016 eine den öffentlichen Parkplatz nutzende Frau Opfer eines Gewaltdelikts geworden ist. Zur Kennzeichnung der Parkflächen verwendete die Beklagte die Beschilderung „Parkplatz nur für Frauen“. Der Kläger wendet gegen die Beschilderung ein, er sei hierdurch in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit verletzt und er werde als Mann gegenüber Frauen ungleich behandelt. Zudem würde die Beschilderung Frauen diskriminieren. Die Beklagte selbst schreibt der Beschilderung nur empfehlenden, nicht aber verbindlichen Charakter zu.

Obwohl das Gericht kein Urteil sprechen musste, hat es deutlich gemacht, dass die von der Beklagten vorgenommene Beschilderung unzulässig sei. Das gelte auch, wenn mit dem Schutz von Frauen ein nachvollziehbarer Grund für eine Ungleichbehandlung vorliege. Allerdings sei eine solche Beschilderung nach der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) auf öffentlichen Verkehrsflächen – anders als auf privat betriebenen Parkplätzen (Supermärkte, private Parkhäuser etc.) – nicht zulässig. Die StVO kenne keine Beschilderung eines ausschließlich für Frauen reservierten Parkplatzes. Nur die in der StVO abgebildeten Verkehrszeichen dürften verwendet werden. Dies gelte auch, wenn die Behörde – wie hier – der Beschilderung selbst keinen verbindlichen Charakter beimesse, sondern sie als reine Empfehlung und Frage der Höflichkeit verstanden wissen möchte. Denn die von der Beklagten gewählte Ausgestaltung erwecke den Anschein, die gekennzeichneten Parkflächen dürften ausschließlich von Frauen genutzt werden. Aufgrund der Einigung der Beteiligten hat das Gericht das Verfahren eingestellt.

Quelle | VG München, Beschluss vom 23.1.2019, 23 K 335/18, Abruf-Nr. 207780 unter www.iww.de.

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Unfallschadensregulierung: Geschädigter muss sich für Fahrzeugreinigung keinen Vorteilsausgleich anrechnen lassen

| Wird das Fahrzeug nach der Reparatur gereinigt, entsteht dem Geschädigten kein auszugleichender Vorteil. Der Haftpflichtversicherer muss die dafür entstehenden Kosten vollständig ausgleichen. |

Das musste sich ein Haftlichtversicherer vor dem Amtsgericht Emmendingen sagen lassen. Er hatte die für die Reinigung entstandenen Kosten nur zu einem Bruchteil ausgeglichen. Der Restbetrag sei als Vorteilsausgleich nicht erstattungsfähig, meinte der Versicherer. Das Amtsgericht ließ sich jedoch auf diese Argumentation nicht ein. Ein Vorteilsausgleich sei nur vorzunehmen, wenn der Geschädigte durch eine Reparaturmaßnahme eine konkrete zeitnahe eigene Investition erspare. Das könne z. B. beim unfallbedingten Ersatz nahezu abgefahrener Reifen der Fall sein.

Die Logik des Versicherers im Prozess könnte nun sein, dass der Geschädigte sich durch die unfallbedingte Fahrzeugreinigung die nächste eigene Außen- und Innereinigung erspart. Eine dahin gehende pauschale Behauptung genüge aber nicht. Da müsse der Versicherer schon vortragen und beweisen, dass das verunfallte Fahrzeug schon vor dem Unfall so verschmutzt war, dass es dringend gereinigt werden musste. Das habe er hier aber nicht getan.

Quelle | Amtsgericht Emmendingen, Urteil vom 30.11.2018, 7 C 168/18, Abruf-Nr. 206416 unter www.iww.de.

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Unfallschadensregulierung: Gutachtenkosten sind trotz Versicherungsgutachten zu erstatten

| Der Geschädigte darf auch dann ein eigenes Gutachten in Auftrag geben, wenn der gegnerische Haftpflichtversicherer seinerseits ein Gutachten erstellen lässt. |

So entschied das Amtsgericht Rheinbach. Das Urteil entspricht gängiger Rechtsprechung, auf die es sich auch bezieht. Der Versicherer kann das Recht des Geschädigten auf ein Gutachten nicht dadurch torpedieren, dass er selbst schneller reagiert.

Von diesem Grundsatz gibt es nur eine einzige Ausnahme. Sie liegt vor, wenn sich der Geschädigte in Abstimmung mit dem Versicherer ausdrücklich einverstanden erklärt hat, dass der Versicherer die Gutachtenthematik in die Hand nimmt.

Quelle | Amtsgericht Rheinbach, Urteil vom 10.12.2018, 26 C 183/17, Abruf-Nr. 206340 unter www.iww.de.

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Abschließende Hinweise

Berechnung der Verzugszinsen

| Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten. |

Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2019 bis zum 30. Juni 2019 beträgt -0,88 Prozent. Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:

  • für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 4,12 Prozent
  • für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 1,12 Prozent
  • für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 8,12 Prozent

Nachfolgend ein Überblick zur Berechnung von Verzugszinsen (Basiszinssätze).

Übersicht / Basiszinssätze

Zeitraum

Zinssatz

01.07.2018 bis 31.12.2018

-0,88 Prozent

01.01.2018 bis 30.06.2018

-0,88 Prozent

01.07.2017 bis 31.12.2017

-0,88 Prozent

01.01.2017 bis 30.06.2017

-0,88 Prozent

01.07.2016 bis 31.12.2016

-0,88 Prozent

01.01.2016 bis 30.06.2016

-0,83 Prozent

01.07.2015 bis 31.12.2015

-0,83 Prozent

01.01.2015 bis 30.06.2015

-0,83 Prozent

01.07.2014 bis 31.12.2014

-0,73 Prozent

01.01.2014 bis 30.06.2014

-0,63 Prozent

01.07.2013 bis 31.12.2013

-0,38 Prozent

01.01.2013 bis 30.06.2013

-0,13 Prozent

01.07.2012 bis 31.12.2012

0,12 Prozent

01.01.2012 bis 30.06.2012

0,12 Prozent

01.07.2011 bis 31.12.2011

0,37 Prozent

01.01.2011 bis 30.06.2011

0,12 Prozent

01.07 2010 bis 31.12.2010

0,12 Prozent

01.01.2010 bis 30.06.2010

0,12 Prozent

01.07 2009 bis 31.12.2009

0,12 Prozent

01.01.2009 bis 30.06.2009

1,62 Prozent

01.07.2008 bis 31.12.2008

3,19 Prozent

01.01.2008 bis 30.06.2008

3,32 Prozent

01.07.2007 bis 31.12.2007

3,19 Prozent

01.01.2007 bis 30.06.2007

2,70 Prozent

01.07.2006 bis 31.12.2006

1,95 Prozent

01.01.2006 bis 30.06.2006

1,37 Prozent

01.07.2005 bis 31.12.2005

1,17 Prozent

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Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 04/2019

| Im Monat April 2019 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten: |

Steuertermine (Fälligkeit):

  • Umsatzsteuer (Monatszahler): 10.4.2019
  • Lohnsteuer (Monatszahler): 10.4.2019

Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.

Beachten Sie | Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 15.4.2019. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.

Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):

Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat April 2019 am 26.4.2019.

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Würtemberger und Leßmann . Rechtsanwaltskanzlei . Pirnaer Straße 20 . 68309 Mannheim